Geschäftsprozesse

Gartner nennt fünf BPM-Trends

19.01.2010 von Stefan Ueberhorst
Wie sich Business-Process-Management (BPM) bis zum Jahr 2014 anwendungs- und produktseitig entwickeln wird, hat Gartner jetzt im Vorfeld seines für März geplanten BPM Summit prognostiziert.

Für Gartner ist Business-Process-Management eine Management-Disziplin, die in Prozessen Werte sieht, die einen unmittelbaren Beitrag zur Unternehmens-Performance leisten. Bislang liege der BPM-Fokus jedoch meist noch auf routinemäßig, vorhersagbar und sequenziell ablaufenden Prozessen. "Wer künftige Herausforderungen des Marktes erfolgreich meistern will, muss breiter angelegte, über die Unternehmensgrenzen hinausreichende Prozesse ins Visier nehmen", sagt Gartner-Analystin Janelle Hill. Das bedeute aber auch, dass man es mit komplexeren, zunehmend unstrukturierten und dynamischeren Prozessen zu tun habe. Neben den Anwendern müssten auch die Hersteller von BPM-Werkzeugen diesen Trend verstärkt aufgreifen.

1. Kundenbezogene Prozesse

Die speziell auf Kunden ausgerichteten Prozesse sind stark von den Erfahrungen mit den jeweiligen Geschäftspartnern geprägt. Hier gilt es, das Wissen um einen Kunden und dessen Bedürfnisse in einem Prozess individuell zu adaptieren - und zwar möglichst kurz, nachdem es entstanden ist. Derzeit könnten Prozesse zwar proaktiv verändert werden, dies sei aber nur ein Zwischenschritt, so Gartner. Ziel sei es, sich selbst justierende Prozesse auf Basis von kundenspezifischen Mustern einzuführen, sei es zu Vorlieben oder Nachfragetrends, um nur einige Beispiele für solche Patterns zu nennen.

Bis zum Jahr 2012 sollen sich 20 Prozent der kundenorientierten Prozesse auf Basis von Verhaltensmustern dynamisch assemblieren und adaptieren lassen. Anwender sollten bei der Auswahl ihrer BPM-Werkzeuge auf eine entsprechend unterstützende Technik achten beziehungsweise die Hersteller bereits installierter BPM-Tools in diese Richtung drängen. Gartner empfiehlt, die Werkzeuge zunächst im Rahmen von kleinen Projekten zu erproben.

2. Dynamisches BPM

Die Analysten sehen den Trend zu mehr Dynamik im Business-Process-Management allerdings nicht nur im Segment kundenorientierter Prozesse. Diese Fähigkeit sei für Unternehmen generell wichtig, ab dem Jahr 2013 sogar verpflichtend. Hintergrund sei der zunehmende Druck, den Firmen zu spüren bekommen, wenn sie die für eine Prozessänderung benötigten Reaktionszeiten nicht deutlich verkürzen. Allerdings bergen dynamische Modifikationen in Geschäftsabläufen auch ihre Gefahren. Denn der Vollzug von Änderungen (Changes), sei es in Prozessen oder in Teilen der dahinterstehenden Artefakte wie Regeln, ist heute nicht mehr allein Sache des technischen Personals. Seitdem verstärkt auch die Fachabteilungen in die Prozessmodellierung einbezogen werden, entstehen solche Changes an vielen Stellen. Um hier nicht im Chaos zu enden, sind Mechanismen gefragt, über die sich Veränderungen koordiniert in ein System einpflegen lassen. Laut Gartner eignet sich dafür die Betrachtung nach Geschäftsvorfällen beziehungsweise Events. Unternehmen sollten sorgfältig analysieren, welche Events im Rahmen eines strukturierten Prozesses stattfinden und welche zu außergewöhnlichen Prozessänderungen (Ad-hoc-Changes) führen können.

Individualität, Integration und Modelle

3. Mit Komponenten zur Individualität

Die Vorteile von Objekt- und Komponentenorientierung sind seit langem bekannt, beide haben mit Service-orientierten Architekturen (SOA) weiteren Auftrieb erhalten. Die Wiederverwendung und das Zusammenstellen von Komponenten zu individuellen Systemen sind zwei der viel beschworenen Argumente. Für solche Umgebungen fordert Gartner ein Integrated Composition Environment (ICE), in dem sich Prozesselemente entwerfen und assemblieren lassen und das dafür eine Laufzeitumgebung enthält. Wie im Bereich von Eclipse, wo sich mit Hilfe von Plug-ins individuelle Entwicklungsumgebungen erstellen lassen, soll ICE einzigartige, unternehmensspezifische Prozesskompositionen erlauben. Dies werde ab dem Jahr 2014 zunehmend der Fall sein. Allerdings müssten Unternehmen dafür grundlegend umdenken, sei es im Bereich Projekte, Organisation oder Teamarbeit besonders zwischen Fachanwendern und IT. Das traditionelle Vorgehen in der Softwareentwicklung wird hier nicht mehr weiterführen.

4. Multi-Enterprise-Integration

Spielen sich heutige B-to-B-Integrationsprojekte meist noch auf der rein technischen Ebene der Systeme ab, werden künftig verstärkt auch Prozesse zwischen Unternehmen zusammengeführt. Gartner spricht von Business Process Networks (BPN), die ab 2014 etwa 35 Prozent aller neuen Multi-Enterprise-Integrationsprojekten zugrunde liegen sollen. Das hat Folgen für BPM-Produkte. Zwar werde es weiterhin für unternehmensspezifische Prozesse individuelle Integrationsservices geben. Vergleichbar mit den vorkonfigurierten oder paketierten technischen Integrationslösungen werde aber auch im Business-Process-Management der Bedarf an Produkten steigen, die unternehmensübergreifende Standardprozesse vorgefertigt anbieten, um komplexe B-to-B-Integrationen schneller abwickeln zu können.

5. Modelle setzen sich durch

Schließlich geht Gartner davon aus, dass 2014 etwa 40 Prozent aller Business-Manager und Wissensträger in Großunternehmen mit einem umfassenden grafischen Prozessmodell arbeiten - im Jahr 2009 waren dies gerade mal sechs Prozent. Da solche Modelle einen Geschäftsvorgang auch im Kontext zu anderen Prozessen darstellen, ist es für Entscheider möglich, Informationen besser zu interpretieren und zu analysieren. Der verbreitete Gebrauch von Modellierungs-Tools wird laut Gartner erheblich dazu beitragen, Geschäftsprozesse und Performance zu verbessern. Die Analysten empfehlen deshalb, die Prozessmodellierung als eigene Kompetenz im Unternehmen zu etablieren. Auch Stellenbeschreibungen sollten diese Disziplin einbeziehen.