Personal-Risiko-Index

Fachkräftemangel: Veraltete Suchmethoden

18.05.2012 von Andreas Schaffry
Eine Studie von LMU und Sage untersuchte die Faktoren Motivation, Personalengpass, Loyalität, Austritt und Anpassungsfähigkeit nach Bedeutung für den Betrieb.

Eigentlich sollten Geschäftsführer und Personalverantwortliche es wissen: Motivierte Angestellte und die Besetzung offener Stellen mit qualifiziertem Fachpersonal sind wichtige Bausteine für den Unternehmenserfolg. Doch scheinbar nehmen Geschäfts- und Human-Resources-Entscheider (HR) in mittelständischen und großen Firmen Themen wie den Fachkräftemangel, den Wettbewerb um die besten Talente und den demografischen Wandel immer noch auf die leichte Schulter.

Verantwortliche unterschätzen HR-Risiken

Angesicht von Fachkräftemangel und demografischem Wandel nehmen Entscheider HR-Risiken noch zu wenig ernst.
Foto: LMU München, Sage HR

Zu diesen Kernergebnissen kommt der erstmals erstellte Personal-Risiko-Index (PRI), ein Gemeinschaftsprojekt des Instituts für Personalwirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), des Softwareanbieters Sage HR Solutions und dem Personalmagazin.

Die im Rahmen der PRI-Studie befragten Unternehmen sollten die fünf HR-Faktoren Motivation, Personalengpass, Loyalität, Austritt und Anpassungsfähigkeit nach der Bedeutung für ihren Betrieb auf einer Skala von 0 (kein wahrgenommenes Risiko) bis 10 (sehr hoch wahrgenommenes Risiko) bewerten.

Der durchschnittliche Indexwert über alle Risiken hinweg liegt bei 4,09. Nach Branchen betrachtet, liegen die Risiko-Werte in der Automobilindustrie (5,05), in der IT- und Telekommunikationsbranche (4,68) und im Gesundheitswesen (4,64) deutlich über diesem Wert.

Als HR-Risiko Nummer eins mit einem Durchschnittswert von 5,68 schätzen Unternehmen Personalengpässe ein, um offene Stellen adäquat mit qualifizierten Bewerbern zu besetzen. Eine Gefahr sehen die Studienteilnehmer auch darin, dass Mitarbeiter nicht oder zu wenig motiviert und engagiert sind und bewusst Arbeitsleistung zurückhalten (Wert: 5,03). Als deutlich geringer beurteilen die Verantwortlichen mit einem Wert von 3,91 das Risiko, dass hochqualifizierte Mitarbeiter ihr Unternehmen verlassen.

Firmen wollen neue Mitarbeiter vorwiegend mit veralteten Rekrutierungs-Methoden gewinnen.
Foto: LMU München, Sage HR

Auch in einer mangelnden Anpassungsfähigkeit der Mitarbeiter an technologische und sonstige externe Entwicklungen sehen die Verantwortlichen keine sehr große Gefahr (Wert: 3,80). Als sehr gering wird mit einem Wert von 2,05 zudem das Risiko eingeschätzt, dass Mitarbeiter dem Unternehmen gegenüber nicht loyal sind und diesem bewusst Schaden zufügen.

Rekrutierung nicht mehr zeitgemäß

Eine Ursache dafür, dass die Firmen zu wenig qualifiziertes Personal finden, liegt der PRI-Studie zufolge darin, dass HR-Abteilungen auf veraltete Methoden bei der Mitarbeitergewinnung bauen. Knapp die Hälfte der Befragten setzt auf klassische Rekrutierungskanäle wie Stellenanzeigen in Print-Medien oder Personalvermittler.

39 Prozent verwenden E-Recruiting-Instrumente bei der Mitarbeitersuche. 34 Prozent stellen Mitarbeiter aufgrund von Referenzen und Empfehlungen ein. 26 Prozent nutzen zwar soziale Netzwerke zur Mitarbeitergewinnung, jedoch nur in einem sehr bescheidenen Maß. Bei der Mitarbeitergewinnung macht sich zunehmend auch der demografische Wandel bemerkbar.

Kein Wissen über Motivation der Mitarbeiter

Wie es um die Motivation ihrer Mitarbeiter wirklich steht, davon haben 70 Prozent der Unternehmen keine Ahnung. Das verwundert nicht, denn lediglich 30 Prozent der Umfrageteilnehmer führen in ihren Firmen regelmäßig Mitarbeiterbefragungen durch, um die Motivation der Belegschaft zu messen und das Betriebsklima zu analysieren.

Fast drei Viertel befragen ihre Mitarbeiter weniger als einmal pro Jahr und nur sechs Prozent in kürzeren Intervallen. Für 41 Prozent der Befragten ist in der betrieblichen Praxis nach wie vor das Mitarbeitergespräch der wichtigste Motivationsfaktor. 36 Prozent wollen die Angestellten mit individuellen oder teamorientierten Vergütungssystemen (36 Prozent) und ein Drittel mit Zielvereinbarungen anspornen.

Große Firmen nehmen HR-Risiken ernster

Verantwortliche in der Automobilbranche schätzen die Personalrisiken am höchsten ein.
Foto: LMU München, Sage HR

Laut Studie nehmen Großunternehmen die HR-Risiken ernster als Mittelständler, denn bei diesen liegen die Index-Werte tendenziell über denen mittelständischer Firmen. Auch schätzen Mitarbeiter in HR-Abteilungen und HR-Leiter die Personal-Risiken höher ein als Geschäftsführer, so ein weiteres Ergebnis der Umfrage.

An der branchenübergreifenden PRI-Umfrage nahmen knapp 1500 Personen teil und gaben ihre Einschätzungen zu Personalrisiken in ihrem Unternehmen ab. 20 Prozent der Studienteilnehmer waren Personalleiter in Unternehmen, 14 Prozent sind HR-Mitarbeiter oder Personalreferenten. Bei jeweils zehn Prozent der Befragten handelt es sich um Mitglieder der Geschäftsleitung und Mitarbeiter aus der Lohnbuchhaltung. 16 Prozent der Firmen, die an der Umfrage teilnahmen, beschäftigen zwischen 200 und 499 Mitarbeiter und 14 Prozent haben mehr als 500 Beschäftigte. Zwölf Prozent sind kleine Unternehmen, die zwischen 10 und 49 Mitarbeiter haben.