DABEI SEIN, EGAL WAS ES KOSTET - das war lange Zeit die Devise der Unternehmen in Sachen E-Commerce. Das ist vorbei. "Die Ansprüche der Kunden waren damals so hoch wie heute", sagt Manfred Hild, Projekt-Manager beim deutschen Internet-Dienstleister GFT Technologies. "Aber heute haben die Kunden konkretere Vorstellungen." Die Frage, mit der Dienstleister immer wieder konfrontiert werden, lautet schlicht: Was bringt die Investition?
Bisher hielt sich der wirtschaftliche Erfolg der meisten E-Commerce-Projekte in Grenzen - so die Ergebnisse einer aktuellen Befragung des deutschen Beratungsunternehmens KPMG in Kooperation mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). 2500 Unternehmen befragte KPMG, 800 antworteten. Nur 0,1 bis 10 Prozent des Gesamtumsatzes wurden hier online erzielt - Ergebnisse, die weit von den Erwartungen abweichen: Innerhalb der nächsten drei Jahre rechnen 14 Prozent der Unternehmen mit einem E-Commerce-Anteil am Gesamtumsatz von 25 bis 50 Prozent.
Wesentliche Erkenntnis der Befragung: Es muss viel genauer als bisher geplant und kalkuliert werden. Der Ertrag steht im Mittelpunkt; weniger konkrete, finanziell unklare Projekte werden als Basis einer Finanzierung nicht mehr akzeptiert. Mehr noch: "Heute muss innerhalb von maximal sechs Monaten der Return on Investment (ROI) erreicht sein", sagt Georg Hess, CIO des Schweizer Finanzportals Moneycab. Früher sei ein gutes Jahr Zubuttern dagegen achselzuckend akzeptiert worden.
Jähes Ende für Nice-to-Haves
Immer mehr Projekte fallen durchs Raster; Unternehmen konzentrieren sich auf das Wesentliche. "Nice-to-Haves, für die man sich früher interessiert hätte, fallen weg", sagt Christian Leeb, CIO des österreichischen Metallurgie-, Energietechnik- und Wassertechnik-Konzerns VA Tech. Für die realisierten Teillösungen würden Umsetzungsfristen und Budget-Rahmen zunehmend eng bemessen. "Früher hat man ohne zu zögern riesige Portale aufgestellt; heute versucht man, Teile operabel zu kriegen", stell Moneycab-CIO Hess fest.
Der CIO des kürzlich mehrheitlich von der INA Holding übernommenen Schweinfurter Wälzlager-Produzenten FAG Kugelfischer, Werner-Jürgen Schmitt, hält den Wirbel um den Ertrag von E-Commerce-Projekten allerdings für übertrieben. Die Anforderung ist für ihn nicht neu; ein betriebswirtschaftliches Regime habe - zumindest für ernst zu nehmende Online-Business-Aktivitäten - schon immer gegolten. Das Verständnis für fehlgeschlagene Vorhaben in diesem Bereich hält sich bei Schmitt denn auch in Grenzen: "Im Maschinenbau gibt Ihnen keiner Geld zum Spielen. Wir haben uns gestern ebenso darum gekümmert wie heute, unsere Investitionen wieder einzuspielen." Beispiel: Die Realisierung des FAG-Portals zog er nach eigenen Angaben in nur drei Monaten durch - vom Anfang der Entwicklung bis zur Live-Schaltung. Den kühlen Wind der Kalkulation bekommen unterdessen auch die E-Business-Berater zu spüren; die Anforderungen steigen.
Für professionell und unabhängig arbeitende Consultants scheint der Trend gerade deshalb nach oben zu zeigen; ihre Orientierung am ROI wird offenbar geschätzt. Besonders bei der organisatorischen Umsetzung oder der Projektabwicklung scheint es uns sinnvoll, Berater hinzuzuziehen", bestätigt VA-Tech-CIO Leeb. Eine allgemeine Beratung in Sachen E-Business sei heute nicht mehr nötig. Die Kunden seien mit dem Thema vertraut und könnten selbst entscheiden, ob etwas Erfolg versprechend sei oder nicht. Bei projektbezogenen Fragen dagegen ist eine individuelle Beratung heute mehr denn je gefragt, meint nicht nur Leeb - vorausgesetzt, die Qualität stimmt, wie Hess betont: Die Auftraggeber sind immer weniger bereit, sich mit Details auseinander zu setzen. Da wird von Beratern hohe Kompetenz verlangt."
Eine analytische Methode, das Potenzial von E-Projekten abzuschätzen, haben Berater der Meta Group zusammen mit der Fachhochschule Gelsenkirchen entwickelt. Die Grundlage bilden ein Fragebogen und Fach-Interviews. Dabei geht es um folgende Fragen: Welche Schlüsselqualifikationen weisen Ihre Mitarbeiter auf? Inwieweit nutzen sie das Internet? Lassen sich die Mitarbeiter für E-Commerce-Projekte begeistern? Aus den Antworten soll anhand eines Indexes die so genannte Electronic Commerce Readiness hervorgehen. Dieses diagnostische Instrumentarium erlaube am Ende Rückschlüsse auf den ROI - versprechen zumindest die Entwickler der Methode.