Immer mehr Arbeit wird aus der Linie in Projekte verlagert. Das behauptet zumindest die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) aus Nürnberg. Dieser Trend zur "Projektifizierung" sei nicht nur in "typischerweise projektgetriebenen Branchen" wie Bau und Consulting zu beobachten, sondern in fast allen Branchen und Industrien.
In dem Papier "Mit Projekten Unternehmen erfolgreich führen" liefert die GPM eine Bestandsaufnahme des Projektmanagements in Deutschland. Das Papier basiert auf zwei eigenen Studien, einer Vorstudie mit 30 Teilnehmern und einer Analyse mit mehr als 200 Befragten. Alle Teilnehmer stammen aus dem Top-Management.
Verzahnung mit dem strategischen Management fehlt
Darin definieren die Autoren den Begriff "Projekt" allerdings nicht. So bleibt offen, ob bisherige Tätigkeiten schlicht einen neuen Stempel aufgedrückt bekommen oder ob sich an der Arbeit wirklich etwas ändert.
Wie die Herkunft der Studienautoren vermuten lässt, messen sie Projektarbeit "strategische Bedeutung" zu. Ihre Gespräche mit den Studienteilnehmern bringen sie zu dem Fazit: "Eine Verzahnung von strategischem Management und der Disziplin des Projektmanagements, die aufgrund der gezeigten Bedeutung nur konsequent erscheint, ist noch nicht in allen Unternehmen und Branchen vorzufinden."
Professionalisierung der Projektarbeit heißt für die GPM zunächst, klare Regeln und Strategien für das Management von Projekten zu entwickeln und zu implementieren. Das betrifft nicht nur die Führungsebene sowie Struktur und Prozesse eines Unternehmens, sondern auch seine Kultur.
Eine Projektstrategie wiederum umfasst drei Dimensionen: Die Existenz einer klaren Strategie für das Projektmanagement, die Ableitung der Ziele für das Projektmanagement aus der Unternehmensstrategie und die Existenz klarer Regeln für den Umgang mit Projektrisiken.
Mehrheit der Firmen mit mäßiger Projektstrategie
Aus diesen Überlegungen hinaus hat die GPM einen Projektstrategie-Index entwickelt. Dieser reicht von 0 (schwach) bis hundert (stark). Einen Wert von 85 oder mehr gestehen die Studienautoren gut einem Viertel (26 Prozent) der Unternehmen zu. Diese dürfen sich rühmen, eine "klare Projektstrategie" zu verfolgen. Eine relative Mehrheit von 46 Prozent liegt zwischen 66 und 85 Punkten und verfügt damit über eine "mittlere" Projektstrategie. Die restlichen Unternehmen liegen mit ihrer "schwachen" Projektstrategie darunter.
Die GPM rät Entscheidern unbedingt, mit dem Wandel in ein projektgetriebenes Unternehmen Rollen und Kompetenzen neu zu definieren. Sie empfehlen die Einrichtung eines Projekt-Management-Office (PMO).
Eine große Mehrheit von 81 Prozent der Befragten gibt zu Protokoll, die Zusammenarbeit in Projekten laufe gut. Zwei Prozent verneinen das - die restlichen 17 Prozent konnten oder wollten sich dazu offenbar nicht äußern. 84 Prozent erklären, zum Projektleiter würden ihre Mitarbeiter durch ihre spezifischen Erfahrungen und Kenntnisse. Vier Prozent verneinen - die verbleibenden zwölf Prozent äußern sich nicht.
72 Prozent der Studienteilnehmer gehen davon aus, die Ernennung zum Projektleiter sei "eine besondere Auszeichnung". Das sieht allerdings nicht jeder so - zehn Prozent verneinen.
Etwa zwei Drittel der Befragten halten das Arbeiten in Projekten für wichtig, effektiv und effizient. Dem widersprechen sechs bis sieben Prozent der Studienteilnehmer. Immerhin 57 Prozent der interviewten Top-Manager verbringen nach eigener Darstellung selbst "viel Zeit" in Projekten - auf dreizehn Prozent trifft das nicht zu.
"Projektifizierung" der gesamten deutschen Wirtschaft
Wie die Studienautoren schreiben, scheint "die Projektifizierung der gesamten deutschen Wirtschaft schneller vonstatten zu gehen als bisher angenommen". Ursachen dafür sei zum Einen die hohe Dynamik der verschiedenen gesellschaftlichen Subsysteme, zum Anderen die Krisen der vergangenen Jahre. Diese verlangten von Unternehmen ein erhöhtes Maß an Flexibilität, Effizienz und Effektivität.
Es sei Aufgabe des Top-Managements, für eine klare Projektstrategie zu sorgen und diese dann auch umzusetzen. Die Projektstrategie müsse sich direkt aus der Unternehmensstrategie ableiten oder Teil von ihr sein.