Immer mehr Menschen tauschen sich im Netz aus - auch über ihre Meinungen zu Firmen, Produkten und Marken. Laut aktuellen Bitkom-Zahlen waren im dritten Quartal 2009 deutschlandweit jeden Monat 25,4 Millionen Nutzer in sozialen Netzwerken wie Facebook, StudiVZ oder Xing aktiv, Tendenz steigend. Hinter diesen Zahlen verbergen sich enorme Datenbestände, die Unternehmen mittels moderner Data- und Text-Mining-Verfahren wertvolle Informationen liefern könnten. Web 2.0-Daten können beispielsweise dabei helfen, Schlüsselfiguren wie Meinungsbildner im Kundenbestand zu identifizieren und gezielter im Marketing zu berücksichtigen. In einem neuen Strategiepapier untersucht das Berliner Beratungshaus Mayato GmbH die Möglichkeiten, soziale Netze im Kundenstamm zu analysieren.
Überschaubarer Aufwand
Beziehungen zwischen Kunden lassen sich in Marketing und Risiko-Management sowie in der Kundenwertsteuerung nutzen. "Für die Untersuchung dieser Beziehungen sind heute bereits vielfach Informationen vorhanden", erklärt Mayato-Analyst und Whitepaper-Autor Peter Gerngross (siehe Grafik). Im Bankenumfeld beispielsweise boten sich Daten zu Gemeinschaftskonten, Bevollmächtigungen und Freistellungsauftragspartnern an. Telekommunikationsanbieter könnten Verbindungsdaten nutzen.
Ferner ließen sich branchenübergreifend über Namens- und Adressanalysen unter Einbeziehung mikrogeographischer Daten Familienverbünde und Hausgemeinschaften identifizieren und problematische Dubletten im Datenbestand aussortieren.
"Viele Unternehmen verkennen den Wert, der in den Kundendaten verborgenen Netzwerk-Informationen liegt, oder vermuten hohen Aufwand, wenn es darum geht, diese Datenschätze zu heben" erklärt Gerngross. Tatsächlich sei der Aufwand jedoch oft überschaubar, da die entsprechenden Daten häufig schon im eigenen Data Warehouse vorlägen. "Man muss sie nur erkennen und nutzen", so der Experte.
Business Intelligence 2.0
Die Analysten sehen ein breites Spektrum an Einsatzbereichen für eine neue Generation von BI-Analysen. Zum einen könne das Kundenwissen erweitert werden, etwa welche Kunden besonders viele Beziehungen zu anderen Kunden haben oder wer als Experte Produktwissen an andere Kunden weitergibt. Gerngross: "Indem Schlüsselfiguren ausgemacht werden, die häufig Botschaften glaubhafter vermitteln können als eine eigene Kampagne es vermag, lässt sich die Effektivität von Marketing-Initiativen steigern". Zum anderen fließe das Weiterempfehlungspotenzial in die Ermittlung des Kundenwertes ein, wodurch sich Fehler in der Klassifizierung vermindern lassen sollen.
Bei Banken könne die Analyse der Beziehungsgeflechte zudem bei der Risikosteuerung helfen. Beispielsweise könnte sich eine gute Risikoeinschätzung von Familienmitgliedern positiv auf die Risikobewertung eines der Bank bis dahin unbekannten Neukunden auswirken. Auch für die Betrugsbekämpfung lieferten Netzwerkdaten wichtige Hinweise, heißt es aus Berlin weiter.Neuartige Data-Mining-Technologien sollen ferner dabei helfen, Kundenbeziehungen in Foren, Corporate-Blogs oder sozialen Netzwerken automatisiert zu ermitteln.
Fehleinschätzungen des Kundenwertes vermeiden
"In vielen Fällen lohnt sich die Analyse sozialer Netzwerke, da häufig mit geringem Aufwand wertvolles zusätzliches Wissen generiert werden kann" erklärt Mayato-Geschäftsführer Marcus Dill.
Gerade Fehleinschätzungen des Kundenwertes könnten die Marketing-Effizienz beeinträchtigen. "Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit sollte jedoch immer konkret vor der Nutzung des identifizierten Netzwerks geprüft werden", warnt Dill