1999 wurden bei der damals dreijährigen Isabel Windpocken diagnostiziert. Nachts verschlimmerte sich ihr Zustand und die Ärzte im Krankenhaus stellten eine lebensgefährliche Krankheit fest. Isabel wurde wieder gesund. Doch der Vorfall veranlasste ihren Vater Jason Maude, einen Börsenhändler, ein Tool zu entwickeln, das Fehldiagnosen verhindert.
Gemeinsam mit Dr. Joseph Brito, der Isabel damals auf der Intensivstation betreut hat, entwickelte er eine entscheidungsbasierte Software, die Ärzten bei exakten Diagnosen helfen soll. Die beiden gaben der Software den Namen Isabel.
Nie voreilige Schlüsse ziehen
Diese Software ist nicht die einzige ihrer Art, aber sie zeichnet sich durch ein besonderes Feature aus. Denn Isabel verhindert einen der häufigsten Gründe für Fehldiagnosen: voreilige Schlüsse. Die Software funktioniert wie ein Alarm, der ständig fragt: "Hast du denn auch dieses oder jenes berücksichtigt?" Dieses Feature hilft Ärzten, über ihr Wissen hinauszudenken. So ziehen sie auch bislang Unbekanntes in Betracht.
An das Unbekannte denken - das zeichnet auch gute Führungskräfte aus. Deshalb sollten auch sie sich beim Treffen von Entscheidungen fragen, ob sie dieses oder jenes bedacht haben. Zu Beginn könnte man sich beispielsweise Folgendes überlegen:
1. Was haben wir nicht berücksichtigt?
Team-Arbeit birgt die Gefahr, dass alle der gleichen Meinung sind. Manchmal geschieht das, weil der Chef keine anderen Ansichten gelten lässt. Manchmal sind sich alle Beteiligten auch einfach einig, weil ihnen ein bestimmter Standpunkt am sinnvollsten erscheint. Es empfiehlt sich immer, die Meinung Dritter einzuholen. Viele Unternehmen lassen ihre Kunden regelmäßig Produkt-Prototypen testen. Die Reaktionen darauf sind oft völlig anders als die im Team erarbeiteten.
2. Was passiert, wenn wir das Gegenteil machen?
Stellen Sie eine Fragestellung auf den Kopf. Überlegen Sie sich, was passiert, wenn Sie genau das Gegenteil von dem tun, was Sie getan haben. Wenn sie etwa einen Prozess implementieren möchten - überlegen Sie: "Was passiert, wenn ich das jetzt überhaupt nicht mache oder völlig anders als geplant?" Auch hier ist es ratsam, die Meinung Dritter einzuholen. Hören Sie sich an, was Außenstehende von der Sache halten. Kritik ist nicht schön - aber sie kann Dinge ans Licht bringen, die sie übersehen haben.
3. Was passiert, wenn wir scheitern?
Keiner stellt sich gerne das Worst Case Szenario vor. Die Prozesse könnten sich als weniger robust herausstellen als man angenommen hatte. Und die Beteiligten als weniger qualifiziert. Es ist besser, dies möglichst früh zu erkennen. Manchmal fehlt nur ein weiterer Spezialist, um das Team zu vervollständigen.
Es gibt kein Patentrezept
Bedenken Sie: Wenn diese Fragen zu Kontroversen führen, stellt das nicht ihre gesamte Entscheidung infrage. Es bedeutet lediglich, dass Sie weitere Nachforschungen betreiben oder eine Annahme überdenken sollten. Diese Überlegungen können sie auch in ihrer Entscheidung bestätigen und dieses Gefühl ist doch sehr zufriedenstellend.
Es gibt kein Patentrezept für die Entscheidungsfindung. Mehrdeutigkeiten gehören zum Arbeitsalltag jeder Führungskraft. Zum Beispiel die "Go/no go"-Entscheidung in der Produktentwicklung: Konsumententests sind wichtig, aber Erfahrung ist unerlässlich. Henry Ford hat einmal gesagt "Wenn ich meine Kunden nach ihren Wünschen fragen würde, sie würden ein schnelleres Pferd verlangen."
Vermeiden Sie lineares Denken
Bob Lutz, der Vize-Präsident von General Motors, schreibt in seinem Buch "Guts", dass Konsumenten nicht immer recht haben. Manchmal müssen Entscheider ihrer Intuition vertrauen. Außergewöhnliche Produkte entstehen durch außergewöhnliche Taten und Denkweisen. Auch in der IT. Deshalb stellen Sie sich und ihrem Team die "Habe ich an … gedacht"-Fragen und vermeiden Sie lineare Denkarten.
John Baldoni ist als Berater in den Bereichen Mitarbeiterführung und Kommunikation tätig. Er hat mehrere Bücher in diesem Bereich veröffentlicht. Im Oktober erscheint "Lead By Example: 50 Ways Great Leaders Inspire Results".