Doppelten Stinkefinger vermeiden

Gesten für Geschäftsreisen

19.04.2010 von Andrea König
Ein gerade erschienenes Gestenhandbuch zeigt, wie vielfältig die Sprache der Hände auf unserer Welt ist. Wer viel reist, sollte sich mit der nonverbalen Kommunikation seiner Geschäftspartner befassen. Korrespondentin und Buchautorin Julia Grosse im Gespräch mit CIO.de über Gesten und wann Geschäftsreisende lieber nicht den Daumen nach oben ausstrecken sollten.

CIO: Frau Grosse, wie sind Judith Reker und Sie auf die Idee gekommen, ein Handbuch über Gesten zu veröffentlichen?

Grosse: Judith Reker lebt in Johannesburg, ich in London. Das sind Länder, in denen die Menschen gerne mit Händen und Füßen gestikulieren. In Südafrika gibt es sogar eine eigene Gestensprache, um dem Bus zu zeigen, wo man hinwill.

CIO: Und wie ist es bei Ihnen in London?

Grosse: Die Engländer fluchen gern und bestärken das mit Gesten. Ein Geschäftsreisender sollte hier lieber darauf verzichten, das V-Zeichen aus Zeige- und Mittelfinger mit dem Handrücken nach vorne zu zeigen. Was in den USA Sieg oder Peace bedeutet, versteht man in Großbritannien, Irland und Australien als einen doppelten Stinkefinger.

CIO: Kennen Sie jemanden, der damit schon mal in ein Fettnäpfchen getreten ist?

Grosse: Bush Senior wollte in den Neunzigern bei einer Australienreise einheimische Farmer freundlich grüßen. Die empfanden seine Geste als doppelten Stinkefinger und gaben sie wütend zurück.

CIO: Haben Sie selbst schon einmal eine Geste missverstanden?

Grosse: Ja, das war auf einem Markt im Sudan. Dort habe ich mich an einem Stand umgesehen, als die Frau am Stand eine Winkbewegung machte. Ich habe das als Wegscheuchen verstanden, habe mich darüber geärgert und bin weggegangen. Erst später habe ich erfahren, dass die Winkbewegung in vielen Ländern für "Komm her" steht.

Welche Gesten Sie vermeiden sollten

CIO: Gibt es eine Geste, die Geschäftsreisende in bestimmten Kulturkreisen vermeiden sollten?

Grosse: In Afghanistan, im Iran und im Irak sollte man mit dem nach oben ausgestreckten Daumen vorsichtig sein. Was bei uns "Alles klar" bedeutet, ist dort eine vulgäre Beleidigung.

CIO: Wie sollten Geschäftsreisende auf stark gestikulierende Gesprächspartner reagieren?

Grosse: Ich rate, zumindest nicht erzürnt zu reagieren, wenn jemand eine Geste macht, die man als eine beleidigende kennt. Wenn derjenige dazu auch noch lacht, ist eine Beleidigung eher unwahrscheinlich. Man sollte den anderen beobachten und ruhig neugierig sein und nachfragen. Dann klärt sich vieles auf.

"Versteh mich nicht falsch! Gesten weltweit. Das Handbuch" von Julia Grosse und Judith Reker, Bierke Verlag München, Januar 2010, 14,90 Euro, www.verstehmichnichtfalsch.de