Neue Arbeitszeit-Modelle

Führungskräfte wollen flexibler arbeiten

16.02.2011 von Christiane Pütter
Unternehmen planen flexible Arbeitszeit-Modelle an den Bedürfnissen ihrer Spitzenkräfte vorbei. Hier ist der Vorstand gefordert, sonst wandern Top-Manager ab. Das erklärt der Unternehmensberater Bain & Company in einer Analyse.
Insgesamt 94 Prozent der weiblichen und 78 Prozent der männlichen Top-Manager möchten auch mal weniger oder von zu Hause arbeiten.
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Wer glaubt, flexible Arbeitszeit-Modelle seien nur etwas für junge Mütter, der irrt. Laut einer Studie der US-Unternehmensberatung Bain & Company will die Mehrheit der Top-Manager flexibel arbeiten. Die Firmenleitungen können das jedoch nicht anbieten und laufen Gefahr, Spitzenkräfte zu verlieren. Das geht aus der Analyse "Flexible work models: How to bring sustainability to a 24/7 world" hervor, für die Bain weltweit 3.300 Manager in verantwortungsvollen Positionen befragt hat.

Demnach hegen 94 Prozent der Frauen und 78 Prozent der Männer den Wunsch nach mehr Bewegung bei den Arbeitszeit-Modellen. Gleichzeitig erklären aber nur 46 Prozent (Frauen) beziehungsweise 25 Prozent (Männer), das auch umzusetzen.

Dabei kann sich der Begriff Flexibilität auf Arbeitsort, Arbeitsstunden oder Arbeitsaufgaben beziehen. So möchte mancher Befragte gern so viel arbeiten wie bisher, aber von zu Hause aus. Andere würden gern Stunden reduzieren. Wieder andere wünschen sich, vorübergehend eine weniger stressige Aufgabe zu übernehmen.

Das deutet bereits an, wo Bain den Knackpunkt sieht: Viele Unternehmen fahren einen "One size fits all"-Ansatz, der an den Bedürfnissen ihrer Spitzenleute vorbeigeht. Bain ordnet die Befragten in vier Kategorien ein. Diese lauten:

1. Skeptiker: Circa 30 Prozent der Studienteilnehmer gelten als Skeptiker. Sie möchten weiterhin Projekte leiten und sähen gern Beweise dafür, dass flexible Modelle funktionieren. Hier wäre Unterstützung durch das Top-Management nötig.

2. Aufsteiger: Sie wollen flexibel arbeiten - später. Jetzt ist ihnen erst einmal die eigene Karriere wichtig. Dafür nehmen sie häufige Geschäftsreisen und ständige Erreichbarkeit in Kauf. Bain teilt 24 Prozent der Befragten in diese Gruppe ein.

3. Unterbrecher: Weitere 24 Prozent sind Unterbrecher. Bain beschreibt sie als "selbstsicher und reif". Ihr Wunsch: die derzeitige Position vorübergehend zu verlassen oder eine weniger intensive Aufgabe zu übernehmen. Nach der Pause möchten sie aber in ihren alten Job zurück.

4. Alternative: 22 Prozent sind Alternative. Sie legen zum Beispiel viel Wert auf freie Wochenenden und verzichten lieber auf eine schnelle Karriere als auf ihre Work-Life-Balance. Nichtsdestoweniger leisten sie viel und sind loyale Mitarbeiter - wenn der Arbeitgeber ihren Wunsch nach geregelter Freizeit akzeptiert.

Die Angst, als arbeitsscheu zu gelten

Unabhängig von faktisch angebotenen oder nicht angebotenen Arbeitszeitmodellen steht den Befragten nicht selten auch die eigene Angst im Weg. So erklärte eine ältere Studienteilnehmerin, sie fürchte, ihr Wunsch nach flexibler Arbeit könne als schrittweiser Abschied in den Ruhestand aufgefasst werden. Ein jüngerer Befragter munkelte, die Kollegen könnten ihm Arbeitsscheu unterstellen.

Bain & Company sieht hier die Unternehmensspitze gefordert. Die Geschäftsführung müsse solche Angebote "sichtbar unterstützen und am besten selbst nutzen", so die Berater. Eben das wünschen sich denn auch 86 Prozent der Befragten.

Wettbewerbsvorteil im "War for Talents"

Für Bain ist das mehr als ein "Nice to have". Vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftemangels gehen die Experten davon aus, dass sich flexible Arbeitsmodelle "zum echten Wettbewerbsvorteil für Unternehmen" entwickeln.

Schließlich steigen Loyalität und Zufriedenheit der Mitarbeiter, wenn sie ihre Tätigkeit flexibler gestalten können. Laut den Autoren der Studie empfehlen die Menschen ihren Arbeitgeber oder dessen Produkte dann häufiger weiter. Die Bindung zum Unternehmen steige bei Männern um 25 Prozent, bei Frauen sogar um 40 Prozent.

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