Blick in die Glaskugel

Gartner: 12 Trends für 2014

09.12.2013 von Werner Kurzlechner
Gartner schaut in die Glaskugel für 2014 - und sieht darin nicht nur Schönes. Versicherungen bekommen Fehlplanungen bei mobilen Apps zu spüren; für Life Science-Firmen erweist sich Big Data als Bumerang. 3D-Printing nimmt zwar mächtig Fahrt auf, spielt aber auch Produkträubern in die Karten.
Transformation bleibt branchenweit auch im neuen Jahr ein geschäftskritisches Phänomen.
Foto: Tanja Jäckel - Fotolia.com

Viele Branchen stehen 2014 großen Herausforderungen gegenüber. Sie werden keine andere Wahl haben, als ihr bisheriges Geschäftsmodell radikal zu ändern. Im vergangenen Jahr haben sich viele Entscheider auf die Adaption neuer Technologien konzentriert, um den geschäftlichen Betrieb zu verbessern. Etwa, indem auf Entwicklungen wie den "Nexus of Forces" Antworten gesucht wurden. Mittlerweile passiert etwas ganz anderes: Die Verantwortlichen verlassen gänzlich ihre Geschäftsmodelle und -prozesse. Getrieben wird dieserTrend zum Teil durch die Herausforderung "Consumer Empowerment" und durch Veränderungen des Marktes, die in vielerlei Hinsicht tiefgreifender sind als in der Vergangenheit. Für traditionsverhaftete Unternehmen ist das nur mit Mühe zu bewältigen. Hinzu kommt die Notwendigkeit, dass Business zu digitalisieren und Kundenzentriert auszurichten. Das erfordert neue Ansätze der Informationsbereitstellung, Kommunikation und Transaktion.

Business-Führungskräfte und CIOs müssen vor diesem Hintergrund mit Bedacht ihre branchenspezifischen Strategie-Anforderungen bewerten. Dabei sind die Bedürfnisse der Kunden und Geschäftspartner zu berücksichtigen. Es gilt einen Transformationsplan zu entwerfen, der auf der Verfügbarkeit neuer Technologien, den Veränderungen der Kundendemografie und des Konsumentenverhaltens und den Marktbedingungen basiert. Um den Entscheidern für 2014 eine Orientierungshilfe zu geben, hat Gartner zwölf strategische Planungsannahmen zusammengestellt. Diese spielen Gartner zufolge 2014 eine gewichtige Rolle; inwieweit sie für einzelne Unternehmen von Bedeutung sind, hängt von den individuellen Umständen ab.

1. Transaktionen in die Wolke

Wegen eines schlechten Returns on Equity werden mehr als 60 Prozent der Banken weltweit die Mehrzahl ihrer Transaktionen in die Cloud verschieben. Um überlebensfähig zu bleiben, müssen Banken und Investment-Firmen Profitmargen erreichen können, die einen Return on Equity von mindestens 14 Prozent liefern. Services aus der Cloud versprechen die erforderlichen Einsparungen bei verbesserter Performance und Kundenzufriedenheit. Vor allem in entwickelten Märkten werden Banken zwangsläufig eine von drei Optionen wählen müssen: erstens die Optimierung ihres bisherigen Betriebsmodells; zweitens die Umwandlung in Richtung Self Service - ein kompletter technologischer und kultureller Wandel also, der rigoros auf die billigsten Produkte setzt und persönliche Beziehungen zu den Kunden opfert; oder drittens die Entwicklung von "Concierge"-Diensten für den Massenmarkt - eine Kombination aus extensiven Technologiebasierten Self-Service-Optionen und personalisierten und kostenpflichtigen Premium Services. Für Banken-CIOs empfiehlt es sich, auf jeder Ebene Aktivitäten für die Kundenmassen von jenen zur Differenzierung zu trennen. Sinnvoll könnten hybride Cloud-Modelle statt einseitig Private Clouds und eine Zusammenarbeit mit einer Vielzahl an Outsourcing-Providern sein. In den Blick sollten branchenspezifische Cloud Service Brokerages genommen werden.

2. 3D-Printing:

Bis 2017 werden 70 Prozent der führenden Multichannel-Händler 3D-Printing-Technologien nutzen, um Kundenbestellungen zu generieren. Diese Technologie wird eine transformatorische Wirkung auf die Retail-Branche haben. Das Wachstum in diesem Technologie-Segment spiegelt sich in der Konsolidierung auf Anbieter-Seite wider. Die beiden Branchentrends der Personalisierung und Customization bieten einen guten Nährboden für die Implementierung von 3D-Druckern. CIOs dieser Branche empfiehlt Gartner unter anderem, dem Business bei der Entdeckung dieser Technologie zu helfen. Das kann durch die experimentelle Herstellung kleiner Stückzahlen an Musterprodukten mit hoher Marge geschehen. Geeignet sind beispielsweise Modeschmuck oder Rahmen für Brillengläser.

3. CIO oder CDO

Mehr als 60 Prozent der staatlichen Organisationen, die derzeit einen CIO und einen Chief Digital Officer (CDO) beschäftigen, werden bis 2017 eine der beiden Rollen eliminieren. Als Antwort auf konvergente Technologie-Trends und das Open Data-Gebot werden derzeit neue IT-Führungspositionen geschaffen. Sie sollen digitale Government-Strategien entwickeln und implementieren. Es fehlt in vielen der öffentlichen Institutionen aber an einer klaren Entscheidungshierarchie und klaren Verantwortlichkeiten zwischen CIO, CDO, CTO oder auch Chief Data Officer. Mehr als ein Fünftel der von Gartner kürzlich befragten CIOs berichten, dass sie derzeit einen Teil der CDO-Aufgaben schultern. Die Gefahr ist in jedem Fall vorhanden, dass Investitionsentscheidungen zunehmend an der IT vorbei getroffen werden und der CIO irgendwann überflüssig erscheint.

Entscheider im Bereich Public IT sollten vorbeugend eine digitale Strategie konzipieren, die komplett mit der Geschäftsstrategie der Einrichtung verzahnt ist. Zudem sollten IT-Führungskräfte aufgebaut werden, die kommunikationsgeübt sind und Synergie-Mehrwert aus Social Networking, mobiler Kommunikation, Data Analytics und der Cloud for Government herausholen können.

4. Big Data-Analytics

Zwei Fünftel der Versorger, die Smart-Metering-Lösungen im Einsatz haben, werden bis 2017 cloudbasierte Big Data Analytics anwenden. Advanced Metering Infrastructure (AIM) liefert zwar eine wachsende Menge an Daten. Die Verarbeitung dieser Flut in handlungsanleitenden Informationen überfordert aber derzeit noch viele Versorger. Die Branche hinkt selbst in der Adaption konventioneller Business-Intelligence-Technologien hinterher und verlässt sich bei Business-Analytics-Initiativen stark auf externe Provider. Um wenigstens einen Teil der Anforderungen zu meistern, die durch Smart Metering im Big Data-Bereich entsteht, wird man sich künftig auf externe Dienstleister verlassen müssen. CIOs der Branche ist zu raten, die Cloud als mögliche Sourcing-Option dafür zu prüfen und mit kleinen Pilot-Implementierungen von Use Cases für cloud-basierte Big Data Analytics zu beginnen, bevor ein umfangreicheres Engagement eingegangen wird.

5. Mangelhafte Mobile Apps

Versicherungen werden bis 2015 zwei Fünftel ihrer aktuellen an die Kunden gerichteten mobilen Apps einstampfen. Sie sprechen die Zielgruppe schlichtweg nicht so an, wie es erforderlich wäre. Die mobilen Angebote werden von den Kunden häufig nicht verstanden; die mobilen Funktionen haben außerdem nur begrenzten Einfluss auf die Kaufentscheidungen. Überdies sind viele der Apps schlecht - und oft überstürzt - gestaltet. Sie laufen den gebräuchlichen Anwendungsszenarien zuwider. Branchen-CIOs sollten detaillierte Wertanalysen durchführen, bevor in mobile Apps investiert wird. Außerdem sollte direktes Feedback der Kunden eingeholt werden.

6. Medizinische Datenbanken

Die vollständige Sequenzierung des menschlichen Genoms wird einen neuen Markt für medizinische Datenbanken stimulieren. Bis 2016 wird der Marktanteil bei drei Prozent liegen. Fallende Preise für die Sequenzierung - sie bewegen sich derzeit rapide in Richtung 100 US-Dollar - werden die Healthcare-Branche dazu zwingen, ihre bisherige Herangehensweise an Patiententests und Data Storage zu überdenken. Anders als bei Standard-Labortests muss bei Gen-Tests nicht jedes Mal eine neue Probe genommen werden. Nötig sind nur der Zugriff auf das gespeicherte Genom und die Anwendung neuer Decision-Support-Algorithmen. Am einfachsten wäre es, das Genom im System jedes Providers zu duplizieren, der den Patienten behandelt. Aber die Storage- und Datenschutz-Probleme liegen auf der Hand. An dieser Stelle muss Neuland betreten werden. Angesichts der schnellen Fortentwicklung der Forschung erscheint es ratsam, ein heute geschaffenes Genom-File regelmäßig zu überprüfen, um neue Erkenntnisse über den Krankenstatus des Patienten zu gewinnen.

7. Vorausschauende Patienten

Bis 2016 wird die Mehrzahl der Krankenversicherten in den USA vorab wissen, wie es um den Behandlungspreis und das Qualitätsranking von Medizindienstleistern bestellt ist. Entsprechende Evaluationen, die auf vergleichender Ergebnisanalyse basieren, werden zunehmend verfügbar sein.

8. Web-basiertes Lernen

Zwar stagnieren die Budgets von Grundschulen und weiterführenden Schulen bis 2017. Dennoch wird der Druck zunehmen, einen Pfad für personalisiertes Lernen für die Schüler anzubieten. Idealerweise handelt es sich dabei um einen Kompetenz-basierten Ansatz, der individuelle Merkmale und Leistungsdaten als Grundlage für die nächsten Lernschritte verwendet. Angesichts der knappen Personalausstattung kann von den Lehrern die Entwicklung dieser Lehrpläne nicht erwartet werden. Online-Lösungen, die die entsprechenden Algorithmen verwenden, können dort Abhilfe schaffen. CIOs an Lehranstalten tun gut daran, diese Entwicklung zu antizipieren.

9. Branchenübergreifende Innovationen

In den führenden Fertigungsunternehmen werden bis 2018 ein Fünftel der Umsätze durch Innovationen entstehen, die in branchenübergreifenden Erfahrungen wurzeln. Ein Beispiel: Für die kommenden Jahre ist zum Beispiel in den USA mit stagnierenden Autoverkäufen zu rechnen; das Gros der in entwickelten Märkten abgesetzten Fahrzeuge wird in naher Zukunft mit Datenkommunikationstechnologie ausgerüstet sein. Der Aufstieg des mobilen Internets, seine Einfluss auf die vernetzten Verbraucher und das Internet der Dinge werden das, was Unternehmen als Branchengrenzen und Märkte definieren, dauerhaft verschieben. Das Ergebnis werden zunehmende Konvergenz und das Streben nach geschäftlichen Chancen außerhalb der angestammten Branche sein. Branchenkonvergenz wird die nächste große Wachstumsgelegenheit für Unternehmen in reifen Märkten sein. Nicht zu verwechseln ist dieser Trend mit vertikaler und horizontaler Integration, die jeweils an die eigene Branche gebunden sind.

10. Verluste an geistigem Eigentum

3D Printing wird bis 2018 dazu führen, dass weltweit jährlich mindestens 100 Milliarden US-Dollar an geistigem Eigentum verloren gehen. Die Technologie macht den Klau geistigen Eigentums signifikant leichter; und mit fallenden Preisen für diese Technologie, wird unvermeidlich auch der Diebstahl von Produktideen immer einfacher. Hersteller müssen damit rechnen, dass die Monetarisierung ihrer Erfindung schwieriger wird; Verbraucher tragen das Risiko, schlechte oder sogar gefährliche Produkte zu erwerben. Gefragt ist als Gegenmittel unter anderem die Zusammenarbeit von Produktmanagern und IT-Spezialisten, die effizientere Instrumente zur Authentizitätsprüfung für die Kunden entwickeln müssen.

11. Personenbezogene Angebote

Bis 2017 werden 15 Prozent der Kunden auf "context-aware offers" eingehen, die auf ihren individuellen Merkmalen und Kaufprofilen basieren. Die Kunden sind zunehmend gewillt, persönliche Daten preiszugeben, um derartige Angebote zu erhalten. Angeboten werden können sie bisher nur begrenzt, weil kaum ein Anbieter über alle technologischen Voraussetzungen wie Echtzeit-Angebotsmaschinen, Loyality Data & Data Management oder Mobile Retail Applications verfügt. Ein Ausweg aus diesem Dilemma liegt in unternehmensübergreifender Kooperation, die Data Sharing und Promotional Execution beinhaltet.

12. Schlechter ROI wegen Big Data

Bis 2015 werden 80 Prozent der Life-Science-Unternehmen unter Elementen von Big Data leiden, was mit einem schlechten Return on Investment der IT-Investitionen einhergeht. Gartner beobachtet, dass die meisten dieser Unternehmen kurzfristig investieren, um Volumen und Geschwindigkeit von Big Data zu bändigen. Die Vielgestaltigkeit und Komplexität der Daten wird aber vernachlässigt, wenngleich die Führungskräfte aus den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen auf diesen Bedarf hinweisen. Es gelingt jedenfalls nicht, die enorme Menge an externen Daten mit den internen Daten in Beziehung zu setzen. Immer schneller entwickelt sich das zu einer Hürde bei der Forschungsinnovation. Berge an unstrukturierten Daten von Patienten, Netzwerken und Providern bringen die derzeitige IT-Infrastruktur für Werbung, Marketing und Kontrolle an eine Belastungsgrenze. Um das zu vermeiden, sollten vor der Auswahl von Big-Data-Technologien mit den Business-Entscheidern die Chancen und erwarteten Ergebnisse identifiziert werden. Es ist zwingend, vor einer Investition grundlegendes strategisches Alignment und Engagement sicherzustellen. Ansonsten werden Erträge schwerlich zu erzielen sein.