Aktionsplan "BEPS"

G20 nimmt Steuertrickser-Konzerne ins Visier

21.09.2014
Multinationale Konzerne wie Apple, Amazon und Co. können Gewinne und Kosten über Ländergrenzen hin und her schieben. Ihnen gelingt es so, Steuern kräftig zu drücken. Das ärgert viele, vor allem den Fiskus.

Die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) haben Steuertricksereien internationaler Konzerne den Kampf angesagt. Die nutzen legale Schlupflöcher, um trotz hoher Gewinne die Steuerlast zu drücken. Bis Ende 2015 soll ein von der OECD erstellter Aktionsplan gegen "aggressive Steuergestaltung" und Gewinnverlagerungen endgültig stehen. Die G20-Finanzminister billigten erste Empfehlungen, streiten aber weiter über Sparmodelle zugunsten der eigenen Wirtschaft. Auch deutsche Firmen möchten wie die Konkurrenz ihre Steuerlast künstlich klein rechnen.

Worum geht es beim Problem "aggressiver Steuergestaltungen"?

Für Steuerdirektoren großer Konzerne ist der Aktionsplan mit dem Kürzel BEPS ein Schreckgespenst. BEPS steht für "Base Erosion and Profit Shifting". Im Kern geht es darum, dass multinationale Unternehmen unter geschickter Ausnutzung nicht abgestimmter Regeln ihre Steuerlast kräftig drücken. Das führt nicht nur zu Ausfällen in Staatskassen, sondern benachteiligt auch lokale Unternehmen.

Und wie funktionieren solche Gewinnverlagerungen?

Internet-Konzerne wie Apple, Amazon oder Google, aber auch andere Multis schieben Gewinne, Kosten und Aktivitäten über Ländergrenzen hin und her. Verlagert werden Patente, Markenrechte, Lizenzgebühren oder Darlehenszinsen in Tochterfirmen in Steueroasen. Das drückt den zu versteuernden Gewinn. Viele US-Konzerne senken ihre Steuerlast auf im Ausland erzielte Gewinne erheblich.

Wie sollen die Steuerschlupflöcher gestopft werden?

Grundsätzlich sollen Firmen künftig dort Steuern zahlen, wo sie Produkte fertigen und Patente entwickeln - und nicht dort, wo Briefkastenfirmen unterhalten werden. Die Regeln zur Besteuerung von Betriebsstätten sind teils fast 100 Jahre alt. Bis Ende 2015 soll ein Gesamtpaket stehen - auf Basis eines Aktionsplans der Industrieländer-Organisation OECD.

Worum geht es in dem OECD-Aktionsplan?

Um die Besteuerung von Internetfirmen und deren Geschäftsmodelle etwa. Im Zeitalter von Onlinehandel und mobilen Download-Läden wird es immer schwieriger zu klären, welchem Land Geschäfte sowie Produkte und damit Gewinne und Steuern zuzuordnen sind. Sonderregelungen für Internetfirmen soll es aber nicht geben.

Ist der steuerliche Umgang mit Internet-Riesen der einzige Bereich?

Nein. Gelöst werden soll auch das Problem der "doppelten Nichtbesteuerung". Das passiert, wenn zwei Länder die Rechtsform eines Unternehmen und Transfers unterschiedlich einstufen, so dass Zahlungsströme gar nicht mehr besteuert werden. Tochterfirmen machen also Zahlungen an ihre Zentrale im Ausland als Zinsen steuermindernd geltend, die Konzernmutter aber streicht das Geld als steuerfreie Dividende ein.

Welche Empfehlungen liegen noch vor?

Konzerne sollen sich nicht mehr arm rechnen können, indem sich Mutter und Töchter völlig überhöhte Preise für interne Leistungen in Rechnung stellen. Ein Missbrauch von Doppelbesteuerungsabkommen soll eingedämmt werden. Davon gibt es weltweit etwa 3000. Geplant ist ein multilaterales Instrument, um Änderungen schnell umzusetzen. Schließlich sollen Konzerne den Steuerbehörden mitteilen, wie viel Steuern sie wo bezahlen.

Aber auch in der EU locken doch Länder mit Steueranreizen?

Lizenzgebühren sind beliebt, um steuerpflichtige Gewinne bei einem Konzernteil in einem Land zu drücken, die bei einer Tochter als Einnahmen gering belastet werden. Lizenzeinkünfte werden dort minimal besteuert, ohne dass tatsächlich geforscht und entwickelt wird. Der Druck auf Firmen, dies aus Konkurrenzgründen zu nutzen, steigt ebenso, wie der Druck auf Staaten, ähnliche Regelungen einzuführen. Solche "Lizenz-" oder "Patent-Boxen" haben in der EU trotz der Bekenntnisse zum Kampf gegen Steuerschlupflöcher eher zugenommen. In diesem Punkt herrscht daher noch keine Einigkeit.

Wie steht Deutschland zu solchen "Patentboxen"?

Eigentlich soll auch dieses Sparmodell abgeschafft werden. Derzeit geht es um zumindest einheitliche Regeln. Was umstritten ist. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lotet daher aus, hierzulande einen niedrigeren Steuersatz für Patenterlöse einzuführen, um Forschung anzukurbeln. Bisher werden Forschungserlöse mit etwa 30 Prozent fast sechsmal höher besteuert als in den Niederlanden, dreimal höher als in Großbritannien. (dpa/rs)