In den letzten Jahren, so das Marktforschungsunternehmen RAAD Research, habe das Thema Business Intelligence im Mittelstand "deutlich an Bedeutung gewonnen". Von einem "flächendeckenden Einsatz" von Instrumenten für die Analyse von Geschäftsvorfällen könne dennoch nicht die Rede sein. Inklusive der Eigenentwicklungen, ergab eine Befragung der RAAD unter mehr als 1.800 IT-Leitern mittelständischer Unternehmen, verfügen nur rund 44 Prozent der deutschen Mittelständler über "produktive Business-Intelligence-Landschaften", weitere acht Prozent planten deren Aufbau.
Bei der Auswertung der Umfrage aus dem November 2009 stellte RAAD aber branchenspezifische Unterschiede fest. "Führend", heißt es bei RAAD, zeigten sich vor allem Branchen, die aufgrund geringerer Margen unter hohem Kostendruck stünden. Dazu zählt der Handel mit einem Verbreitungsgrad von 58 Prozent, die Konsumgüterindustrie (52 Prozent) sowie die mittelständische Medien- und Verlagsbranche (49 Prozent).
In der Umfrage zeige sich, so RAAD, "dass das Thema Business Intelligence in den mittelständischen Unternehmen weniger aus Sicht der Entscheidungsoptimierung innerhalb einzelner Prozesse gesehen wird, sondern noch immer sehr stark der Bereich Reporting, also die Verteilung von Informationen auf Basis aggregierter Daten im Vordergrund steht". Daran "nicht ganz unschuldig" seien die Anbieter von BI-Lösungen. Die hätten den Begriff in der Vergangenheit häufig auf solche Reportinglösungen beschränkt, was dem weiterreichenden Anspruch von BI als Oberbegriff von Reporting, OLAP und Data Mining aber nicht gerecht werde.
Doch, so dokumentiert ein aktuelles IDC-Whitepaper, das ändert sich. Operatives Business Intelligence in Echtzeit, anderswo als "Active Data Warehousing" bezeichnet, gewinnt demnach für Organisationen in Europa zunehmend an Bedeutung. Mit Hilfe eines solchen Active Data Warehouses lassen sich strategische und taktische Business Intelligence über alle Unternehmensbereiche hinweg aufbauen, heißt es in dem Whitepaper.
Auf der Grundlage der so gewonnenen Daten können die Mitarbeiter zunehmend in Echtzeit auf aktuelle Informationen zugreifen, Analysen durchführen, Vorhersagen aufstellen und so letztlich schneller bessere Entscheidungen treffen. IDC hat für das Whitepaper insgesamt 181 Unternehmen aus Europa und quer durch alle Branchen befragt. Rund ein Fünftel der befragten Firmen kommt aus Deutschland. Jeweils die Hälfte der Interviewpartner trägt IT- oder Business-Verantwortung.
Häufig entscheidet noch das Bauchgefühl
Allerdings nutzen der Umfrage zufolge nur 26 Prozent der befragten Unternehmen Echtzeit-Technologien für BI. Im Umkehrschluss bedeutet das: Drei Viertel verzichten zumindest derzeit auf den Einsatz der fortgeschrittenen Möglichkeiten für die Analyse von Geschäftsprozessen und verlassen sich bei der Entscheidungsfindung eher aufs gute, aber alte Bauchgefühl. Immerhin lassen sich dabei 60 Prozent der Befragten wenigstens von einigen täglich erhobenen Daten unterstützen, weitere 43 Prozent (Mehrfachnennungen waren möglich) tun das wöchentlich oder noch seltener.
Wenn auf Active Information gesetzt wird, dann zuallererst in der Geschäftsführung von Unternehmen und in den Sales-Abteilungen. Erst auf den Plätzen folgen die IT und das Marketing.
Immerhin 39 Prozent der befragten Organisationen beobachten Geschäftsereignisse in Echtzeit, ergab die Umfrage. Die hier aufgenommenen Aktionen beziehen sich dabei vor allem auf das Finanzmanagement eines Unternehmens, etwa in Bezug auf große Investitionen. Ebenfalls häufig beobachtet werden Änderungen in der Kundenstruktur und den -profilen der Unternehmen, gefolgt von Analysen von Beständen und Verfügbarkeiten in der Supply Chain.
Nicht alle dabei verwendeten Informationen stammen aus dafür besonders geeigneten relationalen Datenbanken. Zunehmend nutzen laut IDC die Unternehmen dafür Werkzeuge für Text Mining, um wertvolle Daten aus unstrukturierten Dokumenten wie E-Mails, Kundenzufriedenheitsbefragungen, Call-Center-Reports oder aus Web 2.0-Quellen zu gewinnen.
Der Trend zu schnellen Entscheidungsfindungen auf der Grundlage beweiskräftigen Ausgangsmaterials hält über alle Organisationsformen an, schließt IDC aus den Ergebnissen seiner Befragung. Verantwortlich dafür seien mehrere Faktoren: ein härter gewordener Wettbewerb, veränderte Business-Modelle, zunehmende Deregulierungen oder - im Gegenteil - verstärkte Regulierungsanstrengungen in Form von neuen Anforderungen an Compliance. Allerdings empfehlen die Marktforscher, Business Intelligence nicht nur für die strategischen Entscheidungen zu verwenden. "In der schnellen modernen Welt sollten Unternehmen auch für operative und taktische Beschlüsse auf eine breitere Informationsbasis zurückgreifen. Dafür benötigten die Entscheidungsträger mehr und mehr Echtzeit-Informationen.