Die Timeline für Unternehmensseiten auf Facebook kommt ab dem 30. März für alle verpflichtend. Wer will kann schon jetzt die neuen Funktionen freischalten. Wurde die Seite jedoch einmal umgestellt, gibt es kein Zurück mehr. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Änderungen und zeigt, dass Facebook durch die Timeline für Unternehmen interessanter wird.
Die größte Veränderung ist optischer Natur: Unternehmen dürfen wie schon bei den privaten Timeline-Profilseiten ein Titelbild mit den Maßen 851 mal 315 Pixel über ihre Fanpage platzieren. Ärgerlich: Facebook komprimiert die Bilder, wodurch es zu unschönen Verclusterungen kommen kann.
In der Gestaltung des Titelbilds sind die Unternehmen weitgehend frei. Einzige Einschränkung: Facebook erlaubt keine Preis- und Kontaktinformationen, keine Handlungsaufforderungen und keine Facebook-Elemente wie zum Beispiel einen Like-Button.
Das Profilbild ist vom Titelbild losgelöst und wird in quadratischer Form links unterhalb des Titelbilds angezeigt. Außerdem dient es wie gewohnt als Erkennungsbild bei Postings. Hier bietet sich das Unternehmenslogo an. Einige Firnen setzen auch auf eine Bildkomposition, die Titelbild und Profilbild harmonisch zusammenfügt. Das Profilbild kann nicht mehr wie vorher in der Länge gestaltet werden, die quadratische Form ist Pflicht.
Timeline
In der zweispaltigen Timeline werden chronologisch alle Inhalte seit der Gründung des Unternehmens an einem vertikal in der Mitte verlaufenden Zeitstrahl ausgerichtet. Dabei können wichtige Ereignisse im Nachhinein hinzugefügt und irrelevante entfernt werden. Unternehmen haben also jede Menge Möglichkeiten, die eigene Historie angemessen darzustellen und sich kreativ auszutoben.
Besonders erfreulich: Jedes Posting kann für sieben Tage an oberster Stelle in der linken Spalte fixiert werden. Somit bleiben wichtige Meldungen "above the fold" und verschwinden nicht in den Untiefen der Chronologie. Auch das Hervorheben besonders wichtiger Beiträge ist möglich. Sie lassen sich so gestalten, dass sie die ganze Breite des Bildschirms einnehmen.
Auch bei Besuchern einer Facebook-Unternehmensseite, die noch nicht Fan der Seite sind, werden in der rechten Spalte ganz oben die eigenen Facebook-Freunde angezeigt, die bereits Fan der Seite sind. Dadurch soll ein gewisser Grad an Vertrauen und Verbindung zwischen dem Erstbesucher und der Unternehmensseite geschaffen werden. Schließlich könnte der Besucher sehen, dass bereits fünf seiner Berufskollegen der Seite folgen und sie damit eine gewisse Relevanz schafft. Dieser so erzeugte "trust" erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass auch der neue Besucher Fan der Unternehmensseite wird.
Die Beiträge anderer Nutzer auf der Unternehmensseite reihen sich nicht mehr wie gewohnt in der Chronologie ein, sondern werden gesondert in der rechten Spalte der Timeline gesammelt. Sie verlieren deutlich an Bedeutung, denn sie sind nicht mal annähernd so prominent platziert. Außerdem wird eventuellen Diskussionen unter Fans der Seite ein gesondertes Forum gegeben, sie vermischt sich nicht mehr mit der Unternehmenskommunikation auf der Seite. So wird ein Pinnwand-Hijacking verhindert. Allerdings diskutierten Blogger, ob Nutzer nicht das Gefühl bekämen, zurück ins Web 1.0 gedrängt zu werden. Die öffentliche Kommunikation werde deutlich einseitiger.
Shitstorm-Bremse
Endlich können Nutzer eine private Nachricht direkt an den Betreiber der Fanpage, also an das Unternehmen selbst, schreiben. Bisher ließ sich auf Facebook mit Firmen nur über das öffentlich einsehbare Kommentarfeld kommunizieren. Jetzt auch möglich: Im Administrationsbereich lässt sich nun einstellen, dass alle Nutzerbeiträge vor der Veröffentlichung vom Unternehmen freigegeben werden müssen.
Viele Kritiker der neuen Timeline setzen hier an und werfen Facebook vor, den Nutzern wichtige Funktionen wegzunehmen. Und tatsächlich kommt der Schritt einem Machtverlust der User gleich. Auf der anderen Seite wird Facebook dadurch für viele Unternehmen interessanter, hatten diese doch bisher Bedenken, sich ungewollt den Groll der Facebook-Gemeinde zuzuziehen und einen unkontrollierbaren Sturm der Entrüstung auf der eigenen Facebook-Fanpage über sich ergehen lassen zu müssen.
Der Ing-Diba-Vorfall
Anfang 2012 hatte die Online-Bank Ing-Diba auf ihrer Facebook-Seite ein "Shitstorm"-Problem. Weil Basketball-Star Dirk Nowitzky für eine Ing-Diba-Werbung wie in Kindheitszeiten in der Metzgerei seines Vertrauens eine Scheibe Wurst verzehrt, entwickelte sich auf der Facebook-Seite des Unternehmens eine ausufernde und unsachliche Diskussion zwischen Veganern und Fleischessern.
Die Bank registrierte 1.400 Posts und über 15.000 dazugehörige Kommentare. Das Pinnwand-Hijacking ging für das Unternehmen glimpflich aus, weil es besonnen blieb und nicht den Fehler machte, allzu restriktiv zu agieren. Wäre die Timeline für Unternehmen jedoch ein paar Monate eher freigeschaltet worden, hätte Ing-Diba die Diskussion gezielter lenken und nach Austausch der Argumente auch beenden können.
Die Option einzugreifen, bleibt aber auch in Zeiten der Timeline gefährlich. Schnell könnten die auf Meinungsfreiheit und Transparenz wertlegenden Social-Media-Nutzer dem Unternehmen Zensur vorwerfen, wenn Postings und Kommentare unterdrückt werden. Unternehmen, deren Beitrag nicht zugelassen wurde, sollten den Nutzern sicherheitshalber eine kurze Nachricht zukommen lassen.
Aber auch wenn Kommentare zu spät frei geschaltet werden, kann das den Unmut der Nutzer auf das Unternehmen lenken. Auf jeden Fall sollten sich Firmen, die dieses Feature einsetzen wollen, darüber im Klaren sein, dass es viele Diskussionen hervorrufen kann.
R.I.P. Welcome-Tab
Die Zeiten des Standard-Reiters sind vorbei. War es bisher für Unternehmen üblich, neue Nutzer auf eine Willkommensseite zu lenken und sie dort auf einem selbstgestalteten Feld zum "Gefällt mir"-Klick zu überzeugen, fällt diese Möglichkeit mit dem neuen Layout komplett weg. Wie oben bereits erwähnt, darf auch im Titelbild eine solche Aufforderung nicht zu finden sein.
Für den Nutzer ist das eigentlich gut. So wird für jedes Unternehmen sofort der wertige Content angezeigt, der dem User - zumindest theoretisch - den höchsten Mehrwert bietet und der eigentliche Grund sein sollte, der jeweiligen Seite zu folgen.
Die Änderung bietet kreativen Firmen nun deutlich mehr Platz sich auszutoben. Die Breite für den Bereich mit den OpenGraph-Funktionen wurde von 520 Pixel auf 810 Pixel erweitert. Auch sind Tabs nicht mehr in der Seitenleiste als Text und Mini-Icons positioniert, sondern finden sich jetzt deutlich präsenter und mit größeren Icons direkt unterhalb des Titelbilds wieder. Die alten Tabs funktionieren jedoch weiterhin.
Administration
Administratoren sehen über der eigenen Fanpage in einem großen, standardmäßig eingeblendeten Bereich wichtige Neuigkeiten zusammengefasst. Hier sind zum Beispiel die letzten Interaktionen der Fans mit der Seite aufgelistet. Auch neue Fans werden angezeigt und es kann auf Direktnachrichten reagiert werden. Der Statistikbereich hat sich optisch nicht verändert. Einige Blogs gehen allerdings davon aus, dass auch hier noch einige Anpassungen folgen werden.
Interessant: Auch Fans bekommen nun eine Art "Insights light", also das Facebook-Analyse-Tool in sehr abgespeckter Form. Hier sehen Nutzer nach einem Klick auf die Anzahl der Fans eine etwa einen Monat umfassende Tracking-Kurve aller Gefällt-mir-Angaben, das Durchschnittsalter der Fans und die Stadt, aus der die meisten von ihnen kommen. Fanseiten, deren Profil so überhaupt nicht zu der Stadt passen will, aus denen angeblich die meisten Fans stammen, könnten so zum Beispiel entlarvt werden, sich Fans zuzukaufen.
Facebook hat auf seiner Hausmesse fmc in New York laut Medienberichten noch einiges mehr vorgestellt, was bisher allerdings noch nicht umgesetzt wurde. Dazu gehören unterschiedliche Rechte für Administratoren. Aber auch an Facebooks Insight wurde viel Kritik laut, insbesondere weil mehrere Tage vergehen können, bis aktuelle Ereignisse dort in die Statistiken mit einfließen. Facebook verspricht hier "Live Insights" und Aktualisierungen nahezu in Echtzeit.
Fazit
Die Timeline für Fanpages ist ein massives Zugeständnis an Unternehmen. Sie gewährt den Firmen deutlich mehr Kontrolle sowohl über Layout, als auch über die Kommentare seiner Fans. So nehmen die moderierten Pinnwände vielen Unternehmen die Angst vor einem unkontrollierbaren Facebook-Mob auf der eigenen Seite.
Besonders das Feature, dass Fans die Unternehmen privat anschreiben können, bietet einige Möglichkeiten. Es könnte Facebook zum Beispiel dabei helfen, neben Telefon und E-Mail zu einer zusätzlichen Service-Dienstleistung im Kundendialog zu werden. Damit könnte es für Unternehmen bei Facebook bald weniger darum gehen sich möglichst positiv zu präsentieren und neue Fans zu akquirieren als vielmehr den Kontakt zu bestehenden Fans zu pflegen. Eine Integrationsmöglichkeit des eigenen CRM-Systems würde das Feature komplett machen.
Facebook hat sich mit den neuen Features einen großen Gefallen getan. Bislang experimentieren viele Unternehmen noch mit der Site. Mit den neuen Kommunikationsfeatures und den Filtermöglichkeiten könnte Facebook jedoch bald zu einem wichtigen Pfeiler im Serviceangebot der Unternehmen werden.
(Macwelt)