Damit das klappt, ist eine effiziente IT unumgänglich. Am Luxemburger Hauptsitz Grevenmacher betreiben knapp zwei Dutzend IT-Mitarbeiter die Infrastruktur und Anwendungen für 4500 Mitarbeiter. Die geringe Manpower wird durch Standardisierung von Applikationen und Prozessen und den Einsatz von Thin Clients ermöglicht. Und einer sehr engen Verzahnung von Business und IT.
Das war nicht immer so. Als Weihe 2003 den Job als CIO bei Thiel übernahm galt die IT als Sanierungsfall. Das Problem: Die Organisationsabteilung war zu weit weg vom Business. Weihe machte einen radikalen Schnitt. Er löste die zentrale Organisationsabteilung auf, die Akzeptanzprobleme bei den operativen Töchtern hatte. Gleichzeitig überführte er die ehemalige IT-Abteilung in ein Shared Service Center (SSC). Das Center erledigt nun die Aufgaben, die bis dahin in einzelnen Konzerteilen separat erbracht wurden. Es bietet dem gesamten Konzern IT-Produkte an. Der Erfolg zeigte sich bald. Die Preise, die das Business für die IT-Produkte zu zahlen hatte, sanken kontinuierlich.
Parallel zum SSC hat Weihe zwei weitere Säulen installiert: Den Architekturrat und die Focal Points. Der Architekturrat besteht aus drei IT-Spezialisten von Tochtergesellschaften und zeichnet für die IT-Landschaft des gesamten Unternehmens verantwortlich. Er trifft Entscheidungen von weitreichender Bedeutung. Etwa: Welche Server werden beschafft oder welche Datenbank-Software soll drauf laufen. Die Einführung von Thin Clients geht ebenfalls auf den Architekturrat zurück.
Die Verbindung zwischen Business und IT manifestiert sich in den Focal Points. Wie so oft versteckt sich hinter dem großen Begriff ein schlichter Sachverhalt: Ein Focal Point ist einfach eine bestimmte Person, ein Ansprechpartner und Spezialist für ein bestimmtes Thema. Diese Person verantwortet alle damit zusammenhängenden Aktivitäten des Thiel-Konzerns, hat den Überblick, koordiniert und regt neue Vorhaben an. Aktuell gibt es neun Focal Points, darunter Geschäftsaktivitäten wie Spedition, Lager, Archivierung und RFID.
Die Themen entstehen in der Regel in den Tochtergesellschaften. Der CIO hat allerdings ein Vorschlagsrecht und kann lenkend eingreifen. Gegenüber den SSC nehmen die Focal Points die Rolle des Auftraggebers ein. So wird gewährleistet, dass jede IT-Leistung in enger Abstimmung mit dem Business erbracht wird.
Das SSC bietet auf Basis der Entscheidungen der Focal Points und IT-Leiter einen Warenkorb an IT-Produkten an, aus dem sich die Gesellschaften bedienen können. Beispielsweise den vorkonfigurierten Desktop oder den SAP-Arbeitsplatz mit einem bestimmten Sicherheitslevel. Jeder Focal Point zahlt dabei für die gleichen Produkte die gleichen Preise. Eine weitgehende Standardisierung der Produkte und Dienstleistungen reduziert die Vielfalt und senkt die Preise. Sechs unterschiedliche Finanzsysteme wurden beispielsweise durch die Implementierung von MySAP FI/CO abgelöst.
Die Verbindung aus zentralem SSC und den Focal Points ist laut Weihe eine zukunftsträchtige Konstruktion. Die langjährige Kluft zwischen IT und Business hat sich damit zwangsläufig geschlossen. Weihe: „Die IT ist nun tatsächlich ein Teil des Business, die IT-Aspekte wachsen unmittelbar aus dem Geschäft heraus.“