Wieder einmal sieht es so aus, als würde es ernst werden mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte: Am 11. April 2012 fiel der Startschuss für das EU-weite Vergabeverfahren, mit dem Dienstleister zur Erprobung des Online-Rollouts der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gesucht werden.
Im schönsten Bürokratendeutsch teilte die gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH ), die mit der technischen und organisatorischen Umsetzung der eG betreut ist, dazu mit: "Im Rahmen von Feldtests sollen durch beauftragte Industriekonsortien die Kriterien Praxistauglichkeit, Akzeptanz, Betriebstauglichkeit und Datenschutz der neuen Online-Anwendung des Versichertenstammdatenmanagements (VSDM) und der Funktion der qualifizierten elektronischen Signatur (QES) überprüft werden."
Die Erkenntnisse aus diesen Feldtests sollen dann "die Grundlage für die fachliche, technische und logistische Umsetzung des bundesweiten Online Rollouts (Stufe 1)" bilden, bei dem die getesteten Funktionen der eGK verfügbar gemacht werden."
Start des EU-weiten Vergabeverfahrens
Die gematik sieht in dem Start des EU-weiten Vergabeverfahrens einen "weiteren wichtigen Meilenstein für das Projekt der elektronischen Gesundheitskarte". Mit Hilfe aller Gesellschafter sei es gelungen, das Projekt "signifikant zu beschleunigen".
Bisher hatte man es eher mit einer Entschleunigung bei der eGK zu tun. Fast alle Projektphasen und Zeitlimits wurden nicht eingehalten, weil sich Gesellschafter und Interessenverbände nicht auf gemeinsame Schritte einigen konnten. Mitunter sah es so aus, als ob es in Deutschland – im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern – nie zu einer flächendeckenden Einführung der eGK kommen würde.
Noch liegen Schatten über der Zukunft der eGK
Erst im letzten Jahr hatte die Bundesregierung darauf gedrängt, dass die Krankenkassen jeweils an 10 Prozent ihrer Mitglieder eine eGK ausgeben. Allerdings besitzt diese nicht alle einst geplanten Funktionen, und die alten Versicherungskarten sind weiter gültig. Auch haben nicht alle Kassen das Quorum von 10 Prozent erreicht. Für das laufende Jahr ist eine Quote von weiteren 60 Prozent der Versicherten vorgeschrieben. Damit sei "Ende 2012 der Point of no Return erreicht", erklärte auf der CeBIT der Ministerialbeamte Matthias von Schwanenflügel vom Bundesgesundheitsministerium.
Beobachter der Szene gehen dagegen davon aus, dass die eGK erst 2017 vollkommen eingeführt sein wird. Außerdem ist davon auszugehen, dass sich mit dem Erstarken der "Piratenpartei" der Widerstand gegen die eGK verstärken wird. So heißt es bei den Piraten: "Piraten sagen Nein zur elektronischen Gesundheitskarte und fordern einen Stopp des Rollout der eGK. Die geplante Speicherung der Gesundheitsdaten von über 80 Millionen Deutschen auf zentralen Servern untergräbt massiv die Patientenautonomie; Vertraulichkeit und Wahlfreiheit für die Versicherten bleiben auf der Strecke."
Das Bundesgesundheitsministerium habe das ihr zunächst entgegengebrachte Vertrauen, die eGK zum Wohle des Patienten einzusetzen, ihm mehr Information und mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten über seine medizinischen Daten zu geben, aufs sträflichste missbraucht.