Einer aktuellen Erhebung der Marktforscher von Lünendonk zufolge, haben Anwenderunternehmen weniger Probleme mit dem Fachkräftemangel als die IT-Service-Provider.
Auf die Frage "Wie schwierig ist es für Sie zurzeit, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden?", antwortete fast jeder zweite von 43 befragten CIOs beziehungsweise IT-Leiter, er empfinde es als "neutral", "leicht" oder "sehr leicht". Knapp 56 Prozent dieser Befragungsgruppe antworteten mit "schwierig" oder "sehr schwierig".
Vor allem der Vergleich zur zweiten Befragungsgruppe macht das Ergebnis interessant: Von 73 Interviewpartner aus IT-Dienstleistungsunternehmen erachten es über 75 Prozent als "schwierig" oder "sehr schwierig", Fachkräfte zu gewinnen.
Anbieter fürchten um ihr Geschäft, Anwender weniger
Auch eine weitere, beiden Befragungsgruppen gestellte Frage, unterstreicht die unterschiedliche Wahrnehmung oder Auswirkung des Fachkräftemangels in Deutschland. Die Formulierung der Frage wurde der jeweiligen Zielgruppe entsprechend angepasst, zielte im Inhalt aber jeweils darauf, die Auswirkung des Fachkräftemangels auf die Geschäftstätigkeit zu erheben.
Die Anwenderunternehmen sehen mehrheitlich keine Probleme durch fehlende Arbeitskräfte auf sich zukommen, wenn es darum geht, den Fachbereichen die erforderlichen IT-Leistungen bereit zu stellen.
Die Anbieterunternehmen, also IT-Service-Provider und IT-Beratungsunternehmen, wiederum fürchten überwiegend um eine stabile Geschäftsentwicklung infolge des Fachkräftemangels.
Anwender haben viele Aufgaben ausgelagert
"Die Anwender haben einen Teil ihrer Aufgaben an Wertschöpfungspartner oder Gesamtdienstleister übertragen", erläutert Mario Zillmann, Leiter Professional Services bei Lünendonk und Studienautor, die unterschiedliche Sichtweise. Der Trend wird sich nach Einschätzung der Marktforscher und Anbieter weiter verstärken. Nicht zuletzt aufgrund einer erwarteten höheren Nachfrage im IT-Projektgeschäft rechnen die IT-Beratungsunternehmen beispielsweise mit einem Geschäftswachstum von bis zu zehn Prozent.
Der wachsende Bedarf lässt sich allerdings nur bedienen, wenn Fachkräfte aus anderen Ländern in die Arbeiten integriert werden. Seit Jahren arbeiten die Provider intensiv daran, die Offshore- und Nearshore-Kapazitäten auszubauen und in ihre Lieferprozesse zu integrieren.
Doch immer noch, so beklagen Anbieter, gebe es auf Anwenderseite große Vorbehalte, in die Projekte auch ausländische Fachkräfte einzubinden. "Die Unternehmen müssen sich weiter öffnen", appellierte etwa Markus Schwind, Chief Sales Officer bei Capgemini, auf einer Presseveranstaltung an die Anwender. "Oft schränken die Kunden den Bedarf mit Rahmenparametern wie lokal und deutschsprachig ein, die schwer zu erfüllen sind."
Für die Provider stellt diese Forderung auch deshalb ein Problem dar, weil die Preise für IT-Leistungen in vielen Segmenten fallen, zum einen, weil indische Provider seit geraumer Zeit mit effizienten Offshore-Prozessen in den hiesigen Markt vordringen, zum anderen, weil viele Leistungen standardisiert aus der Cloud bezogen werden können. Die lokalen Anbieter können gegen diese Konkurrenz also nur bestehen, wenn sie ebenfalls Off- und Nearshore-Ressourcen einbinden, oder den Kunden günstigen Standarddienste verkaufen.
"Zum Teil fehlt es am Mindestmaß an interner Unterstützung", sagte zudem Stefan Domsch, Managing Direktor bei Accenture. "Man darf den Erfolg eines Projekts nicht ausschließlich von der Leistung des Partners abhängig machen. Auch der Kunde muss gewissen Pflichten erfüllen."
Nicht immer entscheidet der Preis
Eine weitere Befragung der Anbieter und Anwender zeigt jedoch, dass Preise und Honorare nicht das alleinige Kriterium bei der Wahl eines IT-Service-Providers sind. Noch wichtiger als die Kosten, ist den Anwendern die Umsetzungskompetenz (Grafik unten). Das belegt die Auswertung der Antworten auf die Frage: "Welche Eigenschaften sind nach Ihrer Erfahrung aus Kundensicht für die Wahl eines IT-Dienstleistungsunternehmen besonders wichtig?".
Auch hier zeigen sich wieder einmal Unterschiede in der Bewertung, je nachdem ob der Provider oder der Kunde befragt wird. Die Anwender erachten alles in allem die Kosten als zweitwichtigstes Merkmal, wenn es um die Beurteilung eines Anbieters geht.
Die Anbieter wieder betonen zuvorderst ihre Kompetenz. Die Preisgestaltung - so glauben sie - spiele eine untergeordnete Rolle, wenn Kunden sich für sie entscheiden.