Es ist ein Deal, der zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen könnte: Internetgiganten wie Google, Facebook und Co könnten bald in Europa mehr Steuern zahlen - und der Handelskonflikt zwischen den USA und Europa könnte sich entspannen. Dafür wollen Frankreich und die USA am Mittwoch den Weg bahnen, wie der französische Finanzminister Bruno Le Maire ankündigte. Wenn es klappt, hätte nicht nur die Weltwirtschaft, sondern auch die Europäische Union einige Sorgen weniger.
Denn die USA hatten Frankreich im Dezember mit Strafzöllen auf Champagner, Käse und andere Exportgüter gedroht, weil Paris 2019 eine nationale Digitalsteuer eingeführt hatte, die vor allem die großen US-Internetkonzerne trifft. Daraufhin sah sich die EU-Kommission genötigt, aus Solidarität mit Frankreich vorsorglich Vergeltung anzukündigen. Der fortwährende Handelsstreit der transatlantischen Partner schien erneut zu eskalieren.
Einigung möglich
Am Sonntagabend aber, so berichtete Le Maire, legten Frankreichs Staatsoberhaupt Emmanuel Macron und US-Präsident Donald Trump den Rückwärtsgang ein: In einem Telefonat hätten die beiden vereinbart, jede Eskalation bei Zöllen oder gar einen Handelskrieg zu vermeiden. Stattdessen wolle man sich am Mittwoch am Rande des Weltwirtschaftsforums einigen.
Trump wurde in Davos schon nach den Einzelheiten gefragt, äußerte sich aber nur sehr allgemein. Mit Macron habe er eine "gute Unterhaltung" gehabt, sagte der US-Präsident mitgereisten Reportern. "Die USA sind sehr glücklich mit dem Ergebnis" und man danke Macron herzlich. Le Maire sagte zur inhaltlichen Linie zumindest so viel: "Das gemeinsame Ziel ist eine gerechte Besteuerung digitaler Aktivitäten in einem internationalen Rahmen."
Gemeint ist eine Vereinbarung in der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der OECD, einem Verbund der Industrieländer. Nach einem Kompromiss zur Digitalsteuer und zur sogenannten Mindestbesteuerung wird dort seit Jahren gesucht. Im Oktober legte die OECD einen Entwurf vor, wonach internationale Unternehmen auch dort Abgaben zahlen sollen, wo ihre Kunden oder Nutzer sitzen und die Unternehmen Gewinne erzielen.
Mit Blick auf die OECD und Absichtserklärungen der großen Wirtschaftsmächte in den G7 und G20 hatten die EU-Länder 2018 europäische Pläne für eine Digitalsteuer auf Eis gelegt. Offiziell konnten sie argumentieren, eine quasi weltweite Lösung hätte den Vorteil, dass die Konzerne ihre Gewinne nicht zum Steuersparen rund um den Globus verschieben können. Eine Rolle spielten wohl auch schon damals Trumps Drohungen mit Zöllen etwa auf europäische Autos.
Frankreichs Alleingang
Frankreich und einigen anderen EU-Ländern ging die Debatte in der OECD allerdings nicht schnell genug, zumal die globalen Digitalkonzerne nach Angaben der EU-Kommission nur etwa ein Drittel der Steuern herkömmlicher Unternehmen zahlen. Frankreich bot den USA die Stirn und handelte auf eigene Faust.
Nun aber scheint Paris doch wieder auf die OECD-Lösung anstelle der eigenen Steuer zu setzen - und Trump, der zuletzt querzuschießen schien, schwenkt offenbar ebenfalls wieder auf den internationalen Kurs ein. Am Dienstag wollte Le Maire erstmal nicht sagen, ob Frankreich nun seine nationale Digitalsteuer zurücknimmt. Doch wenig später hieß es aus französischen Regierungskreisen, fällige Vorauszahlungen auf die Steuer würden bis Jahresende ausgesetzt - ein wichtiges Zugeständnis an die USA.
Bundesfinanzminister Scholz hofft auf eine Lösung
Bis Jahresende will man sich also Zeit nehmen. Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz sieht gute Chancen, dass bis dahin eine Lösung gefunden ist. Schon bis Anfang Februar könnten in der OECD die Grundlagen für eine Vereinbarung gelegt werden, sagte der SPD-Politiker in Brüssel. Dies könnte dann bis zum Sommer konkretisiert und in der zweiten Jahreshälfte unter deutschem EU-Vorsitz auch auf europäischer Ebene umgesetzt werden.
"Ich bin ziemlich sicher, dass wir, wenn wir da beharrlich bleiben, einen Konsens in diesem Jahr auch erreichen können", sagte Scholz. Die Digitalunternehmen würden dann auch in Europa mehr zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen, betonte er. Wie viel dies ist, hängt sicher von der Ausgestaltung ab. Nach Vorschlägen der EU-Kommission von 2018, an denen sich das französische Modell ausrichtete, kam das Münchner Ifo-Institut auf mögliche Einnahmen von drei bis vier Milliarden Euro. Frankreich hatte voriges Jahr rund 400 Millionen Euro angesetzt. (dpa/rs)