E-Learning

Geht doch!

20.07.2007 von Johannes Klostermeier
Blended E-Learning fristet noch immer ein Schattendasein, weil Unternehmen diese Technik nicht richtig umsetzen. Die Universität St. Gallen zeigt, wie es funktionieren kann.

In anderen Ländern längst eine Selbstverständlichkeit, ist Weiterbildung in Deutschland oft Privatsache. Doch Fortbildung wird für Mitarbeiter wie für Unternehmen immer wichtiger. Bisher allerdings störte die Mitarbeiter beim reinen Lernen am Computer, dass sie sich zu wenig mit anderen austauschen konnten. Das ergab eine Umfrage der Universität St. Gallen.

Die Mitarbeiter des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Uni St. Gallen stellten einen gespaltenen Ruf fest: "Auf der einen Seite wollen Mitarbeiter diese Lernweise kennenlernen und mögen sie. Auf der anderen Seite reagieren viele mit Bedenken und Ablehnung. "E-Learning allein reicht nicht aus, um komplexe Dinge wirklich zu begreifen. Viele der Lernenden wünschten sich in der Befragung zusätzlich ein Follow-Up zum E-Learning“, sagt Institutsmitarbeiter Florian Heidecke.

E-Learning richtig gestalten.

Wie so häufig liegt das Ziel in der Kombination zweier Ansätze, dem sogenannten Blended Learning. Das "integrierte oder vermischte Lernen" bezeichnet eine Lernorganisation, bei der Präsenzveranstaltungen und E-Learning miteinander kombiniert werden.

Blended Learning bringt mehr

Die E-Learning-Forscher am Schweizer Learning Center von Professor Andra Back wollten genau wissen, wie Unternehmen die Bedenken gegen E-Learning überwinden können. Im Auftrag des Schweizer E-Learning-Anbieters Glenfis, Spezialist für ITIL-Zertifizierungen am PC, gingen sie der Frage nach: "Wie kann E-Learning so angepasst werden, dass auch die Kritiker überzeugt sind?" Denn das erwartete Kundeninteresse am E-Learning-Programm von Glenfis war bisher ausgeblieben. Dafür führten Universitätsmitarbeiter Experteninterviews mit Kunden des Schulungsanbieters und analysierten die vorhandene E-Learning-Lösung. Heraus kamen Guidelines, wie Unternehmen ihre Mitarbeiter kosteneffizient und dauerhaft schulen können.

Gut durchdachte Blended-Learning-Konzepte erbringen demnach bessere und dauerhaftere Lernerfolge als reine Präsenz- oder E-Learning-Veranstaltungen. Heidecke: "Bei einem erfolgreichen Blended-Learning-Konzept müssen Selbstlernphasen und Präsenzveranstaltungen aufeinander abgestimmt sein. So lassen sich die Präsenzphasen viel effizienter für den konkreten Austausch über noch bestehende Probleme und weiterhin offene Fragen nutzen."

Wichtig sei auch, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit das Lernen mit Unterstützung elektronischer Medien erfolgreich sein kann. "Beim Lernen am Arbeitsplatz sollten die Mitarbeiter durch nichts abgelenkt werden", sagt Heidecke. Deshalb ist beim Lernen ein Raum wichtig, in dem andere Kommunikationsmöglichkeiten wie Instant Messaging, E-Mail und Telefon möglichst ausgeschaltet sind. Auch sei ein klares Commitment des Managements und vor allem auch der direkten Vorgesetzten der am E-Learning beteiligten Mitarbeiter essenziell für den erfolgreichen Einsatz im Unternehmen. "Die Mitarbeiter dürfen es nicht als Belastung sehen. Deswegen muss genügend Zeit da sein, damit Lernende den Kurs nicht in ihrer Freizeit am Wochenende erledigen müssen", so Glenfis-CEO Martin Andenmatten.

Zu Beginn sollte eine E-Learning-Session stehen, bei der die Grundlagen vermittelt werden - individuell angepasst an das Vorwissen des Lernenden und von ihm gesteuert. Die Schulung im Anschluss sollte darauf aufbauen und dieses Wissen vertiefen, rät das Schweizer Learning Center. Durch einen vorgeschalteten Test und kontinuierliche Überprüfung des Wissens und des Lernerfolgs biete E-Learning nicht nur eine höhere Flexibilität in Bezug auf Zeit und Ort des Lernens als Präsenzveranstaltungen. Auch lassen sich so individuell unterschiedliche Lerngeschwindigkeiten durch die Vertiefung verschiedener Bereiche besser anpassen.

"E-Learning wird wie E-Business bald alltäglich sein. Es wird in Zukunft keine Unterscheidung zwischen 'E' und 'Non-E' mehr geben", sagt Unternehmensberater und Buchautor Marc Rosenberg. E-Learning und das Lernen am Arbeitsplatz werden demnach in Zukunft genauso selbstverständlich sein wie der alltägliche Umgang mit dem Computer. Und Andenmatten rechnet vor: "Zehn Minuten E-Learning spart in der Regel einen halben Tag Präsenzkurs ein."

E-Learning ist kein Königsweg

Der E-Learning-Boom der 80er-Jahre ist allerdings vorbei, Schulungsanbieter mit eher zweifelhafter Reputation sind mittlerweile aus dem Markt gedrängt. Und längst nicht alles muss zwingend per E-Learning gelernt werden, geben selbst die Tool-Anbieter zu. Doch Heidecke ist sich sicher: "Unternehmen, die sich mit den Anforderungen an eine E-Learning-Plattform ernsthaft auseinandergesetzt haben, können sich jetzt profilieren und von günstigen Bedingungen profitieren."