Mit den Stimmen der konservativ-grünen Koalition beschloss das österreichische Parlament am Donnerstag in Wien die Umwandlung der dem Staat gehörenden, aber redaktionell unabhängigen Publikation in ein Online-Medium sowie in eine Journalismus-Ausbildungsstätte und eine Content-Agentur für öffentliche Einrichtungen.
Im Print soll die 320 Jahre alte Zeitung trotz heftiger Kritik von Künstlern und Oppositionsparteien künftig nur noch etwa monatlich erscheinen. Die etwa 50-köpfige Redaktion stehe nun vor "massiven Personalreduktionen", hieß es online bei der "Wiener Zeitung".
Verkaufte Auflage pro Tag: Etwa 8.000 Exemplare
Die Zeitung wurde 1703 unter dem Titel "Wiennerisches Diarium" gegründet. Derzeit verkauft die als qualitativ hochwertig bekannte Publikation nur noch etwa 8.000 Exemplare pro Tag - ein Bruchteil der Auflagen von privaten Konkurrenzblättern wie "Presse", "Standard", "Kurier" oder "Kronen Zeitung".
"Sie hat mehr Leser über 90 als unter 30 Jahren", sagte Medienministerin Susanne Raab von der konservativen Kanzlerpartei ÖVP. Finanziert wird die "Wiener Zeitung" hauptsächlich durch die Veröffentlichung von Firmenbucheinträgen. Durch die Umstellung auf reine Online-Verlautbarungen falle die Geschäftsgrundlage für eine gedruckte Ausgabe weg, argumentierte die ÖVP.
Für den Erhalt der "Wiener Zeitung" kämpfte bis zuletzt ein prominentes Unterstützungskomitee, dabei waren etwa die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek und der Künstler André Heller. Auch oppositionelle Abgeordnete kritisierten den Schritt der Regierungsparteien als Einschnitt in die Medienvielfalt. "Das ist eine medienpolitische und eine kulturpolitische Schande", sagte der Sozialdemokrat Jörg Leichtfried. (dpa/rs)