Zwei Studien sehen beim Recruiting Nachholbedarf - und zwar sowohl auf Seite der Arbeitgeber als auch auf Kandidatenseite. Bislang suchen Unternehmen und Bewerber oft aneinander vorbei, lautet das Fazit der beiden Studien "Bewerbungspraxis 2012" und "Recruiting Trends 2012" des Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS) und der Online-Stellenbörse Monster. Das CHRIS ist ein Forschungsverbund der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Besonders bei der Bedeutung der Jobsuche über das Smartphone klafft eine Lücke zwischen den Wünschen der Kandidaten und dem realen Einsatz mobiler Lösungen im Recruiting von Unternehmen, so die Studienautoren. Die Nutzung mobiler Endgeräte gewinnt zunehmend an Bedeutung. Aktuell nutzt ein Viertel der Bewerber ein Smartphone zur Stellensuche, acht Prozent bewerben sich bereits mobil. Nur wenige Unternehmen halten mit dieser Entwicklung Schritt: Gerade einmal zehn Prozent der deutschen Großunternehmen haben die Darstellung ihrer Online-Stellenanzeigen für mobile Endgeräte optimiert.
Employer Branding über Facebook
Stetig wächst auch die Bedeutung sozialer Netzwerke für die Stellen- und Bewerbersuche. Jeder dritte Jobsuchende bewertet es positiv, wenn Unternehmen eine Fanpage bei Facebook zur Kommunikation von Karrierethemen nutzen. Fast 70 Prozent der Bewerber begrüßen es, von Arbeitgebern über Karrierenetzwerke angesprochen zu werden. Mehr als die Hälfte der Unternehmen sucht bereits aktiv über soziale Netzwerke nach neuen Mitarbeitern. Beim Employer Branding - der Werbung für das Arbeitgeberimage - setzen Firmen am häufigsten Facebook ein. Doch auch im Bereich der sozialen Netzwerke besteht Nachholbedarf: Denn über die von Experten in der Regel ausdrücklich empfohlene Social-Media-Strategie verfügt noch nicht einmal jedes dritte Unternehmen (28 Prozent).
Ein weiteres Erfolg versprechendes Recruiting-Instrument ist die Nutzung von Weiterempfehlungsprogrammen, bei denen bereits im Unternehmen tätige Angestellte geeignete Kandidaten empfehlen. Die Bereitschaft dafür ist durchaus vorhanden: Vier von zehn Arbeitnehmern würden ihrem Arbeitgeber gern Personen aus dem eigenen Umfeld als neue Kollegen empfehlen. Mehr als die Hälfte der Angestellten findet Mitarbeiterempfehlungsprogramme sinnvoll, um qualifizierte Bewerber einzustellen. Ein weiterer Vorteil der Empfehlungsprogramme ist ihre Authentizität: Sechs von zehn Befragten bewerten die Aussagen von Mitarbeitern eines Unternehmens als glaubwürdig. In der Theorie hoch gelobt, in der Praxis noch vergleichsweise selten genutzt: Derzeit gibt es nur in jedem fünften Unternehmen ein Mitarbeiterempfehlungsprogramm.
Angesichts der technologisch geprägten Trends von der Bewerbung über mobile Endgeräte bis zur Jobsuche mit Hilfe sozialer Netzwerke überrascht dieses Studienergebnis kaum: Die klassische Bewerbungsmappe ist out - sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Bewerbern. Ein Ergebnis, das die Studieninitiatoren von Monster besonders freuen dürfte - Internet-Stellenbörsen liegen nach wie vor auf beiden Seiten besonders hoch im Kurs.
Hauptkanal sind Internet-Stellenbörsen
"Es ist spannend zu beobachten, wie Bewerber und Unternehmen verschiedene Social-Media-Plattformen verwenden. Aber noch immer sind für Kandidaten die Internet-Stellenbörsen der deutlich am häufigsten verwendete Kanal bei der Jobsuche", sagt Professor Tim Weitzel vom Lehrstuhl für Informationssysteme in Dienstleistungsbereichen der Universität Bamberg. Auf der Arbeitgeberseite zeigen die Studienergebnisse, dass auch Unternehmen mit Blick auf die Effektivität und Effizienz Online-Stellenbörsen als bestes externes Recruiting-Tool bewerten.
Für die Studie "Bewerbungspraxis 2012" des Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS) und der Online-Stellenbörse Monster wurden 11.686 Stellensuchende und Karriereinteressierte befragt, die Recruiting Trends sind eine regelmäßige Befragung der Top-1000-Unternehmen in Deutschland.