Microsoft System Center 2012

Frontalangriff auf VMware

17.04.2012 von Thomas Joos
Die neue Version der Management Suite System Center 2012 konzentriert sich auf die Verwaltung von Private Clouds. Die Lizenzierung hat Microsoft vereinfacht.

Das neue System Center 2012 von Microsoft ist nur noch als Paket erhältlich und soll die Server-Verwaltung im Unternehmen wesentlich verbessern.Die Produkte lassen sich nicht mehr einzeln erwerben, mit Ausnahme des Virenschutzes Endpoint Protection 2012.

Die vereinfachte Lizenzierung richtet sich vor allem gegen VMware. Unternehmen soll die Möglichkeit geboten werden, zentral alle Server im Netzwerk zu verwalten, auch virtualisierte Server und vor allem andere Virtualisierungslösungen. System Center 2012 bietet vor allem die Möglichkeit, zentral Server bereitzustellen und zu verwalten. Auch eine Migration von physikalischen Servern oder virtuellen Servern auf Basis von VMware vSphere zu Microsoft Hyper-V 3.0 ist möglich. Um Unternehmen den Einstieg in die komplette Suite zu ermöglichen, gibt es nur noch zwei Editionen. Diese enthalten alle notwendigen Tools, um Server im Netzwerk zu verwalten. Zusätzliche Produkte von Drittherstellern sollen für Unternehmen entfallen. Die Lizenzierung erfolgt auf Basis der verwalteten Endgeräte. In der neuen Version hat Microsoft auch verstärkt darauf geachtet, dass die Produkte in System Center durchgängig über die Powershell ansprechbar sind. Das soll das Skripten erleichtern und eine Automatisierung ermöglichen.


Produkte in System Center 2012

System Center 2012 besteht hauptsächlich aus acht Produkten, die alle Belange einer Server-Verwaltung abdecken:

- System Center Configuration Manager 2012 - SCCM dient in erster Linie der Verwaltung von Endgeräten und der installierten Anwendungen. Die neue Version hat vor allem die Anwender selbst und deren wechselnde Geräte im Fokus. Auch Smartphones lassen sich mit der neuen Version verwalten, allerdings etwas eingeschränkt. Das Produkt ist und bleibt sicher das wichtigste Tool im System Center-Paket.

- System Center Operations Manager 2012 - SCOM hat vor allem die Überwachung der mit SCCM installierten Server und Netzwerkgeräte im Fokus und ergänzt SCCM. Viele Unternehmen setzen SCOM und SCCM zusammen ein.

System Center Operations Manager 2012
SCOM 2012
Operations Manager 2012 mit neuer Installationsoberfläche
SCOM 2012
Erstellen von Verwaltungs-Server-Gruppen
SCOM 2012
Zusammenfassen von Servern zu Gruppen

- System Center Data Protection Manager 2012 - SCDPM 2012 stellt die Datensicherungslösung im System Center dar. Die Lösung kann alle Server im Netzwerk, auch Serverlösungen, sichern und die Backups zentral verwalten.

- System Center Service Manager 2012 - Schwerpunkt des Produkts ist die Anbindung als zentrale Verwaltungsoberfläche und Knotenpunkt für alle System Center-Produkte im Unternehmen, sowie die Bildung von Schnittstellen und deren Verknüpfung und Automatisierung.

- System Center Virtual Machine Manager 2012: SCVMM dient der Verwaltung der virtuellen Server im Netzwerk. Hier lassen sich neben Hyper-V auch andere Virtualisierungslösungen anbinden, darunter vSphere. Viele Unternehmen haben SCVMM außerhalb von System Center lizenziert und müssen in der neuen Version deutlich tiefer in die Tasche greifen.

- System Center Orchestrator 2012: Das Produkt dient der Automatisierung von IT-Prozessen. Microsoft hat das zugekaufte Produkt Opalis in SCO umbenannt und in der neuen Version für die Verwaltung mit der Powershell erweitert. Wie der Service Manager auch findet das Produkt derzeit nur wenig Anklang.

- System Center App Controller 2012: Das Tool soll dabei helfen, Anwendungen im Unternehmen zentral zu verwalten, und zwar in einer Private Cloud oder der Cloud eines Herstellers.Das Tool stellt Vorlagen für Anwendungen bereit, die sich über andere System-Center-Produkte bereitstellen lassen.

- System Center Endpoint Protection 2012: Hierbei handelt es sich um einen Virenschutz, der sich mit SCCM verwalten und verteilen lässt.

System Center Configuration Manager 2012 - Das Schlüsselprodukt

System Center Configuration Manager 2012 ist sicherlich mit das wichtigste Produkt im neuen System Center und enthält die meisten Neuerungen im Vergleich zum direkten Vorgänger. Microsoft integriert die Funktionen des System Center Mobile Device Manager 2008 komplett in SCCM. Dieser bietet jetzt die Möglichkeit Windows Phone 7/7.5-Geräte und andere Systeme zu verwalten. Eine weitere Neuerung ist das ausgeklügelte Regelwerk, welches auf Basis verschiedener Werte wie Arbeitszeit, Standort, Uhrzeit und Endgerät genau die Anwendungen auf den Clients zur Verfügung stellen kann, die der Situation am besten gerecht werden.

SCCM 2012 konzentriert sich im Gegensatz zu Vorgängerversionen nicht auf die PCs der einzelnen Anwender sondern auf die Anwender und die benötigten Applikationen selbst. Diese Änderung des Fokus erleichtert Administratoren die Arbeit. In einer SCCM 2012-Infrastruktur können Anwender mit mehreren unterschiedlichen Endgeräten an den gleichen Anwendungen arbeiten. Die Definition eines primären Gerätes hilft bei der Verteilung von Anwendungen. Umgekehrt können Administratoren auch einem Gerät mehrere Anwender zuweisen. Geräten lassen sich auch primäre Anwender zuweisen, die dann wiederum im System ihre Arbeitszeit hinterlegen können. Auf Basis dieser Daten kann SCCM 2012 dann entscheiden, welche Anwendungen mit den unterschiedlichen Technologien angebunden werden. Auf seinem primären Gerät erhält der Anwender zum Beispiel eine lokale Installation seiner benötigten Anwendungen. Arbeitet er an einem anderen Gerät, erhält er Zugriff über App-V oder einen Remote-Desktop.

Auf Basis der Regeln, die Administratoren hinterlegen, kann SCCM 2012 also automatisiert genau die Anwendungen auf den angebundenen Endgeräten zur Verfügung stellen, die die Anwender benötigen. Dabei lassen sich auch virtualisierte Anwendungen auf Basis von App-V oder Remote-Desktops mit lokalen Installation vermischen. Außerdem können Administratoren Abhängigkeiten zwischen Anwendungen konfigurieren, sodass immer die notwendigen Tools und Anwendungspakete auf den PCs installiert sind. SCCM kann Anwendungen auch wieder von PCs entfernen und deinstallieren. Die Installation von Anwendungen kann automatisiert erfolgen, oder Anwender installieren die zugeordneten Programme über das neue Webinterface selbst auf dem Endgerät. Im Portal sehen Anwender dann alle Programme, die sie aktuell auf dem entsprechenden Gerät verwenden können.

SCCM hilft auch bei der Bereitstellung von Betriebssystemen im Unternehmen. Linux und Unix lassen sich mit SCCM 2012 besser verwalten als mit den Vorgängerversionen. Optimal unterstützt werden AIX, HP-UX, Red Hat Enterprise Linux, Solaris und Suse Linux Enterprise Server.

Auch die Aufteilung der Sites hat Microsoft überarbeitet. Die oberste Ebene einer SCCM 2012-Infrastruktur ist die Central Administration Site (CAS). Mit dieser lassen sich alle Standorte anbinden und verwalten. Der CAS sind keine Clients zugeordnet;sie dient nur der zentralen Verwaltung aller Server und Sites. Einer CAS lassen sich daher mehrere primäre Sites zuordnen und zentral verwalten. Die CAS behält dazu die Kontrolle über die Datenbank und die zentrale Konfiguration der SCCM-Infrastruktur. Sie kann auch Berichte erstellen. Primäre Sites können bis zu 100.000 Clients anbinden und stellen keine Begrenzung mehr für Sicherheitseinstellungen, Rechte oder Einstellungen dar. Sekundäre Sites lassen sich zu Distribution Points herabstufen, primäre Sites lassen sich nicht mehr anpassen. Auf diese Weise ist die Verwaltung wesentlich einfacher als noch in Vorgängerversionen.

Ebenfalls neu ist die Active Directory Forest Discovery. Mit dieser Technik kann SCCM 2012 mehrere Active Directory-Gesamtstrukturen erkennen und verwalten.Die Verwaltungsoberfläche hat Microsoft ebenfalls komplett überarbeitet. SCCM 2012 arbeitet mit einer rollenbasierten Zugriffsberechtigung (RBAC), ähnlich wie Exchange Server 2010.

Editionen und Lizenzen im Vergleich

Mit der Standard Edition sollen Unternehmen lokal installierte Server verwalten können, auch virtuelle Server. Große Unternehmen lizenzieren die Datacenter Edition. Diese ist vor allem für die Verwaltung von Cloud-Systemen gedacht. Hierbei konzentriert sich Microsoft vor allem auf Private-Cloud-Systeme, also Umgebungen mit einer sehr großen Anzahl an virtuellen Servern, die mehrere Standorte miteinander verbinden. Beide Pakete umfassen alle System-Center-Produkte sowie die notwendigen Lizenzen für die Installation einer SQL Server-Datenbank. Der wesentliche Unterschied der beiden Editionen besteht in den erlaubten installierten Betriebssystemen. Die Standard Edition erlaubt zwei Betriebssysteme auf einem Server. Im Falle eines Hyper-V-Hosts also den Host selbst und einen virtuellen Server.

Einer der Gründe, warum Microsoft die Produkte in der neuen Version bündelt, ist sicherlich die mangelnde Verbreitung der Randprodukte. Unternehmen haben in der Vergangenheit doch eher auf System Center Configuration Manager und teilweise noch auf System Center Operations Manager gesetzt. Die restlichen Produkte sind eher weniger verbreitet, vielleicht noch mit Ausnahme des Vitual Machine Managers. Auch bei einer Bündelung sind aber in vielen Unternehmen Randprodukte wie Orchestrator oder Service Manager schlicht nicht notwendig, da entweder bereits andere Produkte im Einsatz sind, oder sich das Produkt nicht lohnt. Administratoren dürfen auch nicht vergessen, dass jedes System Center-Produkt auch verwaltet, gewartet und installiert sein will.

Lizenzierung im Detail

Auch wenn Microsoft die Lizenzierung vereinfacht hat, stecken noch viele Fallstricke im System. Zunächst spielen die installierten Betriebssysteme eine Rolle – genauer gesagt diejenigen auf dem Virtualisierungs-Host - und die virtuellen Server. Allerdings müssen hier nur die verwalteten Systeme einbezogen werden, nicht die Verwaltungs-Server, und auch nicht die Datenbank-Server.Zudem müssen Administratoren noch die Prozessoren der angebundenen Client-Systeme zählen. Auf dieser Basis sind dann Entscheidungen notwendig, ob mehrere Standard Edition-Lizenzen günstiger sind als weniger Datacenter Editionen.

Hinzu kommen die verschiedenen Verträge, die Unternehmen mit Microsoft eingehen können. Im Schnitt kostet die Datacenter Edition knapp das Dreifache der Standard Edition (3.600 Dollar zu 1300 Dollar). Der größte Unterschied zwischen den Editionen ist die Anzahl der erlaubten installierten Betriebssysteme auf den verwalteten Servern und Hyper-V-Hosts. Die Standard Edition erlaubt die Verwaltung von zwei installierten Systemen (Hyper-V-Host und eine VM), die Datacenter Edition eine unbegrenzte Anzahl. Allerdings sind pro Lizenz bei beiden Editionen nur zwei Prozessoren berücksichtigt. Die Kerne dieser CPUs spielen dabei keine Rolle. Ein Server mit vier Prozessoren benötigt daher zwei Lizenzen. Wer die Software einsetzen will kommt um eine ausführliche Lizenzberatung nicht herum. Die Lizenzierung ist unterm Strich zwar einfacher geworden, aber längst nicht einfach genug. Über ein Whitepaper lassen sich die häufigsten Fragen schon einmal beantworten.

Fazit System Center 2012

Microsoft System Center 2012 bietet zweifellos viele Neuerungen. Der Haken: Unternehmen, die bisher nur einzelne Produkte gekauft und lizenziert haben, bekommen jetzt auch noch alle anderen Produkte dazu und müssen diese auch lizenzieren. Das kostet mehr Geld als vorher. Ob sich die zusätzlichen Produkte im Einzelfall lohnen, lässt sich nur nach einer sorgfältigen Analyse festlegen. Alle Produkte im System Center sind sicher in den seltensten Fällen notwendig. Wenn Unternehmen aber ohnehin beabsichtigen, neue Sicherungslösungen und einen Virenschutz zu erwerben, kann sich System Center rechnen. Die einzelnen Produkte sind recht ausgereift und bieten einen echten Mehrwert. Allerdings sind alle Komponenten im System Center sehr komplex zu verwalten. Es kommen also auch noch Schulungskosten auf die Unternehmen zu. Da Windows 8 Server vor der Tür steht, gilt es auch hier zu beachten, wie das neue Betriebssystem mit System Center 2012 zusammenarbeitet. Unternehmen, die bereits ein Produkt aus der System-Center-Reihe einsetzen und eine Migration auf Windows 8 planen, sollten mit einem Umstieg auf System Center 2012 besser warten. (wh)