Flexible Geschäftsmodelle: So profitieren Unternehmen
19.06.2015 von Donald Polzin
Nur Unternehmen, die ihre Geschäftsprozesse schnell und nach Bedarf auch drastisch anpassen können, sind in der Lage die Nachteile von plötzlichen Markthemmnissen schnell und effektiv zu kompensieren.
Absatzchancen verändern sich sofort, wenn neue Mitbewerber mit preiswerteren Konkurrenzprodukten in den Markt eintreten. Der plötzliche Ausfall eines Zulieferers von kritischen Produktionsmaterialien ist ein Beispiel dafür, wie sich ein Marktumfeld überraschend und in kürzester Zeit gravierend verändern kann. Die dann notwendigen Anpassungen in Produktstrategien oder Fertigungsmethoden stellen hohe Anforderungen an die Transparenz und Flexibilität der Geschäftsprozesse.
Note "3 Minus" für deutsche Industrie-Unternehmen
In der Realität ist eine schnelle Reaktion eines Unternehmens auf Änderungen der äußeren Rahmenbedingungen selten möglich. Zwei Hauptursachen sind dafür verantwortlich:
Nur 16 Prozent der deutschen Unternehmen verfügen über eine vollständige Dokumentation zumindest der Kern-Geschäftsprozesse.
Prozessketten sind faktisch 'eingefroren', da Teilprozesse verteilt auf unterschiedlichen IT-Systemen von Vertrieb, Einkauf, Fertigungssteuerung, Personalplanung und Finanzabteilung ablaufen. Neben Enterprise Systemen wie SAP fungieren Makroroboter in MS-Excel, selbst gestrickte Datenbanken und Reports in MS-Access oder Open-Source, die alle manuell bedient werden, als Schnittstellen.
Durch diese beiden Faktoren wird der Gesamtprozess zementiert und die Fähigkeit zur Anpassung geht verloren. Spätestens sobald die Systemanalytiker und Schnittstellenprogrammierer das Unternehmen verlassen haben, ist ein "Black-Box" Prozess das Endergebnis.
Nur was ich kenne, kann ich ändern
Der Weg aus solchen Sackgassen durchläuft mehrere Phasen. Zu Beginn steht das Erfassen und die Dokumentation der Kernprozesse. Bewährt hat sich hierbei der herstellerneutrale BPMN Standard Business Process Modeling and Notation. Die BPMN-Darstellung ist normiert und wird von Prozessberatern allgemein zur Dokumentation und Optimierung von Geschäftsprozessen verwendet.
Die Ausführung der in BPMN erfassten Prozesse erfolgt danach in einer BPM-Plattform. Dafür stehen am Markt diverse BPM Systeme zur Verfügung. Sie erlauben mit unterschiedlichsten Schwerpunkten die durchgängige Automatisierung von Prozessketten.
Mehr Flexibilität durch elektronische Dokumentation und Automatisierung
Einer der Vorteile der Erfassung und des Designs von Prozessen in BPMN ist die leichte Änderbarkeit. Alle BPMN-Tools arbeiten auf graphischer Basis. Prozesse werden leicht verständlich und durchschaubar mit vorgefertigten, standardisierten Graphikelementen gezeichnet. Die Darstellung ist selbsterklärend und kann in kurzer Zeit mit den Geschäftsverantwortlichen aus den Fachabteilungen abgestimmt werden, oder von ihnen selbst gepflegt werden.
Zu jedem Graphikelement wird neben der zeichnerischen Verknüpfung festgehalten, wie die übergebenen Daten im Prozessschritt zu verarbeiten sind. Damit lassen sich auch komplexe Prozesse wie Mahnwesen oder Vertragsüberwachung abbilden.
Primäres Ziel einer BPM-Transformation ist es, in den Zentralsystemen ausschließlich nur diejenigen Kern-Prozessschritte auszuführen, für die die Systeme ausgelegt sind. Die Erfassung aller sonst beteiligten Schnittstellen- und Datenaufbereitungs-Abläufe in BPMN ist dann die Basis für eine durchgängige Automatisierung mit einem BPM System.
Oftmals sind zentrale IT-Systeme an einem wichtigen Geschäftsprozess überhaupt nicht beteiligt oder fungieren lediglich als Datenlieferant oder -empfänger. In diesen Fällen ist eine BPM-Automatisierung besonders effektiv und steht auf Projektlisten an vorderster Stelle.
BPM Einführung - klassische Fehler vermeiden
BPM zählt nicht zu den typischen Productivity-Tools der IT-Infrastruktur oder zum Basisbetrieb von Systemanwendungen. BPM ist ein Werkzeug der Architekten von Geschäftsprozessen und der Unternehmenssteuerung. In der Implementierung greift es aber bis auf den einzelnen Anwender durch, zumindest sofern dieser eine aktive Rolle im Geschäftsprozess innehat. Oftmals sind dies Mitarbeiter in Funktionen wie Vertriebs- und Produktionssteuerung, aber auch in allen Querschnittsfunktionen wie Finanzabteilung, Personal oder Einkauf.
Von großer Bedeutung ist die sorgfältige Auswahl eines Sponsors für ein BPM-Projekt. Der allumfassende Ersatz aller Schnittstellen- und Datenaufbereitungsprozesse in einem einzigen Schritt ist nicht zu empfehlen.
Moderne Business-Apps aus der deutschen Cloud
Moderne Business-Apps Es muss nicht immer Software aus dem Sillicon Valley sein. Inzwischen bietet die deutsche Cloud anspruchsvolle Business-Apps, die den Vergleich mit den Schwergewichten aus den USA nicht scheuen müssen. Ganz im Gegenteil. Im Folgenden stellen wir professionelle Cloud-Dienste von deutschen Anbietern vor.
Weclapp: ERP und CRM für Mittelständler Weclapp bietet eine umfassende, modular aufgebaute ERP-Lösung, die speziell auf die Bedürfnisse von Händlern und Dienstleistern zugeschnitten ist. Der aus Marburg stammende Online-Dienst präsentiert sich als eine ganzheitliche SaaS-Lösung, die verspricht, sämtliche wichtige Unternehmensprozesse in einer einzigen Softwaresuite effektiv abzubilden. So bringt das Tool Kontakt- und Kundenverwaltung, Projektmanagement, Zeit- und Leistungserfassung, sowie Warenwirtschaft unter einen Hut. Dabei spielen Collaboration-Funktionen eine zentrale Rolle und sind in allen Modulen der Software integriert. Mit Weclapp CRM steht darüber hinaus ein branchenübergreifendes Kundenmanagement-System zur Verfügung. Dieses besteht aus den zentralen Funktionen in den Bereichen Kontakt- und Kundenverwaltung, Kampagnenmanagement und Reporting, auf die KMUs angewiesen sind.
Scopevisio: Ganzheitliche Unternehmenslösung Mit Scopevisio stellt das gleichnamige Softwarehaus aus Bonn eine ebenfalls umfangreiche Unternehmenssoftware bereit, die Geschäftsprozesse in den Bereichen ERP, CRM und ECM (Enterprise Content Management) abdeckt. Diese stellt zahlreiche Funktionsbausteine wie Kundenmanagement, E-Commerce, Marketing, Invoicing, Finanzen, Buchhaltung, Collaboration, sowie Projekt- und Dokumentenmanagement zur Verfügung. Kunden können sich ihr System nach eigenen Bedürfnissen individuell zusammenbauen und zahlen nur für die Funktionalität, die sie tatsächlich benötigen. Damit positioniert sich der Dienst als eine moderne und flexible ERP-Alternative, von der Unternehmen aus den verschiedensten Branchen profitieren können.
Debitoor: Invoicing leicht gemacht Debitoor wird in Berlin entwickelt und bietet einen einfachen Weg, professionell gestaltete Rechnungen im eigenen Firmendesign zu erstellen, sowie Kunden, Produkte, Angebote, Mahnungen und Ausgaben auf intuitive Art und Weise im Browser zu verwalten. Individuell anpassbare Reports, etwa Umsatzsteuerermittlung oder Gewinn und Verlust-Rechnung, zählen zu den weiteren Hauptfunktionen, mit denen Debitoor aufwarten kann. Eine moderne und optisch ansprechende Benutzeroberfläche im trendigen Flat-Design, in der die angebotenen Features übersichtlich präsentiert werden, sorgt für eine benutzerfreundliche Bedienung, die bei Buchhaltungsprogrammen eher untypisch ist. Neben der Web-Anwendung stehen mobile Apps für iOS und Android zur Verfügung, mit denen Anwender unterwegs Belege bequem erfassen können.
Lexoffice: Finanzen und Buchhaltung für Einsteiger und Profis Bei Lexoffice handelt es sich um eine weitere anspruchsvolle Lösung aus dem Bereich Rechnungsstellung und Buchhaltung, die auf die Anforderungen von Kleinunternehmen, Gründern und Selbständigen ausgerichtet ist. Sie bietet zahlreiche Features rund um die Auftragsverwaltung an. So lassen sich neben Aufträgen und Rechnungen auch Angebote, Eingangsbelege, Kunden und Lieferanten zentral auf dem Online-Dashboard verwalten. Zudem wartet Lexoffice mit einigen nützlichen Extras auf. Hierzu zählt beispielsweise das integrierte Online-Banking-Modul. Dieses gleicht offene Rechnungen automatisch ab und ordnet die Bankvorgänge den jeweiligen Belegen zu. Ebenfalls praktisch: Es gibt eine kostenlose iPad-App, die die wichtigsten Features der Software in einer für das Apple Tablet optimierten Version bereitstellt.
Wunderlist: Business-taugliche To-Do-App Der Online-Dienst Wunderlist gehört mit über zehn Millionen Anwendern inzwischen zu den populärsten To-Do-Apps weltweit. Mittlerweile gibt es eine Version, die speziell für Business-Kunden konzipiert ist. Hinter der Lösung steht die Softwareschmiede 6Wunderkinder aus Berlin, die als Vorzeige-Startup der lokalen Internet-Branche gilt. Die App reduziert Collaboration auf ein Minimum: Aufgabenverwaltung, Notizen, Dateianhänge und Kommentare. Reporting-Werkzeuge sucht man bei Wunderlist ebenso vergeblich wie traditionelle Planungstools wie Gannt-Diagramme. Eine Besonderheit von Wunderlist ist sein hochwertiges UI-Design. Die App macht auf Desktop-PCs, Smartphones und Tablets eine gute Figur.
Planio: Umfangreiches Projektmanagement auf Open-Source-Basis Planio ist ein Cloud-Tool aus dem Bereich Collaboration, das ebenfalls in der Hauptstadt entwickelt wird. Es präsentiert sich als eine umfangreiche Plattform für die Online-Zusammenarbeit, die auf dem quelloffenen System Redmine basiert und Collaboration, Kommunikation und Produktivität auf einen gemeinsamen Nenner bringt. Die Software kann als zentrale Informationsdrehscheibe für das ganze Unternehmen oder für spezifische Projekte dienen und ist in erster Linie für jene Anwender konzipiert, die lieber mit einer einzigen, ganzheitlichen Software-Suite anstatt mit vielen Insellösungen arbeiten möchten.
Communote: Soziales Netzwerk für Unternehmen Bei Communote handelt es sich um eine flexible Social-Enterprise-Lösung, die die Unternehmenskommunikation optimieren kann und in Sachen Design und Funktionalität den Vergleich mit Yammer, Chatter und Co. nicht scheuen muss. Mit der Software können Mitarbeiter Nachrichten, Status-Updates und Notizen bequem erstellen, die den Ideen- und Informationsaustausch fördern und sich kommentieren lassen. Mithilfe des zentralen Aktivitätsstreams kann jeder Mitarbeiter stets über Neuigkeiten und Aktivitäten der Kollegen auf dem Laufenden bleiben. Die auf Java basierende Lösung ist mit Windows, Mac OS X und Linux kompatibel. Zudem stehen mobile Apps für iOS und Android zur Verfügung.
Coyo: Social Collaboration Eine weitere, interessante Alternative zu den Schwergewichten aus den USA im Bereich Social Collaboration ist Coyo. Die Firma Mindsmash GmbH aus Hamburg bietet damit ein umfassendes soziales Netzwerk für Unternehmen, die die Zusammenarbeit optimieren und die Produktivität im geschäftlichen Alltag erhöhen möchten. Der Service vereint effiziente Produktivitätswerkzeugen mit den Vorteilen sozialer Netzwerke in einer umfangreichen Web-Plattform, die den Wissensaustausch der Mitarbeiter fördern soll. Egal ob interne Mitarbeiter, Partner oder Kunde: Teams aus den verschiedensten Abteilungen sollen gemeinsam auf einer zentralen Plattform zusammenarbeiten können.
CAS PIA: Einfaches Kundenmanagement Mit CAS PIA bietet die CAS Software AG aus Karlsruhe, einer der hiesigen Marktführer für CRM im Mittelstand, eine umfassende Lösung an, die speziell an den Bedürfnissen und Anforderungen kleiner und mittlerer Firmen ausgerichtet ist. Damit lassen sich Kundenkontakte, Adressen, Termine, Dokumente, Aufgaben, Projekte, Kundenakte, Kundentelefonate, Kampagnen, Leads und mehr zentral in einer Web-Konsole verwalten. Diese bringt die zahlreichen Features, mit denen der Service aufwarten kann, in eine übersichtliche Benutzeroberfläche zusammen.
Crealytics: Suchmaschinenwerbung für Online-Händler Ein weiterer deutscher SaaS-Anbieter, der sich auf dem lokalen Business-Software-Markt erfolgreich positionieren konnte, ist Crealytics. Der SEA-Spezialist (Search Engine Advertising) unterstützt internationale Online-Versandhändler dabei, Suchmaschinenwerbung zu optimieren und möglichst gewinnbringend umzusetzen. Die Firma mit Stammsitz in Passau und weiteren Niederlassungen in Berlin und London wurde letztes Jahr mit dem “Deloitte Technology Fast 50 Award” ausgezeichnet. Damit gehört Crealytics zu den 50 am schnellsten wachsenden Technologieunternehmen Deutschlands.
Geeignete Kandidaten für eine Einführung sind Prozesse, die größtenteils autark ablaufen und einen hohen Anteil an manuellen, abteilungsübergreifenden Workflows benötigen. Diese sind Quick-Wins und der Nutzen ist sofort greifbar. Exemplarisch dafür stehen Abläufe wie:
Dienstreisemanagement
Schulungsmanagement
Urlaubsplanung
Änderungsplanung
Projektmanagement
Besprechungsprotokoll / -Nachverfolgung
Investitionsanträge
Belastungsanzeigen
Angebotsmanagement
Vertragsmanagement
Der Start mit einem überschaubaren Piloten erlaubt den zukünftigen BPMN-Prozess-Designern des Unternehmens vom Know-How der externen Berater zu profitieren und einen raschen Lern-Fortschritt zu durchlaufen.
Die Auswahl eines passenden BPM-Tools sollte allerdings mit Weitsicht auf den Endausbau erfolgen. So spielt es eine Rolle, ob Enterprise Systeme wie SAP zu integrieren sind und ob Daten direkt mit Datenbanken wie Oracle oder DB2 ausgetauscht werden sollen. In der Unterstützung solcher Schnittstellen und ihrer Zertifizierung durch die Software-OEMs unterscheiden sich die BPM-Plattformen. Ein weiterer Aspekt bei der Auswahl ist die Gestaltungsmöglichkeit der Dialogmasken für die Anwender und inwieweit moderne Endgeräte wie Smartphones oder Tablets für Mitarbeiter im Außendienst unterstützt werden.
Das Fraunhofer Institut IESE hat in einer Studie in 2014 alle im deutschen Markt vertretenen Anbieter von BPM Plattformen analysiert und deren Funktionalitäten verglichen (sh. Abbildung).
Hiernach bieten besonders die BPM Plattformen von IBM oder AXON IVY eine hohe Kombination von Bedienkomfort und Mächtigkeit für komplexe Aufgabenstellungen.
BPM generiert Compliance, Agilität und Vorhersagbarkeit
Neben der Transparenz und Automatisierung von Prozessen erzeugt die Einführung von BPM Mehrwerte durch seine Möglichkeiten der Prozessüberwachung, Alarmierung und durch die raschen Eingriffsmöglichkeiten bei Störungen im Prozessablauf. Management Dashboards zur Schnellinformation, aber auch tiefgreifende Drill-Down Berichte oder finanztechnische Auswertungen erlauben eine dynamische Prozesssteuerung und End-to-End Überwachung der Compliance.
Unternehmen, die BPM einsetzen, können in kürzester Zeit 'Ursache-Wirkung'-Relationen erkennen, und damit störenden Einflüssen von außen entgegensteuern.