Protektionismus

Gabriel will Schlüsseltechnologien vor Übernahmen schützen

30.10.2016
Immer häufiger kaufen chinesische Investoren Firmen in Europa - auch in Deutschland. Nun wächst die Sorge, dass es dabei zum Ausverkauf von Know How kommt. Berlin will dem künftig einen Riegel vorschieben.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD)
Foto: Bundesregierung / Bergmann

Angesichts gehäufter Übernahmen deutscher Unternehmen durch chinesische Investoren will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) heimische Schlüsseltechnologien besser schützen. Es müsse klar sein, "dass Deutschland und Europa sich für die Zukunft Instrumente schaffen werden, um sicherheitsrelevante Technologien zu schützen, wo dies geboten ist", schreibt Gabriel in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung "Die Welt". "Wir werden auch weiterhin ausländische Investoren mit einem echten wirtschaftlichen Interesse willkommen heißen. Wir werden aber Fälle zu unterscheiden lernen, in denen ein staatlich beherrschtes Unternehmen Technologie-Aneignung mit geopolitischer Machterweiterung verbindet."

Gabriel wird bei seiner Reise vom 1. bis 5. November nach China unter anderem Gespräche mit Regierungsvertretern führen. Die Themen sind noch nicht öffentlich bekannt. Deutschland ist der größte Handelspartner Chinas in Europa.

Deutschland sei eine der offensten Volkswirtschaften der Welt, schreibt der Minister. "Umso schwieriger ist es für uns, dass in China Direktinvestitionen durch europäische Unternehmen immer weiter erschwert und nur unter diskriminierenden Auflagen erlaubt werden, China selbst aber mit einer langen Liste interessanter Unternehmen bei uns auf Einkaufstour geht - mit der erkennbaren Absicht, sich strategische Schlüsseltechnologien anzueignen."

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner verlangt zügige Schritte gegen einen technologischen Ausverkauf. "Die Bundesregierung muss hier handeln und zwar schnell", sagte Aigner der Zeitung "Welt am Sonntag". "Es geht nicht um grundsätzliche Abgrenzung, aber wir müssen Regeln definieren, die verhindern, dass Konzerne, hinter denen ganze Staaten und deren Subventionen stehen, unsere Firmen schlucken", sagte die CSU-Politikerin. Deren Engagement habe mit Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. "Da werden Preise geboten, die kein normaler Investor bieten kann und würde. Auch müssen wir sicherstellen, dass deutsche Unternehmen in diesen Ländern die gleichen Zugangsvoraussetzungen haben."

Chinesische Unternehmen hatten in Europa zuletzt mit mehreren großen Übernahme-Angeboten für Aufsehen gesorgt. Der chinesische Elektrogeräte-Hersteller Midea hatte bis Anfang August fast 95 Prozent der Aktien des deutschen Roboterbauer Kuka für rund 4,5 Milliarden Euro gekauft. Deutschen Firmen sind solche Übernahmen in China nicht erlaubt. Aktuell laufen Übernahmeangebote für den Produktionsmaschinen-Hersteller Aixtron und für die Osram-Sparte Ledvance - diese sind aber in der Schwebe.

Bei Ledvance nimmt die Bundesregierung momentan die rechtliche Grundlage des Verkaufs unter die Lupe. Der Investor hat eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragt. Dabei wird nach "Maßstäben des Außen- und Wirtschaftsrechts" geprüft, ob eine "Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" vorliegt.

Bei der Übernahme von Aixtron hatte das Wirtschaftsministerium seine Unbedenklichkeitsbescheinigung gegen einen Verkauf nach China zurückgezogen. Zu den Gründen machte die Regierung keine offiziellen Angaben. Laut einem "Handelsblatt"-Bericht unter Berufung auf Geheimdienstkreise sollen die USA den Deal blockiert haben - angeblich aus Angst, dass Aixtron-Produkte auch militärisch genutzt werden können. Das Unternehmen aus Herzogenrath bei Aachen stellt Produktionsmaschinen für die Chipindustrie her. (dpa/rs)