Nicht mehr für fünf bis zehn Jahre wird beim Touristik-Weltmarktführer in Hannover geplant. Stattdessen wird die IT-Planung bis zu zwei Mal im Jahr angepasst. Dieses flexible Strategiemanagement ist bei dem ehemaligen Multikonzern (Energie, Stahl- und Anlagenbau) sehr angebracht, denn das Geschäft unterliegt mannigfachen Unwägbarkeiten.
Dazu zählen vor allem das Reiseverhalten der Kunden und die unerwartete Zunahme von Internetbuchungen. Noch sind auch die Turbulenzen der unter anderem durch Terroranschläge ausgelösten Krisenjahre verwunden. Konzern-CIO Heinz Kreuzer blickt dennoch optimistisch in die Zukunft: "Wir sehen eine leicht positive Entwicklung unseres Gesamtgeschäfts. Besonders die Online-Buchungen wachsen erfreulich in allen Märkten."
Sein Budget nennt er mit 250 Millionen Euro und einem Anteil von zwei Prozent am Gesamtumsatz "recht stabil". Die Budgetverantwortung liege zwar bei den einzelnen Konzerngesellschaften, die zentrale Governance und das Controlling jedoch bei ihm.
IT-Ausgründung für mehr Transparenz
Kreuzer, der direkt an den Vorstand berichtet, führt rund 1000 IT-Mitarbeiter. Dazu zählen die etwa 450 Mitarbeiter der IT-Tochter TUI Infotec, deren CEO er ist. 300 Mitarbeiter sind im IT-Bereich in London tätig, insgesamt arbeiten 250 in Stockholm, Enschede, Paris und in Palma de Mallorca.
Im Rahmen einer Neustrukturierung der Gruppe hatte der Konzern sich 1997 entschlossen, auch den IT-Bereich in eine eigene Gesellschaft auszugründen. Ziel war es, die Transparenz zwischen den verschiedenen Konzernbereichen zu erhöhen. Kreuzer hält dieses Ziel heute für erreicht: "Außerdem erwarten wir von der Tochter, dass sie Dienstleistungen nach marktkonformen Mechanismen und Preisen erbringt."
Im vergangenen März lagerte die TUI ihr gesamtes Netzwerk an T-Systems aus. Die Telekom-Tochter soll zunächst die bisherigen Teilnetze der 2600 internationalen Standorte zusammenführen. Ein multiprotokollfähiges Hauptnetz verbindet die Zentrale in Hannover mit London, Stockholm, Athen, Paris und Palma. Rund 2200 Reisebüros, berichtet Kreuzer weiter, sind in Europa mit den jeweiligen Landeszentralen verbunden. Da alle nationalen Gesellschaften bislang ihre Netze in Eigenregie von insgesamt rund 20 verschiedenen Providern betrieben ließen, so der CIO, seien diese verschieden strukturiert und leistungsfähig. Durch die Vereinheitlichung des Netzes sollen alle Reisebüros, Verwaltungen und Hotels der TUI-Kette künftig ohne Umweg über die jeweilige Landeszentrale untereinander Daten austauschen können.
Outsourcing-Anteil steigt ständig
Durch diesen Service, rechnet Kreuzer vor, erhöhte sich der Outsourcing-Anteil des Konzerns von vorher zehn auf jetzt etwa 15 Prozent. Und in dieser Richtung geht es weiter - doch es gibt Grenzen: "Die IT ist für einen Touristikkonzern wie die TUI wie die Produktionsstraße für die Dienstleistung, die wir anbieten", konstatiert Heinz Kreuzer. "Daher werden wir mit Sicherheit IT-Komponenten wie Projektmanagement, Qualitätssicherung und Ähnliches nicht an Externe geben. Wir müssen aber nicht die Fertigung von Softwarekomponenten beziehungsweise Dienstleistungen im Bereich IT-Operations immer komplett mit eigenen Mitarbeitern machen."
Seine Aufgabe als Konzern-CIO sieht er im Aufbau der Architektur und im Definieren der Systemlandschaft. Dabei bewegen ihn Fragen der Art: Welche sind die Standards der IT-Plattformen, und in welcher Richtung müssen sich Systeme und Lösungen weiterentwickeln? Dazu hat Kreuzer ein Kernteam von ungefähr einem Dutzend Mitarbeitern mit Consulting-Funktion um sich geschart.
Die vergangenen zwei Jahre standen bei Kreuzer vor allem im Zeichen der Konsolidierung der Anwendungslandschaft. Die künftigen IT-Aktivitäten teilt er in drei Blöcke ein:
1. Infrastruktur, also Betrieb und Weiterentwicklung von Servern und Netzen;
2. die Anwendungen für zentrale Unternehmensbereiche, darunter der Zentraleinkauf sowie die "Shared Service Center" für Finanzen und Personal;
3. touristische Kernsysteme, also die Reservierungs- und Einkaufssysteme für die touristischen Komponenten, weiter zu konsolidieren und zu vereinheitlichen. Das Ziel: nur noch ein System für alle Unternehmen des Konzerns zu haben.
Der dritte Block ist sicher der komplexeste und bereitet Kreuzer das meiste Kopfzerbrechen. Gleichzeitig ist der Totalstandard jedoch sein größter Ansporn. Einen festen Terminplan, wann das Idealziel erreicht sin soll, gibt es freilich nicht. "Irgendwann einmal", wenn es machbar ist, soll es so weit sein.
Am Kriterium der Machbarkeit zeigt sich die "lebende" IT-Strategie von TUI.