Am Flughafen werden Arbeitskräfte knapp

Fraport auf neuen Wegen

18.04.2018
Man fühlt sich in die 60er-Jahre versetzt: Der Flughafenbetreiber Fraport will in Südosteuropa Arbeitskräfte anwerben. Auf dem heimischen Arbeitsmarkt finden sich nicht mehr genug Bewerber.

Am Frankfurter Flughafen, mit 81 000 Stellen größte Arbeitsstätte in Deutschland, werden die Arbeitskräfte knapp. Vor der besonders reise- und personalintensiven Sommersaison sucht nicht nur Flughafenbetreiber Fraport händeringend Personal. Jede zehnte von mehr als 20 000 Stellen ist bei dem MDax-Konzern und seinen Tochtergesellschaften derzeit nicht besetzt. Weil auch die eigenen Verwaltungsangestellten und die Betriebsrentner im Sommer trotz guter Prämien nur begrenzt beim operativen Geschäft im Terminal und an den Flugzeugen aushelfen können, geht Fraport einen neuen Weg.

"Wir wollen Arbeitskräfte hauptsächlich in Griechenland, Bulgarien und Kroatien direkt ansprechen, einen Job am Flughafen Frankfurt zu übernehmen", berichtet Fraport-Personalvorstand Michael Müller der Deutschen Presse-Agentur. Noch im April will Fraport bei Info-Veranstaltungen in Hotels geeignete Leute finden, die zumindest Grundkenntnisse in Deutsch und Englisch mitbringen. Mindestens fünf Prozent der aktuellen Personallücke, also rund 100 Leute, sollen auf diesem Weg rekrutiert werden. 2019 sollen es dann deutlich mehr werden.

Beim Frankfurter Flughafen werden die Arbeitskräfte knapp. Jetzt soll im EU-Ausland rekrutiert werden.
Foto: Nicolas Economou - shutterstock.com

Am Flughafen werden keineswegs nur qualifizierte Fachkräfte gesucht, die auf dem leer gefegten Rhein-Main-Arbeitsmarkt ohnehin schwer zu finden sind. Auch Ungelernte haben am Flughafen ihre Chancen, etwa bei der Gepäckabfertigung. In einfachen Tätigkeiten können Berufsanfänger zum Einstieg mit rund 25 000 bis 30 000 Euro Bruttogehalt im Jahr rechnen - "deutlich über Mindestlohn", wie Müller anmerkt.

Leben kann man davon im teuren Frankfurt allerdings nur schwer, weswegen Fraport günstige Zimmer in nahegelegenen Pensionen oder eigenen Liegenschaften anbietet. Perspektivisch will das Unternehmen zusätzliche Wohnmöglichkeiten in modernen Apartmenthäusern im nahen Kelsterbach schaffen. "Viel mehr als 300 bis 350 Euro im Monat darf es für den Einzelnen nicht kosten", weiß der Personalvorstand.

Die Arbeitsagentur Frankfurt hat am Flughafen nicht nur für Fraport ein eigenes Vermittlungsbüro eingerichtet. Schließlich suchen auch hunderte Sicherheits-, Fracht- und Serviceunternehmen hier permanent Leute. Zur Jobmesse "Startbahn zum Job" im März hatte allein die Frankfurter Arbeitsagentur 7400 Arbeitslose eingeladen, von denen aber nur jeder Dritte erschien. Ihnen wurden mehr als 8500 konkrete Jobs vorgeschlagen, wobei allerdings noch nicht klar ist, wie oft das tatsächlich zum Erfolg führt.

"Nicht immer passen Anforderungen der Unternehmen und Profil der Arbeitssuchenden zusammen", räumt Agentur-Sprecherin Anna Morales ein. Die Airport-Jobs sind häufig im Schichtdienst, setzen beispielsweise gute Englischkenntnisse und robuste Gesundheit voraus. Die Tätigkeiten im Sicherheitsbereich kann zudem nur erledigen, wer einer polizeilichen Sicherheitsüberprüfung standhält.

Als international aufgestelltes Unternehmen nutzt Fraport seine Präsenz beispielsweise in Griechenland, wo das Unternehmen seit rund einem Jahr 14 Regionalflughäfen betreibt. Auch in den bulgarischen Ferienzielen Varna und Burgas sind die Frankfurter vor Ort. An reinen Saisonkräften sei man aber nicht interessiert, versichert Müller. "Es ist nicht unser Ziel, Fachkräfte für Griechenland auszubilden. Wir suchen Menschen, die dauerhaft am Flughafen Frankfurt arbeiten."

Dafür und für einen Nachzug der Familien sind besondere Anstrengungen zur gesellschaftlichen Integration notwendig, ist sich Müller bewusst. Immerhin arbeiten bei der Flughafengesellschaft Menschen aus 88 Nationen, so dass sich schnell Anknüpfungspunkte über Landsleute ergeben. Betriebssportgruppen und aktive Gemeinschaften wie die griechische Gemeinde in Kelsterbach sind weitere Möglichkeiten.

Der Fraport-Betriebsrat ist angesichts der stark steigenden Passagierzahlen grundsätzlich mit der Anwerbeaktion einverstanden. "Wir dürfen das Stammpersonal nicht bis aufs Letzte auspressen", sagte Betriebsratschefin Claudia Amier. Sie hält dem Management allerdings vor, die Beschäftigtenzahl in den vergangenen Jahren zu stark nach unten gefahren zu haben. Mit dem Wohnungsprogramm sei Fraport auf dem richtigen Weg und komme nun langjährigen Forderungen der Arbeitnehmer nach. (dpa/ad)