Alte Daten und Anwendungen

Fehlender Überblick kostet Millionen

01.11.2010 von Thomas Pelkmann
Ungenutzte Software und inkonsistente Daten schaden Firmen immens. Viele behalten aus Compliance-Gründen alte Anwendungen, Fachbereiche pflegen Daten schlecht.

Acht von zehn Managern im Vereinigten Königreich (Großbritannien und Nordirland), Frankreich und Deutschland haben bei einer Umfrage von Informatica und Dynamic Markets angegeben, dass in ihren Unternehmensnetzwerken ungenutzte Applikationen und Daten schlummern. Durch diese Ineffizienz entstünden "immense Kosten im Hinblick auf IT-Ressourcen, Energie und Managementzeit", heißt es in einem Kommentar von Informatica.

In Einzelfällen bezifferten die befragten Manager den dadurch entstehenden Schaden sogar auf mehr als zwei Millionen Euro pro Jahr. Von diesem Problem betroffen sind vor allem Großunternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern, heißt es in der Studie. Oft träten diese Fälle massiv zutage, wenn bisher selbständige Firmen fusionierten. Dann stelle sich heraus, dass Daten und Applikationen oft redundant oder inkonsistent vorhanden seien.

Viele Daten und eigentlich bereits in den Ruhestand geschickte Anwendungen würden nur noch aus Revisions- oder Compliance-Gründen vorgehalten, berichtet Otto Neuer, Geschäftsführer Zentraleuropa bei Informatica, im Gespräch mit CIO.de. "Da leisten sich viele Unternehmen den Luxus, die Altdaten einfach in ihrer gewohnten Umgebung zu lassen."

Dabei ist die Einsicht über die Altlasten durchaus auch bei den rund 600 von Informatica befragten Mitarbeitern aus Marketing, Vertrieb und IT vorhanden: So sagen 86 Prozent der IT-Manager, dass ihre Systeme effizienter laufen würden, wenn ungenutzte Applikationen entfernt würden. Allerdings geben 46 Prozent an, dass sie die Alt-Anwendungen nicht entfernen werden, weil es sein könne, dass man die Daten zu einem späteren Zeitpunkt noch brauchen werde. Ein weiteres Viertel gibt an, dass sie Altdaten aus Compliance-Gründen vorhalten würden.

Den größeren Schaden sieht der Informatica-Chef aber nicht in der IT-Infrastruktur, sondern in der ineffizienten Arbeit der Fachabteilungen, die mit inkonsistenten und veralteten Daten umgehen müssen. "Hier geht es um Informationen, die eigentlich im Gesamtkontext zur Verfügung stehen müssten", meint Neuer und ergänzt, das sei leichter gesagt, als getan.

Rundumsicht auf alle Daten unmöglich

"In der Praxis liegen solche Daten gerne in unterschiedlichen Datenbanken, so dass eine Rundumsicht durch die Abteilungen eines Unternehmens überhaupt nicht möglich ist." Der Schaden bei den so verpassten Gelegenheiten sei unter dem Strich viel größer als die Kosten für Hardware und Infrastruktur.

Die IT-Abteilung spielt im Datenkonzert großer Unternehmen sowieso eine tendenziell an Bedeutung abnehmende Rolle: Die Umfrage von Informatica zeige, dass Vertriebs- und Marketingabteilungen die Tendenz hätten, die IT-Abteilung bei der Beschaffung neuer Software und der Erweiterung bestehender Systeme zu umgehen.

Das mag auch mit der weit verbreiteten Skepsis den IT-Abteilungen gegenüber zusammen hängen: Fast die Hälfte der befragten Manager (46 Prozent) beklagt einen Mangel an IT-Ressourcen. Der hindere sie daran, das Volumen der Anfragen an die Datenbestände in der geforderten Zeit zu erledigen. Weitere 40 Prozent bemängeln "zu stark fragmentierte Datenbanken über die gesamte Organisation hinweg", und die gleiche Anzahl kritisiert Inkompatibilitäten der Ressourcen.

Jenseits dieser technischen Probleme spricht sich Informatica-Geschäftsführer Otto Neuer aber für ein stärkeres Business-IT-Alignment aus. Die Verantwortung für die Konsistenz und Aktualität der Daten liegt für ihn eindeutig in den Fachbereichen. Die kennen die Daten und ihre Anforderungen. Die IT ist für die Infrastruktur zuständig. "Ganz klar: Eine Verbesserung der Datenqualität erreiche ich nur im Zusammenspiel."

Dabei sei es aber nicht entscheidend, in welchen Anwendungen die Daten tatsächlich liegen. Tatsächlich würden Daten nicht mehr als Anhängsel von Applikationen gesehen, sondern als eigenständiger Unternehmenswert. Für Neuer ist das "eine wichtige Entwicklung", die durch Cloud Computing noch unterstützt werde.

Datenkonsistenz ist unabhängig von der genutzten Plattform

Für die Eigenständigkeit der Daten spricht auch die Tatsache, dass Datenkonsistenz unabhängig von der jeweils genutzten Plattform ist. Voraussetzung für saubere Informationen ist ein Data Warehouse, dass brauchbare Daten in logischer Form vorhält und für die Arbeit der Abteilungen zur Verfügung stellt.

Die Datenbanken, die sich im Warenhaus bedienen, können dann ruhig unterschiedlich sein, meint Otto Neuer und beschreibt damit die Realität in vielen Großunternehmen. Ziel einer sauberen Datenintegration sei am Ende, dass die Unternehmen ihre Daten kontrollieren könnten, "und nicht umgekehrt".