CIOs müssen Mobilstrategien für den ERP-Einsatz entwickeln. Dieser Appell lässt sich aus den Ergebnissen einer Studie des Marktforschers Aberdeen Group ableiten. Überall suchten Unternehmen nach Möglichkeiten, mehr Nutzen aus ihren Investitionen in die Software zu ziehen. Der ortsunabhängige und ständige Zugang zu ERP-Daten sei der Schlüssel dazu - und vor dem Hintergrund der zunehmenden Verbreitung mobiler Geräte auch umsetzbar.
Aberdeen belegt den Nutzen mobilen ERP-Einsatzes mit fünf Kennzahlen. In 99 Firmen unterschiedlicher Branchen und Größen erhoben die Marktforscher die KPIs. Alle der zu zwei Dritteln in den USA ansässigen Unternehmen haben sich zumindest schon einmal mit dem Thema mobile ERP-Strategie befasst. Wie immer in ihren Studien teilten die Studienautoren die Teilnehmer nach den Ergebnissen in drei Gruppen ein.
Entscheidungen beschleunigt
Das Fünftel, das am besten abschneidet, bildet die Gruppe der Klassenbesten. 50 Prozent bezeichnen die Marktforscher als Durchschnitt. Und die übrigen 30 Prozent, die in den abgefragten Kennzahlen am schlechtesten abschneiden, werden der Gruppe der Nachzügler zugerechnet.
Bei den Klassenbesten verbringen Mitarbeiter 25 Prozent ihrer Arbeitswoche damit, Informationen aus ERP-Systemen zusammenzutragen. Bei den anderen Unternehmen vergehen damit 40 Prozent der Zeit. Die Klassenbesten schließen außerdem 97 Prozent der Aufträge pünktlich ab, andere nur 89 Prozent. Auch haben die Klassenbesten innerhalb nur eines Jahres die Zeit um 30 Prozent gesenkt, innerhalb derer Entscheidungen getroffen werden. Die übrigen verbesserten sich darin um sieben Prozent.
Die vierte Kennzahl gibt an, inwieweit das ERP-System Lagerbestände korrekt erfasst. Bei den Klassenbesten liegt der Wert bei 98 Prozent, bei den übrigen bei 90 Prozent. Firmen, die ihr ERP-System am besten nutzen, machen ihre Arbeit zuletzt auch schneller zu Geld. Bei ihnen vergehen zwischen Abschluss eines Auftrags und der Rechnungsstellung 2,2 Tage, bei den anderen bis zu zehn.
Mobilstrategie mit ERP-Strategie abstimmen
Die unterschiedlichen Ergebnisse lassen sich zum Teil mit der Verbreitung mobilen Zugangs zur ERP-Software in den drei Gruppen erklären, denen Aberdeen die Studienteilnehmer zuordnete. Von den Klassenbesten gewähren 40 Prozent über Smartphones oder Tablet-PCs Zugang zum ERP-System, vom Durchschnitt 38 Prozent und von den Nachzüglern 25 Prozent.
Allerdings: Wenn selbst unter den Klassenbesten nicht einmal die Hälfte mobilen ERP-Zugang anbietet und von der Durchschnittsgruppe zudem nur zwei Prozentpunkte weniger, lassen sich allein damit die Leistungsunterschiede nicht begründen, die sich an den fünf Kennzahlen zeigen. Die Marktforscher liefern als Erklärung, dass nicht allein entscheidend sei, ob ein Unternehmen ERP-Zugriff von Smartphones oder Tablets aus gewähre, sondern dass die Mobilnutzung strategisch angegangen werde.
Sie untermauern das mit weiteren Zahlen, die sie abgefragt haben. Von den Klassenbesten haben 35 einen Prozess etabliert zur Entscheidung, welche ERP-Komponenten mobil zur Verfügung stehen sollen. Im Mittelfeld haben einen solchen Prozess 19 Prozent der Firmen, in der Schlussgruppe nur acht.
In der Spitzengruppe hat außerdem mindestens die Hälfte der Unternehmen ihre Mobilstrategie in Einklang mit der ERP-Strategie gebracht und Standards für den Einsatz mobiler Geräte definiert. Bei den anderen 80 Prozent der Firmen liegen die Werte jeweils deutlich darunter.
Die Klassenbesten heben sich außerdem dadurch von anderen ab, dass sie fast doppelt so oft ein eigenes IT-Support-Team für mobile Geräte und ERP-Apps vorhalten. Das sei aus zweierlei Gründen wichtig. Zum einen wüssten technisch unkundige Mitarbeiter häufig nicht, wie sie ERP-Software auf mobilen Geräten für sich nutzbar machen könnten. Zum anderen mache es die Vielzahl unterschiedlicher Mobilgeräte - noch dazu häufig aus dem Consumer-Bereich - nötig, die Einhaltung von Mindeststandards zu überwachen und Geräte zu testen.
Smartphones als Barcode- und RFID-Leser
Der Blick auf die für die Studie "Mobility in ERP 2011" abgefragten Daten zeigt, dass die führenden Firmen auch technisch weiter sind als andere. Drei Viertel von ihnen sehen sich selbst in der Lage, mobile Geräte und Apps für den mobilen Zugriff aufs ERP-System ausreichend abzusichern. In der Nachzügler-Gruppe sind nur 39 Prozent so selbstbewusst. Zwei Drittel der Klassenbesten arbeiten außerdem mit mobilen Geräten, die Barcodes und RFID-Chips lesen können. Hier fallen die beiden anderen Gruppen ebenfalls merklich zurück.
Schien beim Anteil der Firmen, die überhaupt mobilen ERP-Zugang anbieten, der Unterschied zwischen den drei Gruppen nicht allzu groß, spreizt sich das Feld weiter auf beim Blick auf einzelne ERP-Module. 62 Prozent der Klassenbesten haben Sales- und Marketing-Anwendungen mobilisiert. Von den übrigen Unternehmen haben das nur 19 Prozent getan.
Am zweithäufigsten haben die Firmen aus der Spitzengruppe die Kontrolle über den Lagerbestand von mobilen Geräten aus zugänglich gemacht, zu 43 Prozent. Von den anderen haben dieses Modul 23 Prozent auf Smartphone oder Tablet gebracht. Ähnlich ist das Bild bei der Verwaltung von Bestellungen.
Je nachdem, welcher der drei Gruppen ein Unternehmen angehört, empfehlen die Studienautoren nächste Schritte. Nachzügler müssten zunächst überhaupt einmal eine Mobilstrategie entwickeln, die sich an der ERP-Strategie orientiere. Für die Durchschnittsgruppe gehört zu den Hausaufgaben, Prioritäten zu setzen, welche Rollen und Funktionen zuerst mobilen ERP-Zugang bekommen sollen. Die Klassenbesten schließlich tun laut Aberdeen Group gut daran, den mobilen Zugang auf mehr Mitarbeiter auszuweiten. Je mehr Kollegen auf ihren mobilen Geräten über aktuelle Ereignisse informiert würden, umso kürzer würden die Antwortzeiten.