Hirn-Training am Computer verbessert nicht grundsätzlich die Leistung unseres Gedächtnisses. Das haben britische Hirnforscher in einer Studie herausgefunden, die im Fachjournal "Nature" erschienen ist (Online-Vorabveröffentlichung der Studie als PDF). Wer am Bildschirm Logeleien und Erinnerungsübungen macht, wird in diesen Disziplinen zwar besser. Auf andere Aufgaben übertragen lässt sich der Lernerfolg aber höchstwahrscheinlich nicht.
Mehr als 11.000 Frauen und Männer zwischen 18 und 60 Jahren trainierten vom Computer aus sechs Wochen lang regelmäßig ihr Gehirn mit Programmen, die sie übers Internet aufriefen. Drei mal in der Woche mussten sie für mindestens zehn Minuten täglich sechs verschiedene Übungen ausführen. Rekrutiert hatte die Teilnehmer der britische Fernsehsender BBC über Ankündigungen in seinen populärwissenschaftlichen Sendungen.
Wirre Wissensfragen
Hirnforscher aus Cambridge, London und Manchester teilten die Probanden in drei Gruppen. Die Mitglieder der ersten Gruppe mussten Aufgaben zum logischen Denken, Planung und Problemlösung erledigen. Der zweiten Gruppe legten sie ein breiteres Aufgabenspektrum vor: Gefordert waren unter anderem Kurzzeitgedächtnis, Aufmerksamkeit, räumliches Denken und Rechnen. Die Aufgaben sollten denen der Gehirn-Jogging-Geräte aus dem Handel ähneln.
Nach und nach machten die Studienleiter die Aufgaben für die Probanden aus beiden Gruppen schwieriger. Wer zur dritten Gruppe gehörte, bekam dagegen kein ausgearbeitetes Übungsprogramm. Die Probanden bekamen wirre Fragen aus sechs Wissensgebieten gestellt.
Sechs Wochen Hirn-Übungen nützen nur begrenzt
Nach sechs Wochen mussten alle Teilnehmer einen umfangreichen Test ihrer Hirnfunktion machen, den sie auch schon vor Beginn des Experiments über sich hatten ergehen lassen. Die Hirnforscher stellten die Ergebnisse einander gegenüber.
Alle 11.430 Probanden schnitten in den Tests besser ab als vor dem sechswöchigen Gehirn-Jogging - auch die aus der Kontrollgruppe ohne spezielles Übungsprogramm. Dieser Effekt ist den Wissenschaftlern zufolge aber typisch für Tests, die Probanden wiederholt machen. Auf das Training sei er nicht zurückzuführen.
Deutlich besser als vor der Übungsphase stellten sich die Teilnehmer nur bei genau den Aufgaben an, die sie trainiert hatten. Sogar bei den Mitgliedern der dritten Gruppe zeigte sich ein Trainings-Effekt: Sie gaben öfter richtige Antworten auf verwirrende Wissensfragen. Allerdings maßen die Forscher bei ihnen geringere Verbesserungen als bei den anderen Teilnehmern.
Übungs-Software bringt nicht mehr als Wissensfragen
Die Studie lieferte keinen Beleg dafür, dass Gedächtnisübungen die Gedächtnisfunktionen gesunder Erwachsener grundsätzlich verbessern. Nicht einmal auf mit den Übungen eng verwandte Aufgaben ließen sich die Trainings-Effekte übertragen.
Die Ergebnisse stützten keinesfalls den weit verbreiteten Glauben, dass die in der Fernseh-Werbung angepriesenen Mini-Computer zum Gehirn-Training das Gehirn grundsätzlich zu mehr Leistung anspornen, schreiben die Studienautoren. Wer sechs Wochen lang beliebige Wissensfragen im Internet beantworte, trainiere sein Hirn ebenso gut wie jemand, der im gleichen Zeitraum mit einem Trainings-Programm übe.