Collaboration

EVO beginnt digitale Transformation in der Cloud

29.06.2018 von Redaktion CIO
Der Offenbacher Energieversorger EVO hat seine digitale Transformation mit einer Collaboration-Lösung aus der Cloud gestartet. Viel Aufwand steckte das Unternehmen ins Change Management, was sich durch eine große Begeisterung der Mitarbeiter auszahlte.
  • Die neue Lösung von Coffeenet basiert auf Microsoft Office 365.
  • Fachbereiche können jetzt selbst Projekträume aufbauen oder Apps, Benutzer und Benutzergruppen hinzufügen.
  • Weil Mitarbeiter frühzeitig informiert, einbezogen und dadurch begeistert wurden, gelang die Einführung umso reibungsloser.
  • Im Gegensatz zu einem On-premise-System ließ die das Projekt mit der Cloud-Lösung schnell umsetzen.
Der Windpark Kirchberg: Die EVO AG betreibt zurzeit 39 Windräder im Hunsrück, in Rheinhessen, in Nordhessen und im Vogelsberg.
Foto: EVO AG

Für die digitale Transformation von Unternehmen ist es nicht getan mit IT-Infrastrukturen, -Plattformen und -Anwendungen nach dem State of the Art; sie sind nur eine Voraussetzung. Sollen echter Fortschritt und Prozessinnovation aus der Digitalisierung geschöpft werden, müssen vor allem die Menschen mit dem Wandel vertraut gemacht werden.

Das gilt auch für den Energiemarkt, der seit der Liberalisierung ab Ende der neunziger Jahre sehr dynamisch geworden ist, und für die Player in diesem Markt - darunter die hessische Energieversorgung Offenbach AG (EVO). Gefordert ist große Beweglichkeit in den Strukturen, um intern wie auch gegenüber den Strom-, Erdgas-, Wasser- und Wärmekunden sowie den Partnerunternehmen wettbewerbsfähig auftreten zu können.

On-premise-Systeme dominierten die IT-Landschaft

Mit über 50 Prozent Stromproduktion aus erneuerbaren Ressourcen ist EVO - 150.000 Energiekunden, 690 Mitarbeiter - in seinem Kerngeschäft sehr gut aufgestellt. Aber bei aller Modernität und Nachhaltigkeit der Energieangebote waren in der IT-Infrastruktur die Old-Economy-Gene bis vor kurzem noch sehr deutlich wahrnehmbar. "Unsere IT war traditionell sehr stark von On-premise-Systemen dominiert", räumt René Stolte ein, der bei EVO IT, Digitalisierung und Prozesse verantwortet.

"Es kam aber gut an, dass wir Fehler zugegeben und Korrekturen geschildert haben. Besser eine 80-Prozent-Lösung, bei der die Mitarbeiter mitziehen, als eine 100-Prozent-Lösung, die am Ziel vorbeischießt", berichtet René Stolte, Leiter IT, Digitalisierung & Prozesse bei der EVO AG.
Foto: EVO AG

Wie er berichtet, lagen die Daten seinerzeit, getrennt nach Bereichen, auf Netzlaufwerken und wurden per E-Mail übermittelt. Zusammenarbeit über Bereichsgrenzen hinweg, von Unternehmensgrenzen ganz zu schweigen, war unter diesen Voraussetzungen ein "besonders großer Spaß", so Stolte mit ironischem Unterton.

Das Ziel: alle Funktionen im Arbeitsalltag der Mitarbeiter unterstützen

2017 wurde deshalb das alte EVO-Intranet auf der Basis eines herkömmlichen Content-Management-Systems abgelöst durch eine moderne Collaboration-Lösung. Dafür hatte die Geschäftsleitung des mehr als 170 Jahre alten Unternehmens ein klares Zielbild ausgegeben: Die neue Lösung sollte alle Funktionen im Arbeitsalltag der Mitarbeiter unterstützen:

"Diese drei Kernbestandteile sollten unter einer Oberfläche zusammengefasst werden, so dass die Mitarbeiter nie überlegen müssen, was sie wo machen können," erläutert der EVO-Digitalisierer. Seine Kurzversion des Zielbilds: "Alles an einem Ort".

Entscheidung für Coffeenet auf Basis von Office 365

EVO schrieb die benötigten Leistungen aus und entschied sich für "Coffeenet 365", eine Cloud-Collaboration-Plattform auf der Grundlage von Microsoft Office 365. Eingeführt wurde die Lösung binnen sechs Monaten vom schweizerischen Coffeenet-Entwickler Monday Coffee in Kooperation mit dem Projektpartner Yuunido, einem auf Cloud- und Transformationsprojekte spezialisierten Beratungsunternehmen aus Jever in Friesland.

Der selbst von der EVO AG produzierte Strom wie hier in einer Photovoltaik-Anlage stammt zu mehr als 50 Prozent aus erneuerbaren Ressourcen.
Foto: EVO AG

Der Energieversorger berücksichtigte bereits bei der Auswahl der Plattform, dass die dort abgelegten Informationen mit vertretbarem Aufwand migriert werden können, entweder auf eine andere Plattform oder ganz aus der Cloud heraus. "Wir haben uns auch deshalb für eine Lösung auf Microsoft-Basis entschieden", erläutert Stolte, "weil die Dokumente dort in De-facto-Standards vorliegen und recht einfach übertragen werden können."

Best Practice reduziert Deployment-Aufwand

Im Unterschied zu einer reinen Microsoft-Lösung auf Sharepoint-Basis, die üblicherweise hohen Deployment-Aufwand voraussetzt, ist Coffeenet jedoch funktional aus Best Practices vieler Unternehmen aufgebaut. Das heißt: Die Plattform enthält Projekträume, Arbeitsräume und Teamseiten mit vorkonfigurierten Strukturen und Berechtigungsprofilen.

Diese Konfigurationen passten meistens, berichtet Stolte. "Wir mussten höchstens mal in einer anderthalbstündigen Konfigurationssitzung Bezeichnungen anpassen und hatten dann lauffähige Arbeitsräume." Coffeenet sorgt zudem für automatische Updates alle zwei Wochen, etwa neue Apps. Anpassungen, die sich daraus ergeben, sind einfach zu bewerkstelligen; diese beruhigende Erfahrung hat man bei EVO mittlerweile gemacht.

Mitarbeiter können jetzt selbst konfigurieren

Gibt es doch etwas einzustellen - Aufbau eines neuen Projektraums, Hinzufügen von Apps, Benutzern und Benutzergruppen - erledigen das sehr weitgehend die Fachbereiche selbst. "Früher musste so etwas mit hohem Aufwand von der IT-Abteilung gemacht werden", erinnert sich Stolte. "Heute können es die User selbst. Und weil der Rahmen des Möglichen sauber abgesteckt ist, gibt es keinen Wildwuchs."

Was bietet Coffeenet? Projekträume, Arbeitsräume und Teamseiten verfügen jeweils über einen öffentlichen und einen internen Bereich, den nur die Angehörigen einer Gruppe sehen, außerdem über ein Notizbuch und ein Aufgabenmanagement. Dazu kommt eine Gruppe für schnelle Kommunikation per Instant Messaging mittels Yammer; das funktioniert bei Bedarf auch Arbeitsraum-übergreifend.

Die Arbeitsräume unterscheiden sich im Wesentlichen darin, auf welche Dokumentenbibliotheken zugegriffen werden kann. "Durch umfangreiche technische Vorkonfigurationen im Coffeenet-Standard und durch die Best-Practice-Elemente haben wir mehr bekommen, als wir uns am Anfang vorgestellt haben", resümiert Stolte.

Neben den Standardelementen gibt es vorab designte, lauffähige Standardprozesse für Zusammenarbeit und Kommunikation - was sich als wertvoll erwies. Stolte: "Wir hätten diese Prozesse gar nicht selbst designen können, denn in vielen Fachbereichen fehlte eine Idee, wie Collaboration in einer digitalisierten Welt überhaupt aussehen kann."

Change Management zusammen mit den Fachbereichen

Zielbild und strategischer Anspruch von EVO machen jedoch deutlich, dass es sich bei dem Projekt nicht um ein reines IT-Vorhaben mit dem Fokus auf technischen Standards handeln konnte, sondern zwingend um einen langen Hebel bei der digitalen Transformation des Unternehmens, den alle Fachbereiche gemeinsam bedienen müssen.

Die Anstrengungen in puncto Change Management waren dann auch umso umfangreicher. Gestartet wurde mit einem agilen Kern-Team von knapp 20 Leuten: ein Projektleiter, 15 Leute aus den Fachbereichen, ein Vertreter des EVO-Betriebsrats und zwei Berater von Yuunido. Externe Hilfe musste man nur anfangs für das agile Projektmanagement und bei der technischen Implementierung in Anspruch nehmen, konnte dann schnell alles selbst übernehmen. Und: Weil die Fachbereiche so stark vertreten waren, konnte man Stolte zufolge einen großen "Abstrahleffekt" verzeichnen - zumal Pilot-User danach ausgesucht worden seien, dass sie als "Leuchttürme" fungieren konnten.

Freude auf den digitalen Wandel bei Mitarbeitern entfacht

Vor dem Beginn des Projekts und währenddessen wurde das Vorhaben per Mitarbeiterzeitung und Mitarbeiterinformationen, in einer "Wissenswerkstatt", auf Betriebsversammlungen und per Video den Mitarbeitern vorgestellt. Der Zweck des hohen Aufwands: die Belegschaft neugierig zu machen und sie nicht unliebsam zu überraschen.

Diese analoge Empathie hat gut funktioniert und regelrechte Vorfreude auf den digitalen Wandel entfacht, wie Stolte berichtet: Als im Juni 2017 ein Pilotprojekt anlief, wollten sich mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligen als es Plätze gab. Und das, obwohl der Pilot mit 100 Mitarbeitern aus allen Bereichen, weit über zehn Prozent aller Leute bei EVO, sehr groß angelegt war, um durchgängige Abläufe in kompletten Bereichen und Projekten testen zu können.

Die wichtigsten CIOs der deutschen Energiebranche
Damian Bunyan
Damian Bunyan ist seit Januar 2016 CIO der E.ON-Abspaltung Uniper in Düsseldorf. In dem Unternehmen werden die E.ON-Bereiche konventionelle Stromerzeugung, Energiehandel und Exploration & Produktion gebündelt. Von 2006 bis 2013 war Bunyan Mitglied der Geschäftsführung des E.on Business Services.
Sebastian Weber
Seit 1. Juli verantwortet Sebastian Weber als CTO bei Eon den IT-Betrieb. Er soll auch die digitalen Plattformen des Konzerns ausbauen. Zudem hat er gemeinsam mit Christopher d'Arcy in einer Doppelspitze die Geschäftsführung der IT-Tochter Eon Digital Technology GmbH übernommen. Beide berichten direkt an Digitalvorständin Victoria Ossadnik.
Martin Hölz
Ab 1. April 2020 wird Martin Hölz CIO der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) mit Sitz in Karlsruhe. Er löst Frank Krickel ab, der seit Juni 2017 die Position des Leiter der Funktionaleinheit Informationstechnologie (C-TI) innehatte und das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlässt.
Philip Lübcke
Philip Lübcke ist seit September 2019 Geschäftsbereichsleiter IT der TEAG Thüringer Energie. Er berichtet an den Vorstand Personal und IT Wolfgang Rampf. Zuvor war Lübcke sechseinhalb Jahre lang CIO der Frankfurter Mainova AG. Insgesamt brint er 15 Jahre Erfahrung aus der Energiebranche mit.
Jan-Wilm Buschkamp
Jan-Wilm Buschkamp ist seit August 2019 Bereichsleiter IT der Mainova AG. Seitdem hat das Team um den CIO mit „hybrIT2023“ ein IT-Transformationsprogramm erarbeitet, um den Frankfurter Energieversorger zukunftsfähig zu machen. Ziel des Programms ist es unter anderem, mehr Wert zu generieren, das Unternehmen lean und agil aufzustellen sowie Prozesse end-to-end zu gestalten.
Oliver Herzog
Zum 1. September 2023 übernimmt Oliver Herzog den CIO-Posten bei der Thüga. Seine Vorgängerin Annette Suckert scheidet altersbedingt aus dem Unternehmen aus.
Thorsten Steiling
Thorsten Steiling ist seit Februar 2019 CIO Oerlikon Group & Managing Director Oerlikon IT Solutions AG. Er berichtet an Boris von Bieberstein, Head of Group Business Services. Zuvor war Steiling von September 2017 bis Januar 2019 CIO/Head of Corporate IT beim Automobilzulieferer Veritas AG in Gelnhausen.
Marcus Schaper
Marcus Schaper ist CIO bei der neuen RWE-Tochter Innogy. Er kommt von der Mutter RWE. Er war zuvor Head of IT bei der RWE Supply & Trading. Schaper hat an der WWU Münster Wirtschaftsinformatik studiert und war seit dem Jahr 2000 bei McKinsey. Zu RWE kam er im April 2010. Bis zum Börsengang der neuen RWE-Tochter fungierte Schaper als CIO für beide Konzernteile, seitdem ist er CIO der neuen Tochtergesellschaft. Übergreifende IT-Aufgaben in der RWE AG werden derzeit von Winfried Bröring wahrgenommen.
Jan Leitermann
Seit Juni 2017 ist Jan Leitermann Group CIO beim österreichischen Öl- und Erdgaskonzern OMV in Wien. Leitermann war zuvor Managing Director und Board Member beim Beratungsunternehmen Accenture AG Schweiz.
Jürgen Skirde
Jürgen Skirde ist CIO der RAG. Gleichzeitig hat er die operativ ausgerichtete Funktion des IT-Leiters inne. Im Konzern arbeitet der Diplom-Ingenieur schon seit 1985 - zunächst zehn Jahre auf Bergwerken, seither im IT-Management. Unter anderem leitete er SAP-Einführungsprojekte, von 2004 bis 2011 war er für die Infrastruktur verantwortlich.
Jan-Hendrik Semkat
Seit November 2017 ist Jan-Hendrik Semkat neuer Bereichsleiter Innovations- & IT-Management bei Natgas. Der gebürtige Oldenburger war mehrere Jahre in den Bereichen Softwareentwicklung, Projektmanagement und Beratung in der Energiewirtschaft tätig. Zuletzt war er Geschäftsführer der SIV Utility Services.
Jörg Ochs
Jörg Ochs (51) hat am 2. September die Leitung der Informationstechnologie der Stadtwerke München (SWM) übernommen. Er berichtet an den technischen Geschäftsführer der SWM Helge-Uve Braun. Ochs ist bereits seit 2017 Geschäftsführer der SWM Infrastruktur GmbH, der SWM Infrastruktur Region GmbH und der RegioNetzMünchen GmbH. Insgesamt ist er bei der SWM seit 2003 beschäftigt, unter anderem als Senior-Manager IT-Security, Leiter IT-Security und Datacenter/Infrastruktur und als Leiter Telekommunikation bei der SWM Services GmbH.
Michael Seiferth
Im Oktober 2021 hat Michael Seiferth die Geschäftsführung der N-Ergie IT übernommen. Vorgänger Klaus Vogl hat das Unternehmen verlassen.
Sebastian Träger
Seit April 2024 leitet Sebastian Träger die IT des Energieversorgers Enercity. Er soll unter anderem das ERP-System modernisieren.

Binnen sechs Monaten war die Einführung der Lösung technisch abgeschlossen. Ab Oktober 2017 lief diese parallel mit dem alten Intranet; währenddessen wurden die User sukzessive auf das neue System herübergeholt - alle nach intensiver Schulung, niemand "ohne Führerschein", wie Stolte betont. "Das musste so sein, um den Kulturwandel hinzubekommen, der mit Collaboration einhergeht." Am 1. April 2018 wurde das Intranet abgeschaltet.

Die wichtigsten Lessons learned

Es gab auch Projektphasen, in denen Mitarbeiter zusätzlich motiviert werden mussten, räumt Stolte an. "Es kam aber gut an, dass wir Fehler zugegeben und Korrekturen geschildert haben. Besser eine 80-Prozent-Lösung, bei der die Mitarbeiter mitziehen, als eine 100-Prozent-Lösung, die am Ziel vorbeischießt."

Zwei wichtige Erkenntnisse hat man bei EVO außerdem aus der Coffeenet-Einführung gezogen, berichtet der Mann, der IT, Digitalisierung und Prozesse als Zuständigkeiten auf seiner Visitenkarte stehen hat. Zum einen: "Es hat sich ausgezahlt, viel Energie darin zu investieren, die Leute neugierig zu machen und früh mit dem Thema zu starten."

Und zum anderen sei es ausgesprochen weise gewesen, auf Cloud-Technologie zu setzen. "Mit einer On-premise-Lösung hätten wir die Geschwindigkeit in dem Projekt nicht hinbekommen", weiß man bei EVO. Man habe nun gesehen, wie einfach es ist, Module und Services an- oder abzuschalten.

IT-Architektur wird künftig weiter in die Cloud wandern

Konsequenz: Die IT-Architektur des hessischen Energieversorgers wird sukzessive in Richtung Cloud gedreht, um die digitale Transformation auf diese Weise zu unterstützen. Stolte: "Was als Testballon startete, wird die IT bei EVO nachhaltig prägen."

EVO AG | Collaboration aus der Cloud

Branche

Energiewirtschaft

Zeitrahmen

Q1/2017 bis Ende 2017

Mitarbeiter

20 Personen im Kernteam

Produkte

Microsoft Office 365, Coffeenet 365, Sharepoint, Yammer, OneDrive for Business, Skype for Business, Stream, Flow, Forms, PowerApps

Dienstleister

Monday Coffee AG, Yuunido GmbH

Einsatzort

Deutschland, Region Offenbach

Internet

www.evo-ag.de