Wie stark das Thema Digitalisierung in den Finanzabteilungen der Unternehmen angekommen ist, belegt eine Studie der Managementberatung Horváth und Partner. Mehr als 160 Finanzentscheider aus mehreren Ländern haben sich daran beteiligt. Horváth und Partner sieht sie bei Digitalisierungsmaßnahmen im Rückstand.
Ein Urteil, das sich auf die Praxis bezieht, nicht auf die Theorie. Denn 85 Prozent der Chief Financial Officer (CFO) sehen in der fragmentierten und heterogenen IT-Landschaft ihres Unternehmens die größte Herausforderung. 83 Prozent nennen außerdem die Transformation durch die fortschreitende Digitalisierung. Übertroffen werden diese Punkte nur noch von der Forderung nach agilen Organisationsformen und Arbeitsweisen (86 Prozent).
Weitere Herausforderungen sehen die Befragten in neuen Anforderungen in Bezug auf Kompetenzen und Fähigkeiten (81 Prozent) sowie in der Informationsgewinnung aus externen, unstrukturierten Datenquellen (69 Prozent), hoher Volatilität (67 Prozent) und der Anpassung ihrer historisch gewachsenen CFO-Organisation (64 Prozent).
Die nötigen Maßnahmen sind bekannt
Welche Maßnahmen jetzt nötig wären, wissen die befragten Finanzentscheider auch. Eine große Mehrheit will Finanzprozesse automatisieren, die IT-Landschaft integrieren und ihre Prozesse standardisieren (zwischen 93 und 90 Prozent der Nennungen). Außerdem wollen sie integrierte Datenplattformen aufbauen (77 Prozent) und Prozesse eindeutigen Verantwortlichen zuordnen.
In der Praxis sieht es anders aus. Faktisch haben derzeit erst 56 Prozent Prozesse automatisiert und standardisiert. 40 Prozent arbeiten an Weiterentwicklung und dem Ausbau von Shared Services. 27 Prozent überführen Finanzprozesse in cross-funktionale End-to-end-Prozesse und jeweils 17 Prozent nutzen Robotic Process Automation.
Horváth und Partner hat beim Umgang mit Daten genauer nachgehakt. Im Vergleich zur Vorjahresumfrage rückt dieses Thema stärker in den Fokus. So erklären fast neun von zehn Befragten (89) Prozent die Notwendigkeit einer gesteigerten Datensicherheit und eine firmenweite Vereinheitlichung von Datenmodellen für "bedeutend". Aber nur 78 Prozent (Datensicherheit) beziehungsweise 45 Prozent (einheitliche Datenmodelle) setzen das in der Praxis um. 83 Prozent erkennen eine zentrale Daten-Govenance als relevant an, aber nur 40 Prozent setzen sie um. Diese drei Punkte wie auch der Einsatz integrierter Systeme (beziehungsweise steuerungsorientierter Applikationen) sind 2019 neu auf der Agenda.
Die Managementberater interpretieren die Studienergebnisse als Zeichen einer Verschiebung vom reaktiv-analysierenden Ansatz zu einem proaktiv-prognostizierenden Ansatz. Noch aber nutzen erst 38 Prozent Scenario Modelling, um Risiken transparenter zu machen (die Bedeutung erkennen 69 Prozent an). 24 Prozent arbeiten zwecks Gewinnung von Echtzeitinformationen mit mobilen Dashboard-Solutions (Bedeutung: 58 Prozent), 23 Prozent mit Advanced Analytics zur Entscheidungsunterstützung (Bedeutung: 77 Prozent). 19 Prozent setzen Predictive Forecasting ein (Bedeutung: 75 Prozent) und 17 Prozent beziehen externe, unstrukturierte Daten in die Unternehmenssteuerung ein (Bedeutung: 39 Prozent).
Vier digitale Treiber in der Finanzabteilung
Horváth und Partner kommt zu dem Schluss: "Aktuell sind die wenigsten Finanzabteilungen so weit, dem Anspruch an die vorausschauende Planung und Steuerung gerecht zu werden." Die Berater nennen in diesem Bereich vier Treiber der digitalen Transformation:
1. Effizienzsteigerung in der Finanzfabrik durch Prozessautomatisierung
2. Verstärkte Nutzung von Daten als Grundlage für weiterführende Analysen
3. Stärkung der Rollen "Data Scientist" und "Business Partner" im Finanzbereich
4. Änderung der Steuerung von reaktiv-analytisch zu proaktiv-prognostizierend
Es gibt bereits Finanzvorstände, die digitale Use Cases anstoßen, so Horváth und Partner weiter. Eine "nicht unerhebliche Anzahl" stecke aber immer noch in der Findungsphase.