Zum ersten Mal vergaben COMPUTERWOCHE und CIO im Rahmen des Wettbewerbs "CIO des Jahres" einen Preis für herausragende länderübergreifende IT-Projekte. Alle Kriterien erfüllt hatten Bewerber, wenn sie innovative und internationale IT-Vorhaben sauber, fristgerecht und zu den geplanten Kosten abgeschlossen hatten. Mindestens aber mussten sie ein Projekt gestemmt haben, das von einem multikulturellen Team über zwei oder mehr Kontinente hinweg realisiert wurde.
Platz 1: Thomas Henkel, Amer Sports
Mit dem "Global ONE Business Transformation Program" nahm Thomas Henkel die Hürden für den Award locker. Der VP Global IT des Sportartikelherstellers Amer Sports verfolgte ein ehrgeiziges Ziel: Prozesse, Stammdaten und Berichte wollte er weltweit vereinheitlichen und so die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der Amersports Group erhöhen. Allein das Teilprojekt "Deployment in Central & South Europe" betraf neun Länder und damit eine Region, die rund zwei Drittel der europäischen Umsätze des Unternehmens beisteuert. Insgesamt erstreckte sich das Programm über vier Kontinente.
Heute nutzen 32 Vertriebsgesellschaften und sieben Hauptniederlassungen weltweit die gleichen Arbeitsabläufe. Das Programm zur Business Transformation eröffnete Amer Sports neue Geschäftsfelder. So stieg der Hersteller mit einer globalen Retail-Lösung für 28 Läden in neun Ländern in das direkte Endkundengeschäft ein. Zudem entstand der Prototyp für eine B2C-Lösung. Darüber hinaus erweiterte der Anbieter seine Vertriebskanäle durch E-Commerce-Systeme und eine mobile Auftragserfassung. Weil die neuen Systeme auf einer homogenen Basis aufsetzten, ließen sich Einführungsprojekte rund viermal schneller abschließen als vergleichbare Vorhaben in der Vergangenheit, berichtet Henkel.
Trotz der enormen Komplexität konnte er den anvisierten Kostenrahmen einhalten. Sein Team arbeitete mit einer rollierenden Planung: Abhängig von den Erkenntnissen aus den vorangegangen Projekten wurde der Programmumfang immer wieder angepasst. "Meistens hatten wir es mit einer Scope-Erweiterung zu tun", sagt der IT-Chef dazu. Basierend auf den bisherigen Erfahrungen rechnet er mit einer Amortisation des eingesetzten Kapitals innerhalb von drei bis vier Jahren.
Steckbrief
Thomas Henkel ist VP Global IT bei der Amer Sports Corporation. Er sagt: "Ein CIO ist dann erfolgreich, wenn seine Partner ihn als einen der ihren sehen und sich gar nicht mehr vorstellen können, wie sie in der Vergangenheit ohne eine neue IT Lösung arbeiten konnten."
Zum Unternehmen:
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Name: Amer Sports Corporation.
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Branche: Sportartikel-Hersteller.
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Größe: 6.500 Mitarbeiter.
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Zahl der IT-Mitarbeiter: 185.
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IT-Budget: 29.9 Millionen Euro (1.7 Prozent vom Umsatz).
Das eingereichte Projekt:
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Name: Global ONE Business Transformation Program.
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Projektbeschreibung: Vollständige globale Prozess-, Stammdaten- und Berichtsharmonisierung. 32 Vetriebsgesellschaften und sieben Marken-Hauptniederlassungen nutzen global die gleichen Arbeitsabläufe, gleichen Stammdaten und gleiche Performance Reports.
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Zeitrahmen: Juli 2007 - Dez. 2012.
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Eingesetzte Produkte: SAP ERP, SAP-BI, SAP AFS, RetailPro (Retail), Magento (E-Commerce).
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Zahl der IT-Projektmitarbeiter: 24 IT-Mitarbeiter (davon 12 externe), 28 Fachbereichsmitarbeiter.
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Besondere Herausforderungen: Mit sehr schlanken Vertriebsorganisationen neben dem Tagesgeschäft dieses große Projekt umzusetzen; sehr selbständige Landesgesellschaften dabei begleiten, die gleichen Dinge gleich zu tun (und vor allem den Nutzen davon zu vermitteln); Datenmigration von offenen Aufträgen im Wert von 332 Millionen Euro sowie mehr als 30.000 Kundenstämmen, die vorher aus verschiedenen Altsystemen zusammengeführt werden mussten.
Platz 2: Michael Kollig, Danone
Auch Michael Kollig, CIO Nordost- und Zentraleuropa der Danone-Gruppe, hat sich mit seinem Projekt "Agile IS Booster" hohe Ziele gesteckt. Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich zum einen das Bemühen, die traditionell dezentralen IT-Funktionen in einer globalen Organisation zu bündeln. Ein Meilenstein auf diesem Weg ist das Harmonisieren der IT-Serviceprozesse. Zum anderen stand die Post-Merger-IT-Integration der neuen Geschäftseinheiten Baby- und Medizinernährung auf Kolligs Prioritätenliste ganz oben.
Das Vorhaben begann Anfang 2009 mit einer Analyse und einem externen Benchmarking der IT-Prozesse. Die Danone Group schnitt hier beispielweise bei der Kenngröße "IT-Budget als Prozent des Umsatzes" überdurchschnittlich gut ab. Eine der Handlungsempfehlungen aus dem Benchmark lautete indes, die erst in wenigen Regionen umgesetzte gemeinsame, Geschäftseinheiten übergreifende IT-Organisation rasch weltweit zu implementieren. Kollig und sein Team entschieden sich für ein schrittweises Vorgehen, das mit dem Optimieren der IT-Infrastruktur (beispielsweise Server-Konsolidierung) und der Einkaufsprozesse begann. Der schwierigste Teil lag laut dem IT-Chef aber im Organisieren und Zusammenführen der diversen dezentralen IT-Teams. Man habe sich bewusst entschieden, die jeweiligen IT-Verantwortlichen der existierenden Teams von Anfang an in den Prozess zu integrieren, erläutert der CIO. Das große Ziel: eine geschäftsprozessorientierte, gemeinsame IT-Organisation für alle Geschäftseinheiten in vorher definierten Länder-Clustern.
Abgeschlossen ist das Projekt noch nicht, doch Kollig zieht eine ausgesprochen positive Zwischenbilanz: "Wir haben in allen wichtigen Märkten nach einer detaillierten Analyse einen Implementierungsfahrplan erarbeitet." Die Transformation sei in etlichen Regionen bereits weit fortgeschritten. Je nach Ausgangslage identifizierte das Projektteam Kostenoptimierungspotenziale von durchschnittlich zehn Prozent. Die Einsparungen will Danone zum Teil wieder in Leistungsverbesserungen der IT investieren.
Steckbrief
Michael Kollig ist CIO bei Danone. Er sagt: "Ein CIO muss dasGeschäft verstehen, die Technik beherrschbar machen bzw. halten und vor allem Menschen als Kunden und Mitarbeiter für IT begeistern."
Zum Unternehmen:
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Name: Danone.
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Branche: Konsumgüter.
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Größe: ca. 80.000 Mitarbeiter.
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Zahl der IT-Mitarbeiter: ca. 350.
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IT-Budget: Global ca. 1,5ProzentvomUmsatznach Cash-out-Methode.
Das eingereichte Projekt:
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Name: Agile IS Booster.
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Projektbeschreibung: Aufbau einer globalen einheitlichen IT-Organisationsform.
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Zeitrahmen: Beginn April 2009.
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Zahl der IT-Projektmitarbeiter: ca. 40.
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Besondere Herausforderungen: Das Veränderungs-Management bei allen Beteiligten.
Platz 3: Thomas Schott, Rehau
Der Name von Thomas Schotts wichtigstem IT-Projekt ist Programm: Standardisierung, Konsolidierung und Virtualisierung der kompletten IT-Infrastruktur. Dementsprechend nahm der IT-Leiter der Rehau AG & Co. zunächst den sehr heterogenen und verteilten Server-Park in Angriff. Von Windows- über Linux-Server bis hin zu den klassischen Mittelstandssystemen der IBM (AS/400) hatte der kunststoffverarbeitende Hersteller mit rund 15.000 Mitarbeitern weltweit fast alle gängigen Server-Varianten in Betrieb. An erster Stelle stand für Schott deshalb das Konsolidieren und Virtualisieren der Server; ähnlich verfuhr er mit den diversen Storage-Systemen von Netapp und IBM.
Das Zusammenführen der zahlreichen IT-Komponenten machte auch vor der Anwendungslandschaft nicht halt. So werden inzwischen etwa alle Systeme für SAP-Services "von Neuseeland bis Kanada", wie Schott betont, zentral betrieben. Nur die Prozesskenner und der jeweilige First Level Support sitzen vor Ort. Zu den größeren Teilprojekten in diesem Kontext gehörte auch die Migration von weltweit mehr als 100 Lotus-Notes-Servern auf nur noch drei Microsoft-Exchange-2007-Cluster. Der Aufbau eines weltweiten VoIP-Netzes und die schrittweise Ablösung der alten TK-Technik dauern noch an. "In Summe steht damit ein stabiles und gut skalierbares Fundament für weltweit konsolidierte und hochverfügbare IT-Services zur Verfügung", resümiert der IT-Manager.
Auf Basis der modernen Infrastruktur könne Rehau neue Anwendungen in Bereichen wie CRM, E-Business oder Services in einem Bruchteil der Zeit und zu deutlich niedrigeren Kosten bereitstellen. Zudem sei die Qualität der weltweit offerierten IT-Dienste gestiegen. Last, but not least leistet die internationale IT-Konsolidierung der Rehau-Gruppe auch einen Beitrag zum Umweltschutz: Allein die Virtualisierung von Windows- und Linux-Servern führt durch den geringeren Stromverbrauch zu einem um 625 Tonnen reduzierten CO2-Ausstoß. 510 Tonnen CO2 lassen sich laut Schott durch die SAP-Virtualisierung einsparen, weitere 280 Tonnen durch das Zusammenführen der AS/400-Systeme.
Steckbrief
Thomas Schott ist Leiter IT bei der Rehau AG & Co. Er sagt: "Ein CIO ist dann erfolgreich, wenn er die Anforderungen des Business vollumfänglich versteht und schnell sowie in der geforderten Qualität kostenoptimal realisiert und allzeit den stabilen Betrieb der IT Systeme mit einem motivierten und engagierten Team gewährleistet."
Zum Unternehmen:
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Name: Rehau.
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Branche: Kunststoffverarbeitung.
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Größe: 15.000 Mitarbeiter.
Das eingereichte Projekt:
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Name: Provisioning und Virtualisierung der Citrixfarm.
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Projektbeschreibung: Konsolidierung und Virtualisierung Server, Storage und der SAP-Services; Konsolidierung der Zugänge ins Internet (http) auf drei Standorte / Kontinente. Konsolidierung der Datensicherung auf eine LTO4 Library. Migration von weltweit mehr als 100 Lotus Notes Server auf drei Microsoft Exchange 2007 Cluster für Mail / Kalender. Migration der weltweit mehr als 100 Lotus-Notes-Applikationsserver auf ein zentrales Cluster. Aufbau eines weltweiten VoIP-Netzes und schrittweise Ablösung der alten TK-Technik. Collaboration: Erweiterung der bestehenden Videokonferenz-Systemlandschaft. IT Infrastruktur: Flexible und skalierbare Rack- und Verkabelungsinfrastruktur für Server-, Storage-, SAN- und Netzwerk-Komponenten. 7x24-Rufbereitschaft für alle relevanten Bereiche/Teams.
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Zeitrahmen: Q01 2008 bis Q01 2010.
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Eingesetzte Produkte:
Hardware: FTS / HP Intel Server (Blade Systeme / PC Server). Storage NetApp (3140/3170), EMC (DMX4) und IBM (SVC) Storage. IBM LTO4 Tape Library / MAS Box (nur für IBM Mainframe). IBM iSeries (HW auf Basis pSeries). Cisco LAN / WAN / WLAN / Call Manager. Cisco WAE / WAFS. Firewalls Checkpoint auf Basis Crossbeam. Tandberg Videokonferenz MCU und VCS / Microsoft Round-Table-Kameras (alt: Sony und Polycom).
RZ: (USV = AEG, Kälte = Trane, Klima = Emerson, Löschen = Minimax, Security = Siemens, Racks = Knürr, Verkabelung Geiger Maximizing, Rechnerraum Rehau. Eigenes Konzept für hochwirksame Luft-Wasser-Wärmeabdichtung).
Software: Server Familie und ThinApp. IBM TSM und NetRanger (VMware).Windows 2003R2 - WIN2008 inkl Datacenter Versionen. Suse Linux SLES 9 und 10. FTS FlexFrame 4.x, mittlerweile 5.x. IBM DB2 UDB 9.5. NetApp Snapclone, Snapvault. MS Exchange 2007. MS Office Kommunikation Server 2007R2. Cisco Call Manager Version 6 & 7. F-Secure V9. Matrix 42 Empirium V12.
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Zahl der IT-Projektmitarbeiter: 50.
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Besondere Herausforderungen: Im Zuge der Standardisierung lag die Herausforderung darin überzeugend darzustellen, dass im Einzelfall individuelle Lösungen in einzelnen Standorten regional betrachtet günstiger und besser sein könnten, aber bei der Gesamtbetrachtung die Vorteile der Standardisierung ganz klar überwiegen und vor allem bestimmte Aufwendungen nur einmal und nicht an mehr als 100 Standorten weltweit zu erbringen sind. In manchen Ländern traten Probleme hinsichtlich der Lieferzeiten /Verzollung auf (beispielsweise Mexiko, Kasachstan). Bei der Konsolidierung hatten die dezentralen Verantwortlichen Angst, Ihre Kompetenz zu verlieren.
Alle Preisträger im Bereich Großunternehmen
1. Platz: Helbig, Dr. Johannes
2. Platz: Henkel, Thomas
3. Platz: Hemmerling-Böhmer, Thomas
Weitere Preisträger in alphabetischer Reihenfolge:
Global Exchange Award
Die Gewinner des Global Exchange Award.
Alle Preisträger im Bereich Mittelstand
1. Platz: Fischer, Manuel
2. Platz: Rössler, Thomas
3. Platz: Meyerhans, Peter