Mitten in Frankfurt liegt eine der größten innerstädtischen Baustellen Deutschlands. Zwischen Bankenviertel und Innenstadt entsteht das Projekt Four. Der Name ist Programm: Wo aktuell noch klaffende Baugruben zu sehen sind, werden in den nächsten drei Jahren gleich vier Türme wachsen. Der kleinste soll 100, der größte 233 Meter hoch werden.
Derzeit rollen auf dem Grundstück noch die Bagger. In bis zu 22 Meter Tiefe wird gegraben. "Insgesamt müssen wir 350.000 Kubikmeter Erdreich ausheben", sagt Oberbauleiter Roger Schmitt. Mit Schutzhelm und Warnweste ausgerüstet blickt er auf die lärmende Baustelle, wo mehr als 100 Kollegen arbeiten. Am Rande stehen große blaue Tanks, in denen das geförderte Grundwasser aufbereitet wird, bevor es dann beispielsweise in den Main kommt.
Kosten auf 1,6 Milliarden Euro geschätzt
Im neuen Jahr soll nicht mehr nur unterirdisch gebaut werden. "Der erste Turm wächst 2021 in die Höhe", kündigt Schmitt an. In die Höhe geklettert sind auch die Kosten: Aktuell wird das Gesamtvolumen auf 1,6 Milliarden Euro geschätzt, heißt es beim Projektentwickler Groß & Partner. 2018 war in der Presse noch von gut einer Milliarde Euro zu lesen.
Die Four-Baustelle liegt in direkter Nachbarschaft zu Deutschlands höchstem Hochhaus, dem Commerzbank-Tower (259 Meter). Diesem könnte allerdings bald ein neuer Turm den Rang ablaufen. So soll der geplante "Millennium Tower" einen Meter mehr - also 260 Meter - messen. Aktuell läuft ein Architekturwettbewerb, bis Ende Januar werden Vorschläge für das Areal unweit des Hauptbahnhofs erwartet.
Mix aus Wohnungen und Gastronomie
Der Wolkenkratzer soll neben Büros ein Hotel und eine Aussichtsplattform mit Gastronomie beherbergen. Daneben ist ein weiteres Hochhaus mit 150 Metern vorgesehen. Insgesamt sind rund 500 Wohnungen geplant, 200 davon öffentlich gefördert. Auch Einzelhandel, Arztpraxen und andere Dienstleistungen sollen in den Gebäuden unterkommen. Denn statt auf klassische Büro- und Bankentürme wird in den Frankfurter Hochhäusern neuerdings vermehrt auf einen Mix - etwa mit Wohnungen und Gastronomie - gesetzt.
Ein weiteres Projekt, das langsam Fahrt aufnimmt, entsteht auf dem Areal des Alten Polizeipräsidiums. Dort soll ein Ensemble bestehend aus einem neuen 175 Meter hohen Turm und dem denkmalgeschützten Bestand entstehen. Eine Wettbewerbsjury kürte einen entsprechenden Entwurf von Meixner Schlüter Wendt Architekten vor einigen Monaten zum Sieger. "Aktuell rechnen wir mit einem Baustart in 2022", heißt es beim Projektentwickler Gerchgroup (Düsseldorf). Dieser hatte die seit 2002 leerstehende Immobilie für rund 212,5 Millionen Euro vom Land Hessen gekauft. Auch hier sollen neben Büros frei finanzierte und geförderte Wohnungen untergebracht werden.
Angespannter Frankfurter Wohnungsmarkt
Die Sorge ist berechtigt, dass sich der Frankfurter Wohnungsmarkt aufgrund der Luxusimmobilien in den glänzenden Wolkenkratzern weiter anspannt. Zuletzt waren solche hochpreisigen Appartements beispielsweise im Grand Tower und im Omniturm entstanden. Die Politik reagiert bereits: Bei neuen Bauprojekten soll künftig generell eine Quote von 30 Prozent für öffentlich gefördertes Wohnen gelten.
Die Wolkenkratzer bilden ein Wahrzeichen Frankfurts. Insgesamt sind mehr als 30 Häuser in "Mainhattan" über hundert Meter hoch. Etwa die Hälfte davon misst sogar über 150 Meter, was im Allgemeinen als Definition von Wolkenkratzern gilt. Ihre Lage definiert der Hochhausentwicklungsplan.
Er sorgt auch dafür, dass die meisten Türme nicht vereinzelt, sondern in Gruppen stehen, wodurch die markante Skyline entsteht. Der Plan wird derzeit aktualisiert und sieht vor, dass es künftig im Bankenviertel, im Ostend und am westlichen Mainufer neue Standorte geben könnte. Ziel sei eine behutsame Weiterentwicklung des Stadtraums, sagt Mark Gellert, Sprecher des Frankfurter Planungsamtes.
Zurück zur Four-Baustelle: In dem Komplex sind neben Büros, Restaurants und Geschäften auch ein Hotel, eine Kita und eine öffentliche Dachterrasse vorgesehen. Dazu kommen 600 Wohnungen, davon knapp 80 sozial geförderte. Der Verkauf der Eigentumswohnungen hat bereits begonnen. "Wir sind zufrieden, die Vermarktung läuft gut an", sagt ein Sprecher von Groß & Partner. Der Fokus liege auf Interessenten aus der Region, die das Quartier beleben, und nicht auf Käufern von Spekulationsobjekten. "Wir wollen hier keine Geistertürme." (dpa/rs)