Um die möglichen Produktivitätssteigerungen quantifizieren zu können, haben die Forscher der Rand Corporation Erfahrungswerte aus anderen Wirtschaftszweigen zugrunde gelegt. Würde sich der IT-Einsatz beispielsweise ähnlich positiv wie im Groß- und Einzelhandel auswirken, wäre eine Effizienzsteigerung in Höhe von 1,5 Prozent zu erwarten. Die Einsparungen würden sich jährlich auf die gewaltige Summe von 346 Milliarden Dollar jährlich belaufen. Insgesamt verschlingt das Gesundheitsystem in den USA 1,5 Billionen Dollar pro Jahr.
Allerdings wären für dieser Erfolge zum einen gewaltige Investitionen notwendig: Innerhalb der nächsten 15 Jahre müssten US-Kliniken knapp 100 Milliarden Dollar und niedergelassene Ärzte rund 17 Milliarden Dollar in die IT-Systeme investieren. Zum anderen müssten sich auch wirklich die meisten Akteure des Gesundheitswesens an dem Vorhaben beteiligen.
Alle Akteure müssen mitziehen
Die durchaus konservative Schätzung einer Effizienzsteigerung um 1,5 Prozent – andere Branchen konnten durch den IT-Einsatz ihre Produktivität zweistellig steigern – hat ihre Gründe. Ein Problem: Im Gesundheitswesen gibt es, anders als in der Privatwirtschaft, keine Vorreiter, die mit ihren Innovationen andere zum Nachziehen nötigen. Außerdem müssen der stationäre und ambulante Bereich der medizinischen Versorgung dazu gebracht werden, wirklich zusammenzuarbeiten.
Zurzeit, so die Wissenschaftler, steht das Thema IT-Einsatz im amerikanischen Gesundheitswesen noch am Anfang. So gab beispielsweise nur jedes dritte Akut-Krankenhaus an, dass es umfassendere IT-Lösungen überhaupt bestellt habe. Einen Sättigungsgrad von rund 80 Prozent in den Krankenhäusern erwarten die Wissenschaftler erst für 2016. Unter den niedergelassenen Ärzten beschäftigt sich nur gut ein Zehntel mit dem Einsatz von IT-Lösungen.
Langfristig könnten IT-Lösungen sehr viel mehr Prozesse im Gesundheitswesen abdecken, als nur Bild- und Textdokumente zu speichern. Die IT-Systeme könnten auch Behandlungsempfehlungen sowie patienten- oder situationsabhängige Hinweisfunktionen beinhalten.
Beispiel aus der Praxis
Wie der IT-Einsatz in Kliniken im Jahr 2005 aussieht, zeigt das Beispiel des 430-Betten-Hauses St. Joseph im US-Staat New York. Das Krankenhaus arbeitet gerade daran, schriftliche Aufzeichnungen und Röntgenaufnahmen auf digitale Systeme umzustellen. Ärzte und Laborangstellte können künftig über ein Web-Portal auf die Informationen zugreifen.
Dafür implementiert das Klinikum ein so genanntes Storage-Area-Network (SAN). Zentrale Bestandteile der Infrastruktur sind ein High-End Enterprise Storage Server von IBM, eine Midrange DS4300 Anlage sowie ein DS4100-Server für die Online-Speicherung. Insgesamt steht der Klinik damit ein Speichervolumen von 15 Terabyte zur Verfügung.
Der größte Vorteil dieses Projekts, so Christopher Ryan, CIO der Klinik: Bei bildgebenden Diagnoseverfahren müssen keine Filme mehr entwickelt und gelagert werden. Die Investitionskosten für das gesamte Projekt belaufen sich auf rund eine Million US-Dollar. Ryan rechnet damit, dass sich diese Ausgaben durch Einsparungen in drei Jahren rechnen werden.