Private Cloud wird zum Auslaufmodell

Gartner: Die Zukunft gehört der Public Cloud

29.12.2016 von Wolfgang Herrmann
Auf lange Sicht werden Unternehmen die Vorteile der Public Cloud erkennen und sich von Private-Cloud-Szenarien verabschieden. Das prophezeien die Analysten von Gartner. Die weltweiten Umsätze mit Public-Cloud-Services werden demnach in diesem Jahr um 17 Prozent auf 208,6 Milliarden Dollar steigen.

Schon jetzt entfallen 5,7 Prozent der weltweiten IT-Ausgaben auf Public-Cloud-Services, berichtet Gartner in einer aktuellen Studie. Bis zum Jahr 2020 soll der Anteil auf 9,3 Prozent und ein Umsatzvolumen von 381 Milliarden Dollar wachsen. Die Analysten sprechen denn auch von einem regelrechten "Cloud Shift".

„Langfristig wird es eine stetige Entwicklung hin zu Public-Cloud-Services geben", erwartet Gartner-Analyst Sid Nag.
Foto: Gartner

Jüngsten Erhebungen zufolge planen 80 Prozent der Organisationen weltweit den Einsatz von Diensten aus der Public Cloud. Ende 2015 habe der Wert noch bei 45 Prozent gelegen. Auch wenn auf absehbare Zeit noch Private- und Hybrid-Cloud-Szenarien in den Unternehmen dominierten, sei die Entwicklung klar absehbar, schreiben die Analysten Ed Anderson und Sid Nag: "Langfristig wird es eine stetige Entwicklung hin zu Public-Cloud-Services geben."

Zwar wiesen Private-Cloud-Installationen viele Charakteristika einer Public Cloud auf. Doch in Sachen Skalierbarkeit, Effizienz und Innovationen könnten sie auf lange Sicht nicht mit den Vorteilen von Public-Diensten mithalten. Zu erwarten sei deshalb, dass viele Workloads, die derzeit in einer Private Cloud laufen, in die Public Cloud verlagert oder gar ausgetauscht würden.

Public Cloud als Grundlage digitaler Geschäftsprozesse

Interessante Erkenntnisse fördern die Gartner-Umfragen auch zu den Gründen für die Cloud-Nutzung zutage. "Unternehmen, die Public-Cloud Services einsetzen, sparen durchschnittlich 14 Prozent ihres Budgets ein", berichtet Nag. Das habe der "Cloud Adoption Survey" aus dem Jahr 2015 ergeben. Dennoch sind Kosteneinsparungen im Gegensatz zum Vorjahr nicht mehr der wichtigste Grund für den Einsatz von Public Cloud Services. Ganz oben auf der Liste steht nun die IT-Modernisierung, gefolgt von Kosten, Innovation und Agilität (siehe Grafik).

Nag sieht darin eine bedeutende Veränderung, denn "der Fokus auf IT-Modernisierung deutet auf einen durchdachteren und strategischeren Einsatz von Public-Cloud-Services hin". Den Unternehmen gehe es offenbar nicht mehr nur darum, taktische Vorteile wie etwa Kosteneinsparungen zu erzielen. Vielmehr nutzten sie Cloud-Dienste verstärkt dazu, eine modernere IT-Umgebung aufzubauen, die die strategische Grundlage für neue Applikationen und digitale Geschäftsprozesse bilden könne.

Die Modernisierung der IT hat sich zum wichtigsten Grund für den Einsatz von Public-Cloud-Services entwickelt und damit das Kostenthema verdrängt.
Foto: Gartner

Keine Veränderung gibt es laut Gartner hingegen bei den wahrgenommenen Cloud-Hürden. Wie schon 2014 nannten 63 Prozent der befragten Organisationen Security- und Privacy-Bedenken als die wichtigsten Gründe, die gegen einen Cloud-Einsatz sprechen. Erst mit großem Abstand folgen andere Aspekte wie die Integration von Daten und Anwendungen, Compliance-Probleme oder eine drohende Abhängigkeit vom Cloud-Provider.

Die Gartner-Experten wiederholen an dieser Stelle ihre bekannten Argumente: Die von den führenden Public-Cloud-Anbietern bereitgestellten Services seien sicher. Die eigentliche Security-Herausforderung liege darin, wie die Unternehmen diese Dienste nutzten. Vor allem die Provider ständen hier in der Pflicht, mehr Aufklärungsarbeit zu leisten.

IaaS-Dienste wachsen 2016 um 43 Prozent

Betrachtet man die einzelnen Segmente des Public-Cloud-Markts, wird einmal mehr das große Potenzial von Infrastruktur-Diensten deutlich. Die weltweiten Umsätze im Bereich Infrastructure-as-a-Service (IaaS) werden nach der aktuellen Gartner-Prognose in diesem Jahr um satte 42,8 Prozent zulegen. Für das Segment Cloud Application Services beziehungsweise Software-as-a-Service (SaaS) erwarten die Auguren ein Umsatzwachstum von 21,7 Prozent auf 38,9 Milliarden Dollar.

Auch im Bereich Cloud Infrastructure Services, zu dem Gartner Platform-as-a-Service (PaaS) zählt, wachse die Nachfrage. In diesem Kontext würden künftig auch mehr Datenbanken in der Public Cloud betrieben. Bis zum Jahr 2020 könnten Cloud-basierte Datenbank-Management-Systeme (DBMS) 9 bis 10 Prozent des gesamten DBMS-Markts auf sich vereinen, so die Prognose.

Hybrid Cloud und Multi Cloud fordern CIOs heraus

Der Weg in die Public Cloud führt in den Unternehmen über hybride und Multi-Cloud-Szenarien, erwartet Gartner. Denn nicht nur der Public-Cloud-Markt wächst. Mindestens bis 2017 finden laut Gartner auch Private- und Hosted-Private-Cloud-Umgebungen eine zunehmende Verbreitung. Kombiniert mit Public-Cloud-Diensten, die womöglich noch von mehreren Providern bezogen werden, entständen immer mehr komplexe Hybrid-Cloud-Umgebungen (siehe Grafik).

Eine Hybrid Cloud ist in vielen Unternehmen heute Realität.
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Eine koordinierte und kontrollierte Nutzung der verschiedenen Dienste könnten IT-Verantwortliche nur über eine ausgefeilte Strategie in den Griff bekommen, geben die Analysten zu bedenken. Hier ergeben sich neue Herausforderungen, die nicht wenige Cloud-Interessierte vor derartigen Szenarien zurückschrecken lassen. Am meisten Sorgen bereiten den von Gartner befragten Organisationen die Themen Integration und inkompatible Anwendungen.

In vielen Fällen fehle es zudem an geeigneten Management-Tools und APIs. Last, but not least beklagen IT-Verantwortliche die mangelnde Unterstützung durch die Provider. Für die Anbieter ergäben sich dadurch neue Chancen, so Gartner. Wer die wachsende Nachfrage nach Hybrid-Cloud-Lösungen am besten abdecke, werde am Ende auch erfolgreich sein.

Systeme für Hybrid Cloud Management
Accenture Cloud Platform
Die "Accenture Cloud Platform" bietet eine zentrale Sicht auf Nutzungsdaten und Abrechnungsinformationen.
Atos Canopy
IT-Dienstleister Atos vermarktet seine Cloud-Management-Lösung unter der Marke Canopy auch als Teil von Cloud-Transformationsprojekten.
Capgemini
Capgeminis "Cloud-Choice"-Portfolio umfasst auch einen Self-Service-Marktplatz für Benutzer.
CGI Unify360
Das Management-Framework “Unify360 Hybrid Cloud Management” kombiniert kommerzielle Softwareprodukte mit Open-Source-Lösungen.
Cognizant Cloud360
Cognizants Cloud-Management-Plattform "Cloud360" bietet Orchestrierungs- und Governance-Funktionen.
CSC Agility Platform
Die „Agility Platform“ von CSC basiert auf einem Produkt der 2013 zugekauften Softwareschmiede ServiceMesh.
EPAM Cloud Orchestrator
Der EPAM Orchestrator beinhaltet unter anderem einen Cloud Integration Layer.
Fujitsu Cloud Services Management
Fujitsus “Cloud Services Management” verwaltet Public- und Private-Cloud-Ressourcen.
HCL MyCloud
HCL „MyCloud“ lässt sich mit ITSM-, Automation- und Monitoring-Tools verbinden.
HPE Cloud Service Automation
HPE Cloud Service Automation unterstützt sowohl HPEs eigene Private-Cloud-Systeme als auch Public-Cloud-Infrastrukturen von Drittanbietern.
IBM cloudMatrix
Im Rahmen seiner „Brokerage Services“ vertreibt IBM die mit Gravitant übernommene Brokerage-Lösung „cloudMatrix“.
Infosys IMS
Seine Hybrid-Cloud-Lösung Infrastructure Management Services (IMS) offeriert Infosys ausschließlich als Managed Service.
Tata ICMP
Tata Consultancy Services entwickelte seine Integrated Cloud Management Platform (ICMP) in Eigenregie. Sie enthält unter anderem ein Dashboard für die Kostenkontrolle.
Tech Mahindra mPAC
Die „Managed Platform for Adaptive Computing“ (mPAC) von Mahindra verwaltet Public- und Private-Cloud-Services und bietet diverse Abrechnungsfunktionen.
T-Systems CIC
Das Cloud Integration Center (CIC) von T-Systems basiert zu großen Teilen auf Software von Hewlett-Packard Enterprise (HPE).
Unisys CMP
In seiner „Cloud Management Platform“ (CMP) verwendet Unisys unter anderem Komponenten von ServiceNow und Cloudify.
UST Global FogPanel Cloud Hub
Das „FogPanel Cloud Hub“ von UST Global bietet Orchestrierungs-, Brokerage- und Abrechnungsfunktionen.
Wipro BoundaryLess Data Center
„BoundaryLess Data Center“ nennt Wipro sein Framework für die Integration und Verwaltung komplexer IT-Infrastrukturen.