Wachstumsraten um die neun Prozent, ein binnen 15 Jahren von 15 Prozent auf 53 Prozent gestiegener Anteil des Umsatzes außerhalb West Europas, rund 80.000 Mitarbeiter in rund 50 Ländern - allein diese Zahlen verdeutlichen, vor welcher Herkules-Aufgabe eine IT-Abteilung steht, wenn sie die Konzern-Systemlandschaft vereinheitlichen soll. Ein Job, den Dr. Michael Kollig, CIO Nord-, Ost- und Zentraleuropa sowie global Verantwortlicher für die Post Merger IT Integration bei Danone, gemeistert hat: Im Rahmen des Projekts "Agile IS Booster" hat er in mehr als 50 Ländern, verteilt über vier Kontinente, einheitliche IT-Organisationsformen etabliert sowie die Applikations- und IT-Infrastruktur harmonisiert. Im Durchschnitt konnte der Konzern damit seine IT-Kosten um rund zehn Prozent senken beziehungsweise das gesparte Geld in Leistungsverbesserungen investieren. Gleichzeitig erhielten kleinere Konzerneinheiten Zugang zu IT-Lösungen, die sie zuvor nichtkosteneffizientnutzen konnten.
Um dies zu erreichen, hatte Kollig einen Spagat zu vollziehen: Dem Wunsch nach einer einheitlichen IT stand die grundsätzliche Organisationsform der Danone Gruppe gegenüber. Diese ist relativ dezentral aufgestellt, und pro Land gibt es bis zu vier eigenständige Geschäftseinheiten für die Tätigkeitsfelder "Milchfrische", "Wasser", "Babynahrung" und "Medizinische Ernährung". Zudem legt die Unternehmensphilosophie einen hohen Wert auf lokale Entscheidungsfreiheit. Ein Modell, das ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit und Flexibilität gewährleistet, aber auf der anderen Seite die Gefahr in sich birgt, dass Effizienzpotenzial unter Umständen nicht vollständig genutzt wird. Zudem ist es nur bedingt mit dem heutigen Verständnis von IT-Prozessen (Rezentralisierung, Harmonisierung etc.) in Einklang zu bringen.
Die Notwendigkeit einer globalen IT-Organisationsform verstärkte sich für Kollig und sein Team nach der Akquisition der Sparten für Baby- und für medizinische Ernährung. Der Konzern war nun in mehr als 50 Ländern aktiv und umfasste 160 Gesellschaften. Gerade bei den kleinen und mittelgroßen Einheiten zeigte sich, dass sich dort ein entsprechendes IT-Know-how zu vertretbaren Kosten nicht aufbauen lässt. Ein Benchmarking Anfang 2009 durch eine externe Strategieberatung untermauerte Kolligs Haltung. Die Berater sprachen die Empfehlung aus, die bisher nur sporadisch eingesetzte gemeinsame, Geschäftsbereichübergreifende IT-Organisationsform schnell global auszurollen. Die damit einhergehende Integration der akquirierten Geschäftseinheiten Baby- und Medizinernährung wurde als vordringlich eingestuft. Daraus sollte eine globale IT-Organisation mit maximal 20 Länder-Clustern entstehen.
Gemeinsam mit dem Beratungspartner entwickelte der IT-Leiter dann einen Integrationsfahrplan - das Projekt Agile IS Booster. Im Rahmen des Projekts, an dem zirka 40 Mitarbeiter beteiligt waren, analysierte das Team vier Themen: die Infrastrukturoptimierung, die Einkaufsoptimierung, eine Standardisierung des Applikationsportfolios sowie eine Teamoptimierung.
Im Bereich Infrastruktur konnte die Danone Gruppe mancherorts die Zahl der physischen Server um bis zu 64 Prozent reduzieren. Ferner wurde die WAN-Infrastruktur verbessert, wobei die Einsparungen teilweise dazu genutzt wurden, um die Leistungsfähigkeit des Corporate Networks zu erhöhen. In Sachen Einkauf galt es sicherzustellen, dass die Lieferanten globale Zusagen auch in den einzelnen Ländern einhalten. Auf der anderen Seite sollte der lokale Einkauf gebündelt werden, um gute Konditionen zu erzielen. In Sachen Applikationen schaute das Projektteam nicht nur auf das Harmonisierungspotenzial, sondern suchte auch nach Ansätzen, wie sich das globale Lösungsportfolio am effizientesten in einzelnen Geschäftseinheiten einführen lässt. Hier bewährte sich das Prinzip "Vom großen Bruder lernen". Neue Einheiten sollten also nicht lange nach einem Implementierungsweg für ihre Geschäftsprozesse suchen, sondern das Vorgehen von etablierten Einheiten adaptieren.
Verstärkt mit virtuellen Teams arbeiten
Fingerspitzengefühl brauchte das Projektteam beim Thema Organisation. Zum einen galt es, die bislang eher autarken IT-Verantwortlichen der Geschäftseinheiten ins Boot zu holen, zum anderen mussten die Bedenken auf Geschäftsleitungsebene zerstreut werden. Dort befürchtete man, die eigenen IT-Interessen könnten bei einer einheitlichen Organisation künftig zu kurz kommen. Bedenken, denen Kollig und seine Mannschaft damit begegneten, dass sie dedizierte Account-Manager zur Verfügung stellten. Intern erwuchs aus der neuen Organisation der IT die Notwendigkeit, verstärkt mit virtuellen Teams zu arbeiten.
Unter dem Strich konnte Kollig so für die kleineren Geschäftseinheiten den Zugang zu IT-Leistungen vereinfachen und teilweise die Kosten um bis zu zehn Prozent senken. Darüber hinaus hat der Gedanke der virtuellen Teamarbeit in der IT für andere Fachbereiche eine gewisse Vorbildfunktion und beschleunigte die Verbreitung moderner Kommunikations- und Collaboration-Tools.