Die Zahl der digitalen Rechnungen nimmt stetig zu, wenn auch nicht in dem Maße, das viele Analysten vorhergesagt haben. Noch immer dominiert die papiergebundene Rechnung gegenüber ihrem digitalen Pendant.
So zeigt etwa eine aktuelle Studie der Management- und Technologieberatung Bearingpoint, dass Unternehmen im Bereich E-Invoicing noch Aufholbedarf haben: Immerhin ein Drittel (35 Prozent) der in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragten Unternehmen arbeitet nach wie vor ausschließlich mit Papierrechnungen. Nicht einmal jedes sechste Unternehmen (15 Prozent) hat dagegen schon maximal die Hälfte ihrer Eingangsrechnungen digitalisiert.
Dabei, meint Steffen Tampe, Technology Director bei Bearingpoint, im Magazin Finanzen Markt & Meinungen, dass die Vorteile von E-Invoicing klar auf der Hand liegen: "Neben Kostenreduzierungen lassen sich damit unter anderem transparente, skalierbare Prozesse, höhere Flexibilität und deutliche Qualitätssteigerungen erreichen", so der Technologieexperte. "Elektronische Rechnungsverarbeitung bietet die Chance auch Wachstum ohne zusätzliches Personal im Rechnungswesen aufzubauen."
Und Miikka Savolainen, Director beim Informations- und Dokumentenlogistiker Itella, ergänzt, dass "allein bei den Prozesskosten" Einsparungsmöglichkeiten von "bis zu 90 Prozent" realisierbar seien.
Eine Studie der Europäischen Kommission hat ein Sparpotenzial von 72 Prozent beim Wechsel von der herkömmlichen Papierrechnung zur elektronischen Rechnung ausgemacht. Und in einer anderen Untersuchung wurde ermittelt, so der Rechnungsexperte Günter Brettschneider in der Computerwoche, dass eine per Post versendete Rechnung im Durchschnitt mit 16,16 Euro zu Buche schlägt, während der Gesamtprozess des standardisierten Datenaustauschs ganze zwei Euro kostet.
In der Rechnungslogistik liegen viele Potenziale brach
Besonders in der Rechnungslogistik, so Itella, lägen in vielen Unternehmen noch immer Potenziale brach. Firmen sollten sich außerdem "im kommenden Jahr für die Herausforderungen der Zukunft wappnen", was immer das genau heißen mag. Jedenfalls hat Itella fünf Themen identifiziert, die im kommenden Jahr von Bedeutung sein werden:
1. Mit Outsourcing aus der Krise
Einer Umfrage unter finnischen CFOs zufolge suchen diese im ausgehenden Jahr besonders nach preiswerten Alternativen für das Outsourcen ihrer Finanzprozesse. Auf Zuverlässigkeit, Servicequalität und Flexibilität möchten die Finanzverantwortlichen dennoch nicht verzichten.
Übergibt ein Unternehmen beispielsweise die Prozesse seiner Rechnungslogistik an einen Dienstleister, macht es damit auf einen Schlag die anfallenden zu variablen Kosten ("variabilisieren"). Hat ein Unternehmen in Zeiten des Aufschwungs viele Projekten mit schmalen Budgets und limitierten Ressourcen zu stemmen, übernimmt der Dienstleister die Aufgaben zuverlässig und kann die Produktion mit steigendem Auftragsaufkommen und Erreichen der Normalauslastung im Unternehmen flexibel und sukzessive anpassen.
2. Internationalisierung der Rechnungsprozesse
In den letzten Jahren lag das Hauptaugenmerk vieler Firmen auf der erfolgreichen Internationalisierung der Kernprozesse. Nun gewinnt die länderübergreifende Optimierung und Zusammenführung nachgelagerter Abläufe wie der Rechnungslogistik etwa in Shared Service Centern an Bedeutung. Wer Standorte im Ausland betreibt oder mit ausländischen Kunden und Lieferanten zusammenarbeitet, muss zwischen maximaler Zentralisierung und damit verbundenen Skaleneffekten und lokalen Besonderheiten abwägen.
Nationale Vorschriften beachten
In einer professionellen IT-Verarbeitung gilt es beispielsweise im Rechnungsausgang nationale Layouts, Vertragsbedingungen oder Formvorschriften zu beachten. Anschließend können die Dokumente für den Postversand zentral gedruckt und über "Local entry-Partner" Kosten sparend ins Land der Rechnungsstellung versandt werden.
Insbesondere im internationalen e-Invoicing sind Dienstleisternetzwerke aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen eine sichere, schnelle und effiziente Umsetzungsmöglichkeit. Auch im internationalen Rechnungseingang verspricht eine Zentralisierung Kostenvorteile und mehr Überblick. So hilft etwa das Scannen der Rechnungen im Ursprungsland und die digitale Weiterleitung an den zentralen Rechnungseingang Zeit und Geld zu sparen.
3. Rechnungsprozesse überwinden Abteilungsgrenzen
Generell, so Itella, zeige sich im Markt ein zunehmendes Verständnis der Rechnungslogistik als Einheit, über die man auch verwandte Prozesse optimieren kann. So seien etwa in der Beschaffung elektronische Prozesse oft schon Standard.
Auf Basis eines solchen Systems ist es leicht, eine Rechnungs-Plattform mit der Lösung zu verbinden und um elektronisches Mapping der Einkaufs- und Rechnungsdaten zu ergänzen. Durch die Verknüpfung beider Systeme erfolgen dann der Abgleich der entsprechenden Rechnungsposition mit Bestellung und Wareneingang und die Freigabe der Rechnung. Das Ganze funktioniert vollautomatisch, anstatt ineffiziente interne Umlaufprozesse zu durchlaufen.
Auch im Rechnungsausgang entdecken Unternehmen Potenziale in der engeren Verknüpfung von Rechnungswesen und Marketing: Personalisierte Werbung lässt sich etwa direkt in die Geschäftsdokumente integrieren. Die Dokumente sind als Trägermedium besonders attraktiv, da einer Umfrage von InfoTrends zufolge Empfänger von Rechnungen, Kontoauszügen oder Abrechnungen ihre Unterlagen fast drei Minuten studieren, statt sie nur schnell zu überfliegen. Teuer produzierte Direkt-Mailings erreichen nicht annähernd diese Aufmerksamkeit.
4. Praxistaugliche Migrationskonzepte zur e-Rechnung
Papierrechnungen werden über einen absehbaren Zeitraum erhalten bleiben, auch wenn E-Invoicing auf dem Vormarsch bleibt. Für 2010 gilt daher die Formel "Evolution statt Revolution". Unternehmen sollten nicht mehr nur zwischen "e" und "Papier" unterscheiden. Vielmehr müssen sie die Grundlage für einen geplanten und effizienten Übergang in Rechnungsein- und -ausgang legen.
Da in den seltensten Fällen zwei miteinander kooperierende Unternehmen gleichzeitig auf e-Rechnungen umstellen, gilt es, Hemmschwellen abzubauen und selektiv den Druck auf die Geschäftspartner zu erhöhen. Dazu zählen etwa die immer populärer werdenden Maßnahmen wie gezielte Rabattaktionen oder Bearbeitungsgebühren pro Papierrechnung.
5. Staatliches Engagement zur Förderung der e-Rechnung
Europaweit sollen die technischen Standards und Gesetze zur elektronischen Rechnungsstellung vereinheitlicht werden. Insgesamt 18 Milliarden Euro ließen sich bei den Unternehmen dadurch an Verwaltungskosten einsparen.
Digitale Rechnungen für den Klimaschutz
Auch die neue Regierung in Deutschland hat in ihrem Koalitionsvertrag einen unbürokratischen Umgang mit der elektronischen Rechnungsstellung festgeschrieben. Zwar dauert die Legislaturperiode bis 2013; erste Entscheidungen zur Gesetzgebung sind jedoch schon 2010 Jahr möglich, insbesondere im Rahmen von De-Mail und vor dem Hintergrund des Klimaschutzes. Denn elektronische Rechnungen bieten nicht nur Vorteile für die Unternehmen, sondern auch für die Umwelt: 40 Prozent weniger CO2, hat Itella ausgerechnet, sind mit papierlosem Rechnungsversand möglich. Und das ist doch mal eine wirklich gute Nachricht.