Es gibt Menschen, deren Ideen, Projekte und Lebensleistungen immer wieder verblüffen. Menschen, die offenbar alles richtig machen. Wie machen die das? Dieser Frage geht Hermann Scherer in seinem Buch Glückskinder nach.
CIO.de: Wer sind die Glückskinder, von denen Ihr aktuelles Buch handelt?
Hermann Scherer: Für mich sind Glückskinder Menschen, die Chancen erkennen und sie dann auch nutzen. Ihr Glücklichsein wird nicht durch einen zufälligen Glückstreffer hervorgerufen, sondern durch eine Art zu leben, die es einem ermöglicht, dauerhaft Chancen zu entdecken und zu nutzen.
CIO.de: Wie gelingt das?
Hermann Scherer: Ein Rezept fürs Glücklichsein gibt es nicht. Mir geht es mehr darum, dass Menschen Chancen ergreifen, die sich ihnen bieten. Wer Eigenschaften wie Pragmatismus, die Fähigkeit zur schnellen Entscheidung, Mut und Risikobereitschaft mitbringt, tut sich damit sicherlich leichter als die anderen.
CIO.de: In Ihrem Buch sprechen Sie von der sogenannten Chancenintelligenz, die uns zu Glückskindern macht. Was meinen Sie damit?
Hermann Scherer: Jedem Menschen bieten sich in seinem Leben unzählige, ich würde sagen Millionen von Chancen. Man entscheidet selbst darüber, ob man sie nutzt und aus seinem Leben etwas Tolles macht oder eben etwas Langweiliges. Spätestens am Ende ihres Lebens denken die meisten noch einmal über die Vergangenheit nach. Selten bereuen sie das, was sie angepackt haben. Meist bedauern sie, was sie in ihrem Leben nicht getan haben.
Die Zeit als wertvoller empfinden
CIO.de: Sind dann eher die Menschen Glückskinder, die immer wieder etwas Neues machen?
Hermann Scherer: Eine israelische Forscherin hat herausgefunden, dass diejenigen ihre Zeit als wertvoller empfinden, die ständig etwas Neues machen. Viele von uns haben heute eine enorm hohe Zeitroutine. Während im Kindesalter andauernd neue Dinge passieren, werden Menschen mit dem Alter immer abgestumpfter. Die meisten verspüren dann Glück, wenn sie etwas getan haben, das ihnen nicht leicht gefallen ist. Dazu gehören zum Beispiel ein Schulabschluss oder die Teilnahme an einem Sportereignis.
CIO.de: Wie einschneidend müssen Veränderungen sein, damit sie zu unserem Glück beitragen?
Hermann Scherer: Man muss dafür nicht ständig den Job wechseln. Es reichen auch kleine Veränderungen wie ein anderer Weg in die Arbeit oder ein neues Kochrezept. Solche Abwechslungen öffnen den eigenen Horizont und genau durch dieses Abweichen von Routinen bieten sich weitere Chancen.
Eine Fehlerkultur etablieren
CIO.de: In Unternehmensprozesse stark eingebundenen Managern fällt es sicher erst einmal schwer, trotz Abhängigkeiten chancen-intelligent zu handeln. Was ist Ihre Erfahrung?
Hermann Scherer: Wenn Manager sich an Gewohntem festklammern, ist das meiner Meinung nach häufig nur ein Vorwand. Denn Festhalten fällt nun einmal leichter als Loslassen. In manchen Fällen kann es aber sicherlich so sein, dass man wegen starker Abhängigkeiten bestimmte Chancen nicht ergreifen kann. Ob so ein Arbeitsumfeld das Richtige für einen ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.
CIO.de: Welche Unternehmen machen es denn richtig?
Hermann Scherer: Oft sind es gerade diejenigen, die die Regeln des Marktes ignoriert und außer Kraft gesetzt haben. Im Möbelbereich war es selbstverständlich, dass die Ware geliefert und aufgebaut wird. Erst Ikea hat mit den Regeln gebrochen und ist mit seiner Strategie extrem erfolgreich.
CIO.de: Können Chefs nachhelfen, damit ihre Mitarbeiter Glückskinder werden?
Hermann Scherer: Vieles lässt sich nicht direkt beeinflussen. Ich bin zum Beispiel skeptisch, ob eine verordnete Kreativstunde sinnvoll ist. Viel wichtiger ist meiner Meinung nach eine Unternehmenskultur, die Fehler zulässt. Wer Fehler machen darf, traut sich mehr und ergreift Chancen eher.
Hermann Scherer baute erfolgreich mehrere Unternehmen auf und hat sein Business-Wissen in zahlreichen Büchern festgehalten. Sein aktuelles Buch Glückskinder ist im Campus Verlag erschienen (237 Seiten, 19,99 Euro).