"Die Banken sollten einen ehrlichen Blick in ihre Kreditbücher werfen und prüfen, welche ihrer Kunden die Krise wirklich überstehen werden", sagte Enria dem "Handelsblatt" (Montag). "Die Institute müssen jetzt damit beginnen, damit die Welle an faulen Krediten gar nicht erst zu groß wird." Zu Beginn der Pandemie hatten die Aufseher im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen vorübergehend ihre Kapitalvorgaben für Banken gelockert.
"Seit Juli drängen wir die Banken nun aber dazu, genauer zu analysieren, welche Auswirkungen die durch die Pandemie ausgelöste außerordentliche Rezession auf ihre Vermögenswerte hat", sagte Enria. Einige wenige hätten bereits damit begonnen, das Pleiterisiko ihrer Kunden neu einzustufen, andere Banken würden zumindest vorsorglich eine pauschale Risikovorsorge für ihren Kreditbestand bilden. Daneben gebe es aber auch "die Optimisten. "Die ziehen es vor, nichts zu tun, solange sie kein konkretes Indiz dafür haben, dass ein Kunde von ihnen pleite geht", sagte Enria. Mit diesen Instituten diskutiere die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) intensiv.
Die Aufseher hatten die potenziellen Belastungen aus der Corona-Krise für die Banken simuliert. In einem Extremszenario könnte der Bestand an faulen Krediten auf 1,4 Billionen Euro steigen und damit das Niveau der jüngsten Finanzkrise noch übertreffen. "Es ist noch zu früh, um dieses Extremszenario auszuschließen", mahnte Enria.
Die Pandemie könnte nach seiner Einschätzung auch die Konsolidierung unter Europas Banken beschleunigen. Aus seiner Sicht wäre das wünschenswert. "Wenn man stärkere Banken will, die den europäischen Privathaushalten und Unternehmen besser dienen, muss man größer denken", sagte Enria. (dpa/ad)