Die weltweite Finanzkrise wird auf dem Softwaremarkt einen deutlichen Abschwung nach sich ziehen, ist David Bradshaw vom Beratungshaus IDC überzeugt. Vor diesem Hintergrund sei es für ein Unternehmen wie SAP klug, Kosten zu senken. Die Ankündigung des Walldorfer Software-Konzerns, alle Angestellten nach Weihnachten für ein paar Tage zu beurlauben, hält er für eine "angemessene Reaktion".
"Die Personalausgaben sind für ein Softwareunternehmen der größte Kostenfaktor, den gilt es unter Kontrolle zu halten", meint Bradshaw. Dass die Sparmaßnahmen Investoren und Kunden weiter beunruhigen könnten, was den Zustand des Unternehmens angeht, glaubt der Berater nicht. Derzeit seien "ohnehin alle schon verunsichert".
Ähnlich äußert sich Tobias Ortwein von der IT-Beratung Pierre-Audoin-Consultants (PAC). Die Finanzkrise könne für ein Unternehmen wie SAP dramatische Auswirkungen haben, wenn Kunden aus anberaumten Projekten ausstiegen. In einigen Fällen sei das bereits geschehen.
Die Ankündigung des Zwangsurlaubs sei vor diesem Hintergrund "kaufmännisch eine legitime Vorsichtsmaßname", sagt der Berater. Viele SAP-Mitarbeiter hätten "Berge von Überstunden" angehäuft, von denen sie nun einige abbauen könnten. Gleichwohl habe ihn die Bekanntgabe überrascht, räumt Ortwein ein. Derart "massive" Schritte sei er von den Walldorfern nicht gewohnt.
Die endgültige Entscheidung über den Pflichturlaub, den Leo Apotheker im Anschluss an eine Pressekonferenz angekündigt hatte, ist SAP-Sprecherin Angelika Pfahler zufolge noch nicht gefallen. Derzeit würden dazu noch Gespräche mit dem Betriebsrat geführt, sagte sie gegenüber CIO.de. Auch über den genauen Zeitraum und Umfang lasse sich derzeit noch nichts sagen.
Quartalszahlen hinter den Erwartungen
Vor einigen Tagen hatte SAP-Chef Henning Kagermann zunächst angekündigt, aus Spargründen einen vorübergehenden Einstellungsstopp zu verhängen und Reisen zwischen den Firmenstandorten wie auch Dienstwagen auf den Prüfstand zu stellen. Letzteres wäre in den Augen von Tobias Ortwein schon zu einem früheren Zeitpunkt ratsam gewesen. Bisher habe der Softwarehersteller in diesen Fragen sehr "großzügig" agiert - was allerdings auch Teil der SAP-Firmenkultur gewesen sei.
Die Sparmaßnahmen in Walldorf sollen zunächst bis Ende des Monats in Kraft sein, wenn das Unternehmen seine neuen Quartalszahlen vorlegt. Vorstandssprecher Kagermann hatte Anfang Oktober bei der Bekanntgabe der vorläufigen Zahlen von einem "sehr abrupten und unerwarteten Abschwung" des Geschäfts gesprochen. Die Ergebnisse für das dritte Vierteljahr 2008 blieben hinter den Erwartungen zurück.