Wenn die Gerüchte stimmen, wird Apple am Dienstag seine iPhone-Strategie grundlegend ändern: Erstmals dürfte parallel zu einem neuen Flaggschiff-Modell auch eine günstigere Version des Smartphones vorgestellt werden. In den vergangenen Wochen tauchten im Internet so viele Fotos von Plastik-Gehäusen für ein neues iPhone in verschiedenen Farben auf, dass es kaum noch Zweifel daran geben kann. Allerdings blieben die beiden zentralen Fragen zum wahrscheinlichen iPhone 5C bisher unbeantwortet: Was wird es kosten? Und wie unterscheidet es sich von dem neuen Spitzen-Modell?
Bisher stellte Apple einmal pro Jahr ein neues iPhone vor, das stets unter den teuersten auf dem Markt war. Aktuell gibt es ein iPhone 5 ohne Telefonvertrag ab 679 Euro. Zugleich wurden frühere Versionen günstiger angeboten, wie zum Beispiel derzeit die Modelle iPhone 4 und 4S. Mit diesem Rezept legte Apple das Fundament für seine Milliarden-Gewinne.
Analysten rechnen damit, dass eine aktuelle günstigere iPhone-Alternative die bisher fabelhaften Renditen schmälern könnte - es ist nicht auszuschließen, dass einige Käufer sich gegen das teure Modell entscheiden. Zugleich nehmen die Apple-Beobachter aber an, dass schon zuletzt viele Kunden zu den älteren Modellen griffen, auch wenn Apple selbst dazu keine Zahlen nennt. Und das Plastik-Modell könnte für den kalifornischen Konzern den Markt erweitern.
Denn das Smartphone-Geschäft hat sich verändert. Einerseits kommen immer mehr günstigere Computer-Handys auf den Markt, die mit dem iPhone konkurrieren. Und andererseits erfasste die Smartphone-Revolution inzwischen auch die Schwellen- und Entwicklungsländer, wo die Einwohner mehr aufs Geld achten müssen. So glaubt Morgan-Stanley-Analystin Katy Huberty, dass ein iPhone 5C Apple auf den ersten Platz im wichtigen Riesen-Markt China katapultieren könnte.
Hartnäckig hält sich zudem die Spekulation, Apple habe endlich auch den Mobilfunk-Betreiber China Mobile als Partner gewonnen. Ein Problem war bisher, dass die chinesische Nummer eins auf einen eigenen Funk-Standard setzte. Apple deutete bereits an, dass China diesmal stärker im Fokus steht: Erstmals wird die Vorstellung der neuen Geräte wenige Stunden später als Aufzeichnung für ein ausgewähltes Journalisten-Publikum in China zu sehen sein. Bei solchen Events kann man traditionell auch gleich die neuen Geräte ausprobieren. In Europa wird die Präsentation um 19.00 Uhr am Dienstag diesmal nicht wie bisher üblich nach London, sondern in den neuen Berliner Apple-Store übertragen.
Beim neuen Spitzenmodell rechnen die Experten unterdessen eher mit einem in Details verbesserten iPhone 5S statt eines grunderneuerten iPhone 6. Es dürfte weitgehend genauso aussehen wie die aktuelle Generation mit ihrem dünnen Aluminium-Gehäuse. Während sich am Markt größere Bildschirme durchsetzen, dürfte Apple zumindest vorerst bei der Bildschirm-Diagonale von 4 Zoll (gut 10 cm) bleiben. Laut einem jüngsten Bericht des "Wall Street Journal" testet der Konzern allerdings Geräte mit bis zu 6 Zoll großen Displays.
Auch wenn Apple immer wieder alles mögliche ausprobiert, was später nie auf den Markt kommt, könnte diesmal mehr dahinterstecken. Jüngst sagte Konzernchef Tim Cook schließlich, dass aus seiner Sicht das zentrale Argument gegen größere Smartphone-Bildschirme - Kompromisse bei der Bildqualität - weitgehend ausgeräumt sei.
Zusammen mit den neuen iPhones veröffentlicht Apple auch das neue Betriebssystem iOS 7, das so viele Veränderungen bringt wie keine neue Version seit sechs Jahren. Unter anderem wurde die Optik komplett überholt, das Nachahmen echter Strukturen wie Holz, Papier, Leder oder Leinen gehört der Vergangenheit an.
Auch wenn der große Rivale Samsung auf der IFA in Berlin mit seiner Smartwatch Galaxy Gear vorpreschte, rechnen Beobachter jetzt noch nicht mit einer Apple-Antwort - auch wenn der Konzern schon lange an einer iWatch arbeiten soll. Zudem gibt es widersprüchliche Berichte, ob jetzt schon die für Herbst erwarteten neuen iPad-Tablets vorgestellt werden, oder ob es dafür einen Extra-Event geben wird.
Zugleich ist aber auch möglich, dass Tim Cook nach den ganzen Internet-Fotos aus der Produktionskette doch noch eine Neuheit direkt vom Reißbrett aus dem Hut zaubert. Im Juni präsentierte Apple so den neuen Computer Mac Pro, der erst im Herbst in die Läden kommen wird. (dpa/rs)