Maßanzug Enterprise Cloud

Geschäftsprozesse und Collaboration verschmelzen

25.04.2014 von Holger Imbery
Cloud-Services für die Sprachkommunikation lassen immer mehr Unternehmen darüber nachdenken, ihre Geschäftsprozesse und Collaboration kostensparend zu "Communications Enabled Business Processes" zu verschmelzen.
Wie Geschäftsprozesse und Collaboration verschmelzen.
Foto: buchachon - Fotolia.com

Immer mehr Anbieter drängen mit Cloud-Services in der für Unternehmen so wichtigen Sprachkommunikation auf den Markt. Diese Dienste werden oft um Collaboration-Funktionalitäten ergänzt. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen versprechen die neuen Cloud-Angebote der Carrier und großen Internet-Service-Provider enorme Kostensenkungspotenziale - vor allem im Hinblick auf Investitionen in die klassische Sprachinfrastruktur sowie deren Betrieb. Auf dem europäischen Markt herrscht jedoch deutliche Zurückhaltung beim Umstieg auf Cloud-Services. Der Grund: Nach den jüngsten Abhörskandalen hegen die Firmen Sicherheitsbedenken und machen sich Sorgen um die Serviceverfügbarkeit.

Enterprise Cloud für mehr Sicherheit

Wichtig zu wissen ist, dass Unternehmen, die das Potenzial einer Server-Virtualisierung erkannt und umgesetzt haben, durch die zusätzliche Virtualisierung ihrer Collaboration-Landschaft Kosten senken und gleichzeitig die Produktivität steigern können. Allerdings werden bei der Nutzung von Collaboration-Services aus einer Public Cloud personenbezogene Daten in die Hände Dritter gegeben. Es gilt deshalb, neben unternehmensinternen Vorschriften auch Datenschutzrichtlinien umfassend zu beachten. Zusätzlich muss sichergestellt werden, dass der Zugriff auf die Public-Cloud-Infrastruktur gesichert und nicht abhörbar erfolgen kann.

Um den immensen Sicherheitsbedenken Rechnung zu tragen, bevorzugen viele Unternehmen einen Umstieg auf Inhouse-Services im virtualisierten Data Center oder auch virtualisierte Server, also Services aus einer privaten Cloud - mit anderen Worten: Enterprise Cloud. Bei der Nutzung der Enterprise Cloud sind zwar ebenfalls unternehmensinterne Regeln zu befolgen, aber Datenschutzrichtlinien können hier mit erheblich geringerem Aufwand realisiert werden. Grundsätzlich stellt sich jedoch die Frage, wie diese Lösungen in den Unternehmen in die Tat umgesetzt werden.

6 Wege zu besserer Zusammenarbeit
6 Wege zu besserer Zusammenarbeit
Mit einem Appell zu "Extreme Collaboration" rufen die Analysten zu intensiverer Kommunikation auf - etwa mittels Crowdsourcing und Social-Media-Analysen.
1. Web-basierter Collaboration einen Platz verschaffen:
Der Einsatz virtueller und web-basierter Collaboration im Arbeitsalltag der Mitarbeiter sollte nach Gartner-Einschätzung aktiv befördert werden. Die Analysten raten dabei zum Experimentieren. Ein Ansatz sei die gezielte Auswahl einer bislang auf traditionellem Wege – also durch persönliche Meeting oder E-Mail – erledigten Aktivität. Die Mitarbeiter sollten dazu ermuntert werden, diese Tätigkeit künftig möglichst via web-basierter Collaboration zu erledigen.
2. Near-Real-Time-Communication nutzen:
Stimuliert werden sollte laut Gartner auch die fast in Echtzeit verlaufende Kommunikation in den sozialen Netzwerken – also das Bloggen, Twittern oder Updaten von Facebook-Seiten. „Das Etablieren von Real-Time Communication-Gewohnheiten am Arbeitsplatz ermöglicht einen freieren Informationsfluss und proaktivere Mitteilungen, so dass die Leute schneller auf unerwartete Ereignisse und Störungen antworten können“, so die Analysten.
3. Crowdsourcing und populäre Social-Media-Tools nutzen:
Als Trigger für einen dynamischen Gedankenaustausch zu einem aktuellen Problem empfiehlt Gartner, einen “Tweet Jam” ins Leben zu rufen. Man müsse nur einen Zeitrahmen und ein Thema festlegen und die Mitarbeiter zur Teilnahme am Brainstorming animieren. „Anders als bei Diskussionen im Meeting Room wird die Kommunikation festgehalten“, so Gartner.
4. Belohnungssysteme verändern:
Statt alleine individuelle Leistungen und punktuelle Erfolge zu honorieren komme es bei XC darauf an, auch kollaboratives Handeln im Team zu belohnen, das zur Lösung komplexer Probleme beiträgt. „Der Einsatz von Collaboration-Technologien macht es auch einfacher, gemeinschaftliches Verhalten nachzuverfolgen und direkt mit den erreichten Resultaten zu verknüpfen“, so Gartner.
5. Messungen mit Social Network Analysis:
Mit Social Network Analysis (SNA) und manchen Social-Media-Seiten lässt sich der Einfluss bestimmter Menschen in sozialen Netzwerken beobachten. Eine XC-Kultur basiere auf Offenheit, Vertrauen und gegenseitigem Respekt, erläutert Gartner. SNA sei eine Technik, die bei der Identifizierung starker sozialer Netzwerke mit dieser Grundlage helfe.
6. Kick-Start durch Gruppen-Events:
Mit Hilfe weniger einfacher Schritte kann man laut Gartner Mitarbeiter aus der Komfortzone holen und zum Ausprobieren neuer Arten von Collaboration und Interaktion bewegen. Ein Beispiel sei es, interne Experten via mobiler Videos in Meetings zu holen. E-Mail könnte für eine bestimmte Zeitspanne intern abgeschaltet werden. Auch Gamification – also der Einsatz Computerspiel-basierter Techniken – sei eine Möglichkeit, alte Gewohnheiten aufzubrechen, so Gartner.

Virtualisierung der Collaboration-Plattform

Obwohl sich die traditionelle Telefonanlage zu einer umfassenden Collaboration-Plattform auf Applikationsbasis entwickelt hat, verkörpert diese sehr oft eine Art Silo mit eigener Infrastruktur und Servern im Unternehmensnetz. Die Virtualisierung dieser Umgebungen bricht diese Silostruktur auf. Dadurch wird es möglich, die Collaboration-Anwendung in der gleichen Umgebung zu betreiben, in der auch die für Geschäftsprozesse relevanten Applikationen vorliegen. Damit findet Collaboration ihren Platz in der IT-Enterprise-Architektur. Dies erleichtert es zusätzlich, die Geschäftsprozesse mit synchroner Kommunikation zu ergänzen und deren Vorteile zu nutzen. Durch die Virtualisierung können nicht zuletzt auch unnötige Investitions- und Betriebskosten vermieden werden.

Geschäftsprozesse und Collaboration verschmelzen

Die ökonomischen Effekte durch Collaboration-Applikationen lassen sich in zwei Bereiche gliedern.

Der Effekt der Produktivitätssteigerung wird verstärkt, wenn die Collaboration-Applikation nicht nur eine "zusätzliche" Anwendung ist, sondern zur Verbesserung des reibungslosen Ablaufs der Geschäftsprozesse genutzt wird. Das bedeutet nämlich, dass der Geschäftsprozess mit Collaboration-Lösungen verschmilzt und zu einem Communication Enabled Business Process (CEBP) wird.

Maßgeschneiderte Kommunikationswerkzeuge für jeden Mitarbeiter

Eine flächendeckende Versorgung mit den gleichen Werkzeugen für alle Mitarbeiter hat sich in der Praxis jedoch als eher unwirtschaftlich herausgestellt. Zuweilen kann dies sogar produktivitätshemmend wirken, denn nicht jeder Mitarbeiter benötigt Videoconferencing oder nutzt mobile Endgeräte. Unternehmen sollten die eingesetzten Collaboration-Tools deshalb an die jeweilige Mitarbeiterrolle anpassen.

Anhand von eingeführten Modellen wie zum Beispiel des Media-Richness-Modells sind rollenspezifische Gestaltungen der Arbeitsplätze möglich. Durch eine solche rollenorientierte Auswahl der Collaboration-Werkzeuge werden Mitarbeitern nur die für ihre Tätigkeit nötigen Tools zur Verfügung gestellt und an ihren spezifischen Bedarf angepasst.

Die Lösung wird sozusagen maßgeschneidert auf jeden Mitarbeiter abgestimmt und ermöglicht so eine tiefe Integration in die Geschäftsprozesse des Unternehmens sowie in die individuellen Arbeitsplatzbelange. Die Projekterfahrung zeigt, dass dadurch unnötige Mehraufwände vermieden werden und ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis erreicht wird.

Wie Social-Business-Software zum Erfolg wird
Mit Teamwork Wissen sammeln und sparen
Mit Social-Business-Software und der Integration von Anwendungen können Unternehmen ihre Effizienz und Gewinne steigern. Allerdings nur dann, wenn "Social Collaboration" von den Mitarbeitern akzeptiert wird. Tipps zur Planung und Softwareauswahl finden Sie hier.
Akzeptanz für Teamarbeit schaffen
Bei zahlreichen Unternehmen und ihren Mitarbeitern konnte das Prinzip der Enterprise 2.0 aufgrund der schnelleren und geradlinigeren Kommunikation sowie einer größeren, geteilten Wissensbasis schon hohe Akzeptanz erlangen. Überzeugt hat ferner die kostensensible Kopplung verschiedener Funktionen, die früher in separaten Lösungen parallel gepflegt werden mussten.
Modulare Softwarelösungen sind von Vorteil
Ist dieser Punkt geklärt, empfiehlt es sich, Anbieter zu vergleichen und eine Social-Softwarelösung auszuwählen, die modular zusammengestellt werden kann. Auf diese Weise ist die Lösung nicht nur maßgeschneidert, sondern zudem jederzeit um zusätzliche Module erweiterbar.
Anwendungsgebiete für den Mittelstand
Eine "Rundum-Sorglos-Lösung", die wirklich jeden Unternehmensbereich abdeckt, ergibt für kleine und mittelständische Betriebe sicherlich erst ab einer gewissen Größe Sinn. So wäre es beispielsweise bei wenigen Mitarbeitern, die alle an demselben Standort arbeiten, eine Lösung überdimensioniert, die Buchhaltung oder Urlaubsverwaltung über eine Enterprise-2.0-Lösung zu betreiben. Hingegen kann es bereits in kleinen Teams sehr sinnvoll sein, Wissen zu sammeln und zu speichern, eine Datenbank zu pflegen und Dokumente zu verwalten.
Positive Gruppenbildung für mehr Kommunikation und Wissen
So greifen in einer Intranet-Enterprise 2.0-Lösung beispielsweise Kommunikationsbausteine ineinander, die ansonsten parallel gepflegt werden müssten. Der Austausch kann über Chats oder Messaging-Funktionen ebenso erfolgen wie über persönliche Nachrichten innerhalb des Systems, die der E-Mail ähnlich sind.
Activity Streams halten auf dem Laufenden
Social-Software-Angebote haben ihren Ursprung oft in Funktionalitäten, die sich an Social-Media-Netzen orientieren. So kann ein mittelständisches Unternehmen seine Mitarbeiter mit sogenannten Activity Streams auf dem Laufenden halten: Direkt auf der Portalstartseite eines Mitarbeiters blendet der Activity-Stream neue Postings oder Aktionen der Organisationsmitglieder ein, auch Aktivitäten in Gruppen werden angezeigt.
Wissens-Pool hilft Zeit und Geld sparen
Wikis, Blogs und Foren, die ihren Ursprung ebenfalls im sozialen Netz haben, können sich auf dieselbe Weise positiv auf die Kommunikation in mittelständischen Firmen auswirken. Klassische Anwendungsbeispiele sind hier Nachfragen zu einem Projektstatus, die für jeden Beteiligten einsehbar sind, Fragen zu Problemen oder Vorgängen, die über diese Wege direkt geklärt werden können, oder der Austausch zu fachspezifischen Themen.
Kundendaten verwalten und Projekte abwickeln
In einer Social-Software-Lösung können Kundenkommunikation, interner Austausch, organisatorische Aufgaben und vieles mehr gleichzeitig abgewickelt werden. So verfügen einige Anbieter über ein integriertes CRM-System, in dem alle Kontakte angelegt und verwaltet werden. Damit werden erforderliche Ansprechpartner über eine Suchfunktion inklusive aller Kontaktdaten schnell gefunden.
Dokumenten-Management integrieren
Auch in der Koordination von Projekten kann Social-Business-Software den Mittelstand unterstützen, und zwar auch über die bereits erwähnten Gruppen hinaus. Zum Beispiel führt ein in die Social-Software integriertes Dokumenten-Management-System dazu, dass Dateien und Dokumente sicher ausgetauscht und versionsgetreu oder parallel bearbeitet werden können.
Buchhaltung, Reisekosten, Urlaubs- und Projektplanung inklusive
Mittelständler, die ihre Buchhaltung intern abwickeln, können die Fibu bei einigen Anbietern direkt mit der Social-Business-Software verknüpfen - wovon auch Mitarbeiter über die Finanzabteilung hinaus profitieren. Dazu legen einige Lösungen zum Beispiel Personalakten je Mitarbeiter an, die jeweils die vertraglich geregelten Arbeitszeiten sowie Urlaubstage dokumentieren.

Virtualisierung sorgt für Deduplizierung der Daten

Die Vorteile von virtualisierten Collaboration-Landschaften sind identisch mit denen virtualisierter Data Center. Die Server-Konsolidierung senkt die Ausgaben für Anschaffung und Betrieb von Server-Hardware sowie für die aktiven und passiven Netzkomponenten. Zudem vermindert sie den Energie-, Platz- und Kühlungsbedarf. Letzteres führt auch zu Kohlendioxid-Reduktion, sichert Nachhaltigkeit und den Weg zur Green IT.

Zusätzlich wird mit der Collaboration-Virtualisierung die Deduplizierung der Daten weiter vorangetrieben. Während bei einer Trennung von Geschäftsapplikationen und Collaboration-Umgebungen vornehmlich parallele Datenhaltungen vorliegen, werden durch die Virtualisierung und die Einführung von einheitlichen Strukturen Datenbestände verwoben und redundante Daten identifiziert sowie eliminiert.

Aus dem Silo in die Enterprise Cloud

Viele dieser Effekte sind nicht zu erreichen, wenn Collaboration-Lösungen einfach vom Silo in die Public Cloud wandern. Zwar fallen die Investitionen und die Kosten für den Betrieb komplett weg, werden aber durch Kosten für Service-Level-Management und Provider-Steuerung aufgefressen. Zusätzlich sind die eingangs erwähnten Maßnahmen zu ergreifen, wodurch zusätzliche Kosten für den gesicherten Access der Public Cloud sowie für die rechtssichere Datenverarbeitung durch Dritte entstehen.

Wenn Unternehmen eine bestimmte Größe und Komplexität erreicht haben und synchrone Kommunikation als Beschleuniger nutzen sowie diese als integralen Bestandteil ihrer Prozesslandschaft sehen, dann schaffen Public-Cloud-Services eher mehr zu bedienende Schnittstellen als weniger: Collaboration-Lösungen müssen sicher über öffentliche Netze mit unternehmenskritischen Applikationen verbunden werden, der externe Zugriff auf personenbezogene Daten sowie die Speicherung dieser Daten auf Fremdsystemen ist gesetzeskonform zu gestalten. Eine komplette Auslagerung von prozessrelevanten Daten in die Public Cloud gibt unternehmenskritische Informationen in die Hände Dritter. Durch die Auslagerung ist eine tiefe Integration in die Geschäftsprozesse und eine rollenspezifische Gestaltung von Arbeitsplätzen kaum möglich.

Die Virtualisierung von Collaboration-Lösungen ist längst keine Zukunftsvision mehr. Bei einer Entscheidung für die Public Cloud muss die Lösung stark standardisiert aufgesetzt werden, um die gewünschten Kosteneffekte zu erreichen. Dementgegen kann in einer Enterprise Cloud eine auf die Geschäftsprozesse individuell zugeschnittene Lösung bereitgestellt werden und den größtmöglichen Prozessnutzen entfalten. Der Entscheider hat somit die Wahl zwischen einem wirtschaftlich optimierten "Maßanzug" oder einer preiswerten Standardlösung mit zusätzlichen Herausforderungen in Bezug auf Datenschutz, Sicherheit und Verfügbarkeit.

Dieser "Maßanzug" ist in der Lage, jedem Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz auf effiziente Art und Weise die Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, die er benötigt. Die Bereitstellung kann auf den vom Mitarbeiter für seine Tätigkeit benötigten Endgeräten mit einer für ihn einfach zu erlernenden, einheitlichen Oberfläche erfolgen.

Collaboration-Lösungen schaffen die Möglichkeit, komplexe Vorgänge durch Kommunikation zu vereinfachen, Dienste wie Video zu integrieren, Schnittstellen zu reduzieren und Medienbrüche zu vermeiden. Dieses Potenzial darf nicht - auf der Suche nach dem günstigsten Preis - dem unzulässigen Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen geopfert werden.