Die E-Mail hat unsere Kommunikation grundlegend verändert. Aber hat sie unseren Arbeitsalltag auch verbessert? Data-Governance-Anbieter Varonis hat untersucht, welche digitalen Gewohnheiten in Unternehmen vorherrschen. Und hat herausgefunden, dass viele Menschen mehr E-Mails bekommen, als sie eigentlich lesen können oder wollen. Die E-Mail mag zwar den Informationsfluss beschleunigt haben. Aber mittlerweile sind es fast mehr Nachrichten, als ein Mensch am Tag bewältigen kann. Etwa ein Drittel (32,8 Prozent) der Befragten gab an, jeden Tag zwischen einer und 50 E-Mails zu bekommen. Und das sind noch die Glücklichen, die die wenigsten Nachrichten lesen müssen.
50 bis 100 E-Mails am Tag sind die Regel
Fast die Hälfte aller Befragten (44,8 Prozent) gab an, zwischen 50 und 100 E-Mails am Tag zu bekommen. 17,6 Prozent sagten, dass sie sogar zwischen 100 und 300 Nachrichten am Tag bekämen. "Es gibt sogar eine Elite, die tagtäglich mit E-Mails bombardiert wird", heißt es in der Studie. Die Betroffenen müssen zwischen 300 und 500 E-Mails am Tag lesen. Auf einen durchschnittlichen Acht-Stunden-Tag gerechnet, wären das für die "Elite" zwischen 37 und 62 E-Mails in der Stunde. Es überrascht daher wenig, dass das Verwalten der Nachrichten ebenfalls viel Zeit in Anspruch nimmt. Knapp die Hälfte (44,4 Prozent) gab an, bis zu einer halben Stunde am Tag damit zu verbringen, die Nachrichten unter Kontrolle zu halten. Weitere 23 Prozent brauchten dafür eine halbe bis eine ganze Stunde. Und immerhin noch 16,7 Prozent brachten am Tag sogar mehr als eine Stunde damit zu, E-Mails zu kontrollieren.
In der Studie versuchte man ebenfalls herauszufinden, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen Hierarchie-Ebene, auf der sich ein Angestellter befindet und der E-Mail-Flut, mit der er sich befassen muss. Gewöhnliche Manager müssen sich gemessen am Durchschnitt weniger Sorgen machen: 52,3 Prozent der Befragten gaben an, nur 50 bis 100 E-Mails am Tag zu bekommen, und knapp ein Drittel sogar weniger als 50. Über mehr als 100 E-Mails am Tag stöhnen nur insgesamt 15,9 Prozent.
Entscheider müssen mehr E-Mails lesen
Top-Entscheider auf dem höchsten Level hingegen müssen laut Studienergebnisse täglich zu 50 Prozent zwischen 50 und 100 E-Mails bewältigen und zu 16,7 Prozent sogar weniger als 50 am Tag. Genau ein Drittel der befragten Chief Executives bekamen täglich zwischen 100 und 300 E-Mails. "Top-Entscheider sind ganz eindeutig sehr viel mit ihren Nachrichten beschäftigt", heißt es in der Studie. Das sei aber nicht überraschend, meinen die Studienleiter. Schließlich sind sie die Spitze in der E-Mail-Kette, daher müssten überproportional viele Nachrichten in ihrem Eingangsordner landen.
Varonis hat nicht nur analysiert, wer wie viele E-Mails bekommt, sondern auch, wie Angestellte und Entscheider mit den empfangenen Nachrichten umgehen.
Die 4 Typen des E-Mail-Management
Ungesehen löschen, wochenlang die Beantwortung aufschieben oder nur einen kurzen Satz zurück schreiben? Die Studie hat herausgefunden, wer welcher E-Mail-Typ ist und wie häufig er vorkommt. Mehr als ein Drittel (34,1 Prozent) der Befragten gab an, ihre Nachrichten tatsächlich täglich zu lesen und zu verwalten. Diesen Typ nennt die Studie den "Ordnungstyp". Und ganz wie im wahren Leben gibt es da noch die "Horder", also Menschen, die nichts wegwerfen können. Das ist sogar fast jeder fünfte: 19,8 Prozent gaben an, ihre E-Mails nicht zu löschen. Rund 40 Prozent bilden eine gesunde Mischung aus beiden Typen: Sie löschen nicht alles, sind aber noch recht gut organisiert.
Aber für knapp sechs Prozent der Befragten wäre wohl Hilfe angebracht. Sie haben den Kampf gegen die E-Mail-Flut völlig aufgegeben. Das macht sich bemerkbar: Knapp 60 Prozent der völlig unorganisierten Befragten verbringen am Tage weniger als fünf Minuten mit den Nachrichten, und rund ein Drittel mehr als eine Stunden. Warum das so ist, kann sich auch Varonis nicht genau erklären.
Und wie viel Arbeitszeit verbringen die anderen E-Mail-Typen mit Lesen und Verwalten? Das wollte Varonis ebenfalls wissen und stellte fest: Manager und Angestellte verbringen etwa gleich viel Zeit mit dem Lesen und Beantworten von E-Mails. Zwischen 13 und 20 Prozent der Befragten verbrachten damit täglich mehr als eine Stunde, rund ein Viertel zwischen einer halben und ganzen Stunde. "Die E-Mail ist einfach Teil der Arbeitskultur, keine Unterbrechung des Alltags. Das gilt auch für die Spitze der Hierarchie", heißt es in der Studie. Denn Top-Entscheider verbringen am Tag mehr als eine Stunde damit, E-Mails zu verwalten.
Filter helfen weiter
Die Zeit könnte aber noch reduziert werden, wenn man ein wenig organisierter an die ganze Sache heranginge. "Die Resultate waren nicht ermutigend", ziehen die Analysten von Varonis Bilanz. Automatische Filter, die E-Mails schon von vornherein charakterisieren, nutzen nur die wenigsten im ausrechenden Maß. Mehr als sieben Prozent der Befragten wussten nicht einmal, dass es solche Filter überhaupt gibt. Mehr als jeder Fünfte (22,2 Prozent) kennt sie zwar, nutzt sie aber nicht. Rund die Hälfte der Befragten gab an, einige wenige zu benutzen. Und nur 16,7 Prozent sagten, dass sie die Filterfunktion ausgiebig nutzten. "E-Mail-Management bleibt für die meisten Nutzer also eine Zeit- und Arbeitsintensive Beschäftigung", schreiben die Analysten. Dabei frisst die E-Mail nicht nur Arbeitszeit, eine schlampige Beschäftigung hält auch ganz andere Gefahren parat.
Risikoreiches E-Mail-Verhalten
Obwohl oder gerade weil wir jeden Tag so viele Nachrichten schreiben, passieren immer wieder Fehler. Wie Varonis herausfand, waren die meisten Fehler: Viele gaben zu, unanständige Witze verschickt zu haben, eine E-Mail aus Versehen an die falsche Person geschickt zu haben, interne Kommunikation an Klienten weitergeleitet zu haben und Adressen statt in Blindkopie leider ins normale "cc" gesetzt zu haben. Das passiert schon mal - es kann aber schlimme Folgen haben. Die große Mehrheit gab zwar an, dass sie ihr Missgeschick "nur" in Verlegenheit brachte. Aber mehr als jeder zehnte (11,5 Prozent) hat wegen so etwas schon einmal seinen Job verloren, 7,7 Prozent wurde deswegen nicht befördert und 6,4 Prozent hatten dadurch sogar Probleme mit der Compliance.
So besiegen Sie die E-Mail
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Ein paar Tips haben die Studienleiter parat, um der E-Mail-Flut Herr zu werden. Denn, das stellen die Studienleiter klar, entkommen werden Sie den digitalen Nachrichten nicht.
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Im Notfall eine "Überlastungs-Mail" an die Kollegen schicken. Dann bekommen Sie nur die wichtigsten Informationen kurz zusammengefasst zurück.
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Unternehmen können einen "E-Mail-Blackout"-Tag einführen. An einem Tag in der Woche dürfen keine Nachrichten verschickt werden. Mitarbeiter sollen lieber zum Telefonhörer greifen oder gar persönlich vorbeikommen.
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Verwenden Sie Filter. Das verkürzt die Bearbeitungszeit der E-Mail ungemein.
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Schalten Sie die Benachrichtigungssignale für eingehende E-Mails ab, oder begrenzen Sie diese auf besonders wichtige Personen. So lesen Sie die Nachrichten nach Ihrem eigenen Rhythmus und nicht nach dem des Senders. Das entspannt Sie beim Arbeiten.
Für die Studie "Digital Work Habits" befragte Varonis im September vorigen Jahres 127 Entscheider und Angestellte aus 92 verschiedenen Organisationen. Der Rücklauf bestand zur Hälfte aus kleinen bis mittelgroßen Firmen und zur Hälfte aus großen Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern.