Compliance und Weihnachtsbescherung

Geschenke – ja, bitte mehr davon, das ganze Jahr!

Kommentar  von Bernhard Kuntz
Manche Arbeitgeber übertreiben es mit ihren Compliance-Regeln und gönnen ihren Mitarbeitern zu Weihnachten nicht mal den Lebkuchen ihres Lieferanten. Der Autor plädiert – aus guten Gründen – für einen entspannten Umgang mit dem Thema.
Zwar sind die Zeiten der üppigen Weihnachtsgeschenke etwa von Lieferanten an ihre Auftraggeber längst Geschichte, trotzdem gibt es Arbeitgeber, die gar nicht genug ihre Mitarbeiter warnen, bitteschön nichts anzunehmen.
Foto: Harbucks - shutterstock.com

"Bitte schicken Sie unseren Mitarbeitenden keine Weihnachtsgeschenke" - das schrieb ein deutscher Konzern Mitte November seinen Lieferanten. Denn so die Begründung: "Fairness, Transparenz, Ehrlichkeit und Vertrauen" seien für den Konzern grundlegende Werte seines Handelns. Und diese Werte fordere er auch von seinen externen Lieferanten und Dienstleistern ein.

Kleine Präsente verstoßen gegen Compliance-Ansprüche - aha!

Deshalb bat der Konzern seine Lieferanten und Dienstleister, darauf zu verzichten, seinen "Mitarbeitenden Geschenke im Rahmen von Geschäftstransaktionen oder zu persönlichen Anlässen oder religiösen oder nationalen Feiertagen wie Weihnachten und Neujahr Geschenke zukommen zu lassen". Außerdem: "Bitte sehen Sie auch davon ab, Präsente an Privatadressen zu schicken, damit unsere Mitarbeitenden nicht in die Verlegenheit kommen, Geschenke ablehnen, zurückweisen oder zurückschicken zu müssen."

In dieser Bitte beziehungsweise Maßnahme sieht der Konzern "einen weiteren wichtigen Schritt zur Stärkung und Absicherung unseres Compliance-Anspruchs". (Wow, vermutlich auch darin, dass er in seinem Schreiben konsequent von seinen "Mitarbeitenden" - aber zugleich auch "Lieferanten", Dienstleistern" und "Geschäftspartnern" - spricht.)

Die groben Verstöße des Pförtners gegen Compliance-Regeln

Dies mag für den Konzern ja gelten. Und vermutlich ist diese Maßnahme aufgrund der Präsente, mit denen insbesondere der Einkauf vieler Unternehmen in der Vergangenheit oft überhäuft wurde, sogar sinnvoll und nötig. Trotzdem wirkt das Schreiben kleinlich, lächerlich und peinlich, wenn man daran denkt, welch gravierende Verstöße gegen die schriftlich fixierten Compliance-Regeln in den zurückliegenden Jahren publik wurden, die

Ohne diese Compliance-Verstöße hätte es weder die kriminellen Zinsmanipulationen und Dividendentricksereien (Stichwort: Cum-Ex), mit denen sich die Justiz beschäftigt, noch den Abgas- und Wirecard-Skandal gegeben. Und wie viele Compliance-Verstöße beim Beantragen der Corona-Hilfen sowie Zuschüsse zum Bewältigen der Energiekrise, der technologischen Transformation usw. begangen wurden (und noch werden), das möchte ich gar nicht wissen. (Ich habe diesbezüglich jedoch aufgrund der Erzählungen eines befreundeten Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers eine gewisse Ahnung.)

Wir pfeifen auf die Compliance-Regeln … und wollen viele Geschenke!

Wir freuen uns jedoch auf alle Fälle jedes Jahr über (Weihnachts-)Geschenke. Zum Teil warten wir sogar sehnsüchtig darauf - so zum Beispiel auf den mit hochwertigen Marzipan-Pralinen gefüllten Adventskalender unseres Kunden …, aus Lübeck. Oder auf den leckeren Christstollen des Verlags …, der dieses Jahr leider noch nicht kam, vermutlich weil der Verlag wie viele Fachverlage unter so starken Umsatzeinbußen leidet, dass er zum Jahreswechsel die meisten seiner Fachzeitschriften einstellen wird. Solche kleinen Leckereien verspeisen wir Jahr für Jahr im Team mit Genuss … und bedanken uns danach herzlich bei den großzügigen "Spendern".

Deshalb lautet ein Wunsch für uns für das kommende Jahr: Bitte schicken Sie uns wieder mehr Präsente (… zum Beispiel auch anlässlich meines Geburtstags, dessen Datum Ihnen zum Beispiel XING und LinkedIn verraten). Wir freuen uns darauf, und wir essen sie zwar - soweit möglich - auf, doch wir "wertschätzen" sie!

Danke liebe Kunden, dass Ihr an uns denkt

So steht zum Beispiel der Plastik-Container mit Schokoriegeln, den wir vor zwei Jahren anlässlich unseres Umzugs von unserem Kunden Klaus Doll erhielten, noch immer bei uns im Büro … und regelmäßig wird er von mir wieder aufgefüllt, da er alle zwei, drei Wochen "leergefuttert" ist. Und aus der Tasse, die ich vor -zig Jahren vom IDG-Verlag, der unter anderem die Zeitschrift Computerwoche herausgibt, erhielt, trinken ich heute noch fast täglich meinen Kaffee im Büro.

Sie sehen, liebe Kunden, wir gehen sehr wertschätzend mit Ihren Geschenken um und nutzen diese, sofern wir sie nicht verspeist haben, sehr "nachhaltig", denn wir haben zwar keine Compliance-Regeln - doch ein, zwei Werte, an denen sich unser Handeln orientiert.

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