Vergangene Woche veröffentlichte das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) eine Studie zum Zustand unserer Internet-Gesellschaft. Heraus kam, dass rund 27 Millionen Menschen in Deutschland komplett oder nahezu komplett ohne Internet leben. Bisherige Schätzungen waren von nur halb so vielen Personen ausgegangen.
Fast 40 Prozent der Menschen in Deutschland sind sogenannte Digital Outsiders, zeigt die bundesweite Untersuchung. Darunter fassen die Studienautoren nicht allein Menschen ohne technischen Zugang zum Internet. Vielmehr gehören dazu auch jene, die zwar theoretisch über einen Internet-Anschluss verfügen könnten, im Umgang mit dem Internet jedoch stark verunsichert sind und dieses daher so gut wie beziehungsweise überhaupt nicht nutzen.
Denkt man 20 Jahre zurück, war vom Internet und den dazugehörigen Bedenken keine Spur. Beim Cebit Executive Dialog im Hannover Congress Centrum nimmt Peter Sondergaard, Head of Research beim IT-Beratungsunternehmen Gartner, die Zuschauer mit auf eine Zeitreise ins Jahr 1992. Damals sah man auf den Veranstaltungen keine Laptoptaschen, keine iPads und keine Smartphones. "Vielleicht stand zwischendurch einer mal auf und ging nach draußen, um ein Fax zu verschicken", sagt Sondergaard. Ganz anders heute. Aktuell gibt es nach Berechnungen von Gartner fünf Milliarden Endgeräte mit Internetanschluss.
25 Prozent IT-Budget-Kontrollverlust bis 2014
In diesem Jahr werden 350 Unternehmen weltweit mehr als eine Milliarde US-Dollar für Ihre IT ausgeben. "Warum?" fragt Sondergaard. Weil die IT einen so massiven Einfluss auf die Unternehmen habe. Als die großen Herausforderungen nennt er die Themen Cloud, Mobile, Social Networks und Big Data. Den CIOs im Saal gibt Sondergaard mit auf den Weg, dass sie nicht überrascht sein sollten, wenn die Anbieter zukünftig verstärkt versuchen, ihre Produkte direkt an die Fachabteilungen zu verkaufen. "Bis 2014 haben CIOs die Kontrolle über 25 Prozent ihres IT-Budgets verloren", prophezeit er.
Wenn CIOs dem Business nicht das Gewünschte bieten würden, würde das Business es sich eben woanders holen. Und Sondergaard orakelt weiter: Schon im Jahr 2017 könnte der Chief Marketing Officer ein größeres IT-Budget haben als der CIO.
"Tut mir leid, dagegen gibt es keinen Schutz"
Wem diese beiden "Schreckensszenarien" noch nicht genügten, für den hatte Kaspersky-CEO Eugene Kaspersky weitere parat. "Wenn Kriminelle in ihr System eindringen möchten, dann werden sie das auch tun. Es tut mir leid, aber dagegen gibt es keinen Schutz", lautet Kasperskys nüchterne Einschätzung. Ratschläge zur Risikominimierung gibt er den CIOs dann aber doch mit auf den Weg. Minimieren könne man das Risiko dadurch, dass man seine Mitarbeiter schule und den Daten anderer immer misstrauisch begegne. "Werden sie paranoid", rät Kaspersky schließlich.
Auch Olivier Sevillia thematisiert in seinem Vortrag Fluch und Segen der digitalen Welt. Der CEO Continental Europe von Capgemini Application Services zitiert Studienergebnisse, nach denen 93 Prozent der Befragten angeben, dass sie durch Handys und Smartphones deutlich effizienter geworden sind. Gleichzeitig räumen 62 Prozent ein, dass die Datenflut es ihnen besonders schwer macht, Entscheidungen zu treffen. Oft sind es die Freunde, denen man dann bei Entscheidungen das Vertrauen schenkt. 90 Prozent der Facebook-Nutzer würden den Empfehlungen ihrer Freunde Vertrauen schenken, so Sevillia.
Patentrezepte hatte niemand
In den Vorträgen beim Cebit Executive Dialog gab es viele Anregungen und Ideen, wie man Vertrauen im digitalen Zeitalter aufbauen und nachhaltig managen kann. Ein Patentrezept dafür hatte jedoch keiner der Redner parat. Dass es häufig an Vertrauen fehlt, zeigen weitere Ergebnisse aus der eingangs zitierten Studie vom Deutschen Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI).
Insgesamt fühlen sich 39 Prozent der deutschen Bevölkerung mit dem Thema Sicherheit und Datenschutz im Internet überfordert und sind daher verunsichert. Die Hälfte der Befragten gibt an, dass ihnen Informationen fehlen, was sie selbst für den Schutz ihrer Daten tun können.
Während die einen mehr staatliche Hilfe für eine sichere Nutzung des Internets fordern, betonen die anderen die Eigenverantwortlichkeit jedes Internetnutzers. Insgesamt sehen knapp 60 Prozent der deutschen Bevölkerung die Verantwortung betreffend Sicherheit und Datenschutz im Internet primär bei der Wirtschaft und beziehungsweise oder beim Staat, der die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffen soll.
Eigenverantwortung versus Schutzbedürfnis
Die Studienautoren fanden heraus: Tendenziell steigt die Bedeutung der Eigenverantwortung umso stärker an, je kompetenter und souveräner Nutzer mit dem Internet umgehen. Umgekehrt wird Verantwortung deutlich stärker delegiert, je weniger vertraut Nutzer mit dem Internet sind. "Kurz gesagt: Wer sich nicht auskennt, fordert Schutz, und wer sich sicher fühlt, wünscht Freiheit", heißt es in der Studie.
Die zitierten Studienergebnisse stammen aus der "DIVSI Milieu-Studie zu Vertrauen und Sicherheit im Internet". Im Auftrag des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) hat das SINUS-Institut insgesamt 2047 Menschen bevölkerungsrepräsentativ in einer computergestützten Face-to-Face-Umfrage zu deren Einstellungen in Bezug auf Vertrauen und Sicherheit im Internet sowie zu deren individuellem Internet-Nutzungsverhalten befragt. DIVSI wird von der Deutschen Post gefördert.