"Big Data" ist eines der aktuellen IT-Hype-Themen. Nun bedeuten aggressive Marketing-Strategien nicht, dass die Anbieter noch keinen Honig aus den neuen Lösungen saugen könnten. Möglich ist das in diesem Fall ganz bestimmt. Allerdings betrachtet die Mehrheit der deutschen Unternehmen Big Data Analytics – einen Teilbereich von Big Data – bisher vorwiegend als reines Instrument zur Kostensenkung, wie eine Studie von IDC im Auftrag des Anbieters SAS Institute zeigt.
Demnach dämpfen die mit früheren Projekten im Bereich Business Intelligence (BI) gesammelten Erfahrungen die Euphorie der Anwender doch gehörig. Zudem droht die Verengung des Blickwinkels allein auf die Kostenseite, die Business-Potenziale aus dem Fokus zu schieben. Initiative und Entscheidungsvorbereitung hängen folgerichtig in 45 Prozent und 58 Prozent der Firmen an der IT-Abteilung. In der zweiten Phase mischt sich verstärkt die Finanzabteilung ein – auch weil sie an diesem IT-Feld selbst als Anwender interessiert ist.
Big Data sehr IT-getrieben
Die Geschäftsführung indes befasst sich in 55 Prozent der Firmen erst ab der finalen Entscheidung mit dem Thema. Fast zwei Fünftel der 150 befragten Unternehmen bezeichneten Big Data Analytics als rein oder eher IT-getriebenes Thema. 46 Prozent nannten IT und Business zugleich als Treiber – hier mag der ein oder andere höflichkeitshalber die Business-Seite mitgenannt haben.
„Big Data Analytics unterliegt in deutschen Unternehmen vielfach einer eher IT-getriebenen Sichtweise“, konstatiert jedenfalls IDC-Analyst Matthias Zacher durchaus mit kritischem Unterton. Es herrsche häufig ein „technokratisches“ Denken vor, die Business-Dimension komme zu kurz.
Das junge Konzept Big Data Analytics definiert IDC so: „Big Data Analytics umfasst Lösungen, Verfahren und Technologien zum Management, zur Analyse und zur Interpretation von sehr großen Datenmengen, die mit herkömmlichen Methoden nicht oder nur unzureichend bearbeitet werden können.“ 56 Prozent der Befragten sehen darin einen interessanten Ansatz, der sich aber noch in einem sehr frühen Stadium befinde. Neu seien Art und Weise des Zugriffs auf große Datenmengen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen und die Verarbeitung und Analyse dieser Datensets, erläutert Zacher.
Hoher Open-Source-Anteil
38 Prozent der Firmen äußern indes die Sorge, dass Big Data Analytics mit hohen Investitionen in Hardware und Software verbunden sei. Zacher führt dies auf die bisherigen Erfahrungen der Anwender im BI-Umfeld zurück. Nach Einschätzung des Analysten sind diese Bedenken nicht per se begründet. „Dieser kritischen Betrachtung kann entgegengestellt werden, dass Big Data Analytics gerade durch den Einsatz von Standardtechnologie oder auch Open-Source-Komponenten günstigere und bessere Beschaffungs-, Nutzungs- und Integrationsansätze bietet“, heißt es in der Studie.
31 Prozent halten Cloud Computing für einen geeigneten Ansatz, in Big Data Analytics einzusteigen. Daten aus Social-Media-Anwendungen gelten als typische Anwendungsfälle. Mehr als ein Viertel der Befragten gehen indes davon aus, zur Bewältigung der Datenflut keine neuen Tools zu benötigen. „Das ist in vielen Fällen sicher richtig“, kommentiert IDC. „Diese Unternehmen sollten jedoch rechtzeitig prüfen, wie gut die Lösungen auch künftig mit den sich wandelnden Datenvolumina und Datenströmen zurechtkommen.“ Ein Viertel der Unternehmen erkennt hier aktuell Handlungsbedarf.
Jeweils die Hälfte der Befragten analysiert große Datenmengen bisher entweder mit Standardsoftware oder einer individuellen Lösung. „Während beispielsweise für die Auswertung von Finanzzahlen ober Kundeninformationen häufig standardisierte Lösungen genutzt werden, erfordern andere Fälle wie Produktdaten häufig individuelle Lösungen“, so IDC. Vergleichsweise hoch ist der Anteil von 47 Prozent, die Open-Source-Lösungen nutzen. 37 Prozent arbeiten mit externen Dienstleistern zusammen.
Die aktuell wichtigsten Einsatzfelder sind laut Studie Finance, Verbesserung des Kundenservices und Logistik-Optimierung, hinzu sollten künftig IT-Analyse und Unternehmenssteuerung treten. IDC sieht künftig eine ganze Reihe von Anwendungsszenarien. „Eine Möglichkeit sind iterative Vorgehensweisen, in denen die Fachbereiche mehr oder weniger erkunden, welche Informationen in den Daten stecken und daraus neue Erkenntnisse ableiten“, empfiehlt IDC. „Die derzeit noch frühe Phase der Anbieterpositionierung und der Anwendersondierung des Themas wird zügig weitere Resultate zeigen.“
An Tools wollen jeweils 53 Prozent künftig Datawarehouse- beziehungsweise Reporting- und Analyse-Lösungen einsetzen. Die Verwendung von Datenintegrationstool plant ebenfalls fast die Hälfte der Befragten. „Für Big Data Analytics benötigen Firmen sowohl Tools für die Datenbeschaffung, für die Datenanalyse und zur Entscheidungsunterstützung“, urteilt IDC. „Anwender sollten daher auf ein umfassendes Lösungsszenario achten, um einen maximalen Nutzen aus Big Data Analytics zu ziehen.“ Dafür prädestiniert seien neue und spezifische Lösungen für Advanced Analytics oder Predictive Analytics, die gleichwohl bisher weniger verbreitet seien.
IDC: Tipps für die Anwender
Die IDC-Kritik an der „technokratischen“ Herangehensweise, die Business-Potenzial nicht ausschöpft, speist sich daraus, dass nur jeweils ein Drittel sich Wettbewerbsvorteile oder Umsatzsteigerungen von Big Data Analytics erhoffen. Demgegenüber erwarten rund 60 Prozent Kosteneinsparungen sowohl in der IT als auch bei Geschäftsprozessen.
„Auf der Kostenseite ist zu beachten, dass für neue Lösungen erst einmal IT-Budget bereitgestellt werden muss“, gibt Analyst Zacher zu bedenken. Dafür könnten die Anwender bei der Hardware auf kostengünstige Standardtechnologie zurückgreifen. Höhere Entscheidungs- und Handlungsgeschwindigkeit sowie bessere Entscheidungsunterstützung lassen nach IDC-Einschätzung indes durchaus auf Wettbewerbsvorteile hoffen. „Somit sind die Nutzungserwartungen durchaus als realistisch einzuschätzen“, heißt es in der Studie.
IDC rät Anwendern, eine langfristige Strategie für den Umgang mit großen Datenmengen zu entwickeln und bereits jetzt zu handeln. Klug sei es, schrittweise vorzugehen und Erfahrungen einzelner Abteilungen auszuwerten. Ohnehin sei es ratsam, die Zusammenarbeit zwischen IT und Fachabteilungen zu intensivieren. Daten sollten als strategische Ressource begriffen werden. Wichtig sei es zudem – gerade im noch jungen Big-Data-Markt – Angebote sorgfältig zu prüfen.
Die Studie „Big Data Analytics in Deutschland 2012“ ist bei SAS Institute erhältlich.