Vorbei sind die Zeiten, in denen die "EDV" am längeren Hebel saß als die Fachabteilungen. Heute muss sich die IT häufig den Vorwurf gefallen lassen, Kosten und Nutzen stünden bei ihr in einem schlechten Verhältnis. Dabei schwingt der Vorwurf mit, dass in der IT Ressourcen verschwendet werden. Das IT Service Management Forum Deutschland e.V. (itSMF) hat das Thema aufgegriffen und in den Mittelpunkt eines CIO-Roundtables gestellt. Es ging um Themen wie Festlegung der Effizienzrendite, Absprungbasis für die Berechnung von Business Cases sowie Kostentreiber und Sparmaßnahmen.
Das Motto der Tagung lautete: "Was kommt nach ITIL … EBIT!" Mit dem letztgenannten Kürzel war allerdings nicht der Beitrag der IT zum Profit des Unternehmens gemeint, sondern das "Effizienzsteigerungsprogramm Basisbetrieb IT" der Bundesagentur für Arbeit (BA), die das CIO-Treffen in Nürnberg maßgeblich unterstützte. Bei Deutschlands größter Behörde arbeiten rund 2.200 IT-Experten, die sich um 100 IT-Verfahren, 160.000 PC-Arbeitsplätze, drei hochverfügbare Rechenzentren und zirka 1.800 angebundene Liegenschaften kümmern. Wie Martin Deeg, Geschäftsführer des IT-Systemhauses der BA, beteuert, sieht er die Informationstechnik der BA auf dem Weg, "der leistungsfähigste und wirtschaftlichste IT-Dienstleister im öffentlichen Bereich" zu sein.
Für die Umsetzung dieser Vision hat die IT der Behörde ein umfangreiches Maßnahmenpaket definiert. Dazu zählt neben der Ausrichtung der IT-Betriebsprozesse an ITIL vor allem ein Effizienzprogramm, das auf fünf Säulen ruht:
1.Benchmarking der Produkte und Prozesse,
2. Lifecycle-Management,
3. kontinuierliche Verbesserungsprozesse,
4. Business-Analyse und
5. Konzentration auf Effizienzthemen wie "Automatisierung" oder Einsatz von Consumer-Produkten.
Vor allem geht es aber auch darum, Verschwendung zu identifizieren, so EBIT-Projektleiter Rolf Frank. Die einfachste Art zu sparen sei es doch, Dinge schlicht nicht mehr tun zu müssen - oder wenn schon, dann richtig. "Verschwendung betrifft in erster Linie die falsche oder die Über-Bereitstellung von Ressourcen", erläuterte Frank.
Dies passiere etwa, wenn der tatsächliche Bedarf der Fachabteilungen und die IT-Leistungen nicht übereinstimmten. Als strategische Maßnahmen empfiehlt er Prozessanalysen, Anforderungsanalysen und Kontinuierliche Verbesserungsprozesse sowie Schulungen, die das Thema aktiv adressieren und Lösungswege aufzeigen.
Schwarzer Peter nicht immer bei der IT
Jörg Ziegler, IT-Leiter des Flughafens Nürnberg, verwies in seiner Präsentation auf den Kostendruck in der Luftfahrtbranche und die Notwendigkeit, Ressourcen effizient einzusetzen. Für ihn handelt es sich beispielsweise um Verschwendung, "wenn Wartungsverträge nicht auf ihre zwingende Notwendigkeit hin geprüft werden und dabei auch noch Alternativen unberücksichtigt bleiben".
In bestimmten Fällen könne ein vernünftiger Ersatzteilvorrat, kombiniert mit internen Kenntnissen, die kostengünstigere Variante sein. Der Schwarze Peter liege aber nicht automatisch bei der IT: "In den Fachbereichen muss das Hauptaugenmerk auf dem tatsächlich notwendigen Funktionsumfang der Software sowie auf Desktop- und Mobile-Devices gelegt werden", fordert der IT-Leiter des Nürnberger Flughafens.
Die IT müsse ihre Beraterrolle ernst nehmen sowie über gute Prozess- und Applikationskenntnisse verfügt, fordert Ziegler. Denn dann sinke die Gefahr, dass die Fachabteilungen unnötige oder zu mächtige Softwareprodukte einsetzen. "Vorhandene Applikationen werden sichtbar, vermeidbare Neuanschaffungen mit der zusätzlichen Gefahr des Wildwuchses eingedämmt", so beschreibt Ziegler den Idealzustand. Eine Steuerung kaufmännischer Vorgaben für die IT gründe auf einem hohen Maß an Transparenz, und dazu seien Prozesse für SLA-Management und IT-Controlling notwendig. Für die Automatisierung diese Aufgaben setzt Ziegler das Produkt "ServiceCenter" von Acosoft ein - "sowohl in der Planungsphase als auch in der kontinuierlichen Steuerung", wie er ausführt.
Anforderungen an die Ziele anpassen
Die Frage nach dem Ausgangspunkt der Optimierung löste besonders lebhafte Diskussionen aus. Offenbar existieren hier keine allgemein gültigen Ansätze. "Pauschale Aussagen sind nicht angebracht", bestätigte Markus von der Heyde, IT-Berater und ehemaliger CIO der Bauhaus-Universität Weimar: "Es gibt zu viele Umgebungsfaktoren für eine Verallgemeinerung".
Nach den Erfahrungen des Beraters sollte die Nulllinie für jeden Business Case spezifisch gewählt werden und rückblickend einen ganzen Investitionszyklus umfassen. Zentraler Punkte seien die Kommunikation und Vereinbarungen zwischen der IT und ihren Kunden: "Ob der IT-Dienstleister die falschen Produkte auf Basis unklarer Anforderungen erstellt, oder ob die IT-Nutzer die Angebote unzweckmäßig verwenden, ist letztlich unwichtig." Würden Anforderungen, Angebote und Nutzung nicht durch Kommunikation aufeinander angestimmt, komme es schnell zur "IT-Verschwendung".
Anders, wenn die IT bereits hochgradig auf die Anforderungen des Kunden optimiert ist. Dann ließen sich Einsparziele durch eine Veränderung der Anforderung umsetzen, argumentierte von der Heyde: "Will ein Kunde weniger IT nutzen, sollte er auch Sparziele vorlegen können."
Einsparungen bei steigenden Anforderungen erfordern eine Optimierung. Dabei bleiben nicht optimierte oder optimierbare Parameter wie die Qualität oftmals auf der Strecke, weiß der Berater. Das führe später zu unerwünschten "Nebeneffekten" Von der Heydes Fazit: "Wenn Anforderungen, Leistungen und Nutzung noch nicht zusammen passen, sind Einsparungen eine gute Vorgabe, um der IT und ihren Kunden einen Anlass zur Optimierung zu geben."
Benchmarking als Standortbestimmung
Eine konkrete Methode zur Standortbestimmung ist das IT-Benchmarking, wie es beispielsweise von der BA intensiv genutzt wird. Steven Handgrätinger, Vorstandsmitglied des itSMF und Moderator der CIO-Veranstaltung, stellte mit "TVIT 4D" (Total Value of Information Technology) einen Ansatz zur Performance-Messung vor, der auf einer Kooperation des itSMF Deutschland mit dem Benchmarking-Spezialisten Maturity basiert. Mit dieser Art der "Due Diligence" könnten Unternehmen erkennen, wo ihre IT im Hinblick auf die Aspekte Kosten, Kundenzufriedenheit und Prozessreife im Vergleich zum Markt steht. Die Analyse bewertet und vergleicht den Reifegrad von ITSM-Kernprozessen auf Basis des PMF-Reifegradmodells von ITIL.
Eine vermittelnde Instanz
Eine Möglichkeit, Verschwendung zu vermeiden, ist eine vermittelnde Instanz zwischen IT und Business. Dafür plädierte Erich Ehbauer, CIO von Apollo-Optik: "Anforderungs- und Projekt-Management sollten in einer neutralen Stabstelle unterhalb der Geschäftsführung angesiedelt sein." Der Optik-Konzern verfügt über ein spezielles Consulting-Team in der IT, das nicht Teil der Softwareentwicklung ist. Es arbeitet einerseits eng mit dem Projekt-Management zusammen und berät andererseits die Fachabteilungen - bei Bedarf von der Erstellung der Anforderungen mit hohem IT-Anteil bis zur Begleitung der Projektumsetzung.
Ohne eine solche neutrale Instanz trügen häufig beide Seiten, IT und Business, das Ihrige zur Verschwendung bei, so Ehbauer: "Die Fachabteilungen können es meist nicht besser, und die IT verhindert es nicht oder kann nicht gut genug beraten." Ein Steering-Komitee aus Geschäftsführung, Leitung Projekt-Management und CIO sorgt bei Apollo Optik dafür, dass die Projekte richtig priorisiert werden.
Die Verantwortung für einen effizienten und effektiven Geschäftsbetrieb müssen Business und IT gemeinsam tragen. Nur wenn beide Seiten an einem Strang ziehen, lässt sich Verschwendung tatsächlich eindämmen. (Computerwoche)