Für IT-Dienstleister, die über schlechte Geschäfte klagen, haben die Marktforscher von Gartner Dataquest eine Nachricht. Ob es eine gute oder schlechte ist, dürfte davon abhängen, wie sich die Anbieter von Service und Support künftig positionieren. Dass sie anders auf die angespannte Marktlage reagieren müssen als bisher, ist für Gartner eine ausgemachte Sache. Im Vordergrund der Anstrengungen, empfehlen die Technologie-Gurus, sollte ein bisher vernachlässigtes Segment stehen: der Mittelstand. Sonst würden die Geschäfte dort von Hard- und Software-Anbietern gemacht; die stünden nämlich parat, diesen wachsenden Markt mit IT-Dienstleistungen zu versorgen.
Ob sie die Kompetenz dafür haben oder nicht, spielt vom gegenwärtigen Standpunkt keine Rolle. Denn auch Service- und Support-Anbieter weisen die erforderliche Mittelstandskompetenz bei ihren Kunden allzu oft nicht nach - so sie sie denn besitzen. Ein harsches Urteil, das die Branchenbeobachter da mit Blick auf Deutschland, Großbritannien und Frankreich fällen.
Was machen die IT-Dienstleister falsch? Laut einer Umfrage unter 275 IT-Entscheidern im März und April dieses Jahres ( European Small and Midsize Businesses: Infrastructure Support, 2002 ) verwenden sie nicht genug Mühe darauf, ihre Angebote auf die mittelständische Zielgruppe zuzuschneiden. Stattdessen würden Service Levels für Großunternehmen einfach etwas abgespeckt, und es werde versucht sie den kleineren Kunden zu verkaufen.
Dass das nicht klappen kann, dafür führt die Studie mehrere Gründe an: Zum einen sei die Technologie im Mittelstand nur selten auf dem aktuellsten Stand. Fast zwei Drittel aller kleinen und mittelgroßen Unternehmen verwendeten gegenwärtig zum Beispiel ältere Betriebssoftware, etwa Windows 98 oder sogar 95.
Zweitens seien die IT-Teams mit durchschnittlich 4,4 Kräften zu dünn besetzt, um eine große Anzahl von Awendungen produktiv zu halten. Das müssen dann Dienstleister erledigen, zu konservativ kalkulierten Preisen freilich. Einschlägige Service-Offerten berücksichtigen das jedoch nicht.
Und drittens konstatieren die Forscher, dass Mittelständler sich generell mit Service Levels zufrieden geben müssten, die andernorts, in Konzernen also, nur als beklagenswert eingestuft würden: Einer früheren Umfrage entstammt die Erkenntnis, dass nur 78,4 Prozent aller vereinbarten Service Levels bei der IT-Versorgung des Mittelstands eingehalten würden. Durchschnittlicher Vergleichswert für Konzernkunden: mehr als 90 Prozent.
Auch ohne selbst mitgeforscht zu haben, darf man die Ergebnisse für plausibel halten. Um nur auf den ersten Punkt kurz einzugehen: Bei Windows 9x zu bleiben macht Sinn, wenn die Anwendungen noch laufen. IT-Entscheider freuen sich ohnehin nicht selten auf das Ende der Abschreibungsfrist, weil ein Produkt sich erst danach rechnet. Service-Anbieter, die Betreibern so einer Systemlandschaft ohne Ansicht der individuellen Bedürfnisse erstmal eine Flurbereinigung empfehlen, haben den IT-Mittelstandsmarkt nicht verstanden.
Der ist aber nicht nur durch Sparsamkeit gekennzeichnet. Vor allem geht es darum, Geschäftsprozesse in unterschiedlichen Branchen, Branchensegmenten und Regionen individuell auf IT-Infrastrukturen und Service-Level-Agreements abzubilden. Herunterskalierte Konzern-Blaupausen eignen sich dazu nicht: Stattdessen müssen die Dienstleister sich teils bis hinunter auf Abteilungsebene in die Kundenunternehmen hineinfuchsen. Informationsverarbeitung im modernen Mittelstand ist kaum weniger kompliziert als Konzern-IT.
Theoretisch verstehen die Dienstleister das, davon darf man wohl ausgehen. Aber umgesetzt haben die Erkenntnis offenbar nur wenige. Der Umfrage zufolge werden die meisten Mittelstandskunden noch immer mit Offerten von der Stange abgespeist, wird pure Technologie anstelle von Problemlösungen verkauft.
Immerhin gibt es gute Aussichten auf Besserung. Bei sinkenden Erträgen sind immer mehr Dienstleister gezwungen, auch Kunden zu bedienen, deren Budgets nicht so hoch sind wie ihre Ansprüche an IT-Services. Wer da nicht mitzieht, riskiert den Abgang vom Markt. - Des einen Freud', des anderen Leid.