Das Wettrüsten im Cloud-Computing-Marktdreht sich längst nicht mehr nur um Rechenleistung. Vor allem die großen Public-Cloud-Provider wollen es ihren Kunden einfacher machen, intelligente Anwendungen mit Machine-Learning-Features zu nutzen. AWS beispielsweise offeriert den "Amazon Machine Learning"-Service. Er verspricht Entwicklern unter anderem Visualisierungstools und Assistenten, die sie beim Aufbau von Machine Learning-Modellen (ML) unterstützen, ohne dass Sie dafür komplexe ML-Algorithmen und Technologien erlernen müssten.
Erst im Oktober erklärte Microsoft-CEO Satya Nadella Machine Learning zu einem Schlüsselthema für den Cloud-Computing-Markt.Microsoft arbeite intensiv daran, einschlägige Techniken und Features in alle seine Cloud-Produkte zu integrieren - von Infrastruktur- und Plattform-Diensten im Rahmen von Azure bis hin zur Business-Software Dynamics und der Büro-Suite Office 365.
Der CRM-Spezialist Salesforce setzt ebenfalls verstärkt auf Künstliche Intelligenz (AI, Artficial Intelligence) in seinen Cloud-Services, während IBM massiv in seine AI-Produkte rund um Watson investiert. Aber auch Industriekonzerne wie GE und Siemens nutzen für branchenspezifische Aufgaben verstärkt Cloud-Plattformen, die mithilfe vonMachine Learning und Künstlicher Intelligenz beispielsweise Energie sparen oder Wartungskosten senken sollen.
Besonders intensiv arbeiten die Cloud-Verantwortlichen von Google unter Führung der VMware-Mitgründerin Diane Greene an diesem Thema. Erst kürzlich gab der Suchmaschinenkonzern bekannt, zwei der weltweit führenden AI-Expertinnen angeworben zu haben: Fei-Fei Li, die an der Stanford University als Spezialistin für Machine Learning arbeitet, und Jia Li, Forschungsleiterin bei Snap, dem Unternehmen, das die erfolgreiche Social-Network-Plattform SnapChat betreibt. Zugleich kündigte Google eine ganze Reihe neuer Machine-Learning-Dienste und -Features sowie spezialisierte Hardware auf Basis von Grafikprozessoren an. Der Konzern will damit vor allem neue Business-Kunden auf seine Cloud-Plattform locken und gegenüber den Platzhirschen AWS und Microsoft Azure Boden gutmachen.
Google Cloud Jobs API findet die richtigen Bewerber
Zu den Neuerungen in Googles Cloud-Portfolio gehört etwa die "Cloud Jobs API". Unternehmen sollen damit ein Cloud-basiertes Tool erhalten, mit dem sie beispielsweise die besten Bewerber für eine bestimmte Stelle finden können. Der Service nutzt dabei unter anderem Daten zur Qualifikation der Kandidaten. Umgekehrt könnten auch Bewerber nach Eingabe ihrer Daten Jobangebote finden, die exakt zu ihrem Profil passen, verspricht Google. Cloud Jobs API befindet sich noch in der Alpha-Phase. Potenzielle Kunden aus den USA und Kanada testen das System derzeit, darunter etwa FedEx oder Career Builder. Wann der Service allgemein verfügbar sein wird, ist offen.
Cloud Translation Premium verspricht weniger Fehler
Ein weiterer neuer Google-Service heißt "Cloud Translation API Premium". Im Vergleich zur bereits angebotenen Variante sollen sich damit die Geschwindigkeit und Genauigkeit von Übersetzungen verbessern lassen, sodass der Dienst für Business-Kunden attraktiver werden könnte. Die neuen Modelle hinter der API ermöglichen es laut Google, Übersetzungsfehler um 55 bis 85 Prozent gegenüber der älteren API zu reduzieren.
Unternehmenskunden fragen in diesem Kontext zunehmend fortgeschrittene Features nach, erklärte Rob Craft, Googles Group Product Manager für Cloud Machine Learning, in einem Interview. Dazu gehöre beispielsweise die Option, Übersetzungsmodelle mithilfe von fachspezifischen Wörterbüchern zu trainieren. Interessant sei dies beispielsweise für Unternehmen, die bestimmte Dokumententypen wie Verträge oder Finanzinformationen übersetzen müssen. Mithilfe spezifischer Dictionaries lasse sich die Genauigkeit entscheidend verbessern. Google Cloud Translation Premium soll in Kürze allgemein verfügbar sein. Die Preise werden laut Anbieter über dem Niveau der bisher offerierten Übersetzungsdienste liegen.
Cloud Natural Language API überzeugt Evernote von der Google Cloud
Bereits nutzbar ist die "Cloud Natural Language API". Der Dienst soll von Menschen geschriebene Sätze verstehen und maschinell analysieren können. Dabei ist es laut Google sogar möglich, jeden einzelnen Satz einer Sentiment-Analyse zu unterziehen. Bisher konnte ein Sentiment Score jeweils nur für den Inhalt eines ganzen Dokuments generiert werden.
Mit derartigen Features konnte der Internet-Konzern beispielsweise den populären Web-Dienst Evernote überzeugen, seine gesamte IT-Infrastruktur in die Google Cloud zu verlagern. Die Migration begann im Oktober und soll Ende des Jahres abgeschlossen sein. Evernote-CTO Anirban Kundu machte in einem Interview deutlich, dass es bei der Entscheidung für einen Public-Cloud-Provider nicht nur um die Infrastruktur gegangen sei. Vielmehr plane Evernote, die Machine-Learning-Services von Google für die Weiterentwicklung der eigenen Produkte zu nutzen.
Bilderkennung als Service kostet 80 Prozent weniger
Zu den populärsten Machine-Learning-basierten Diensten im Google Portfolio gehört "Cloud Vision API". Damit lassen sich etwa Bildinhalte erkennen und analysieren, ohne dass Benutzer für entsprechende Anwendungen eigene Algorithmen entwickeln müssen. Der amerikanische Disney-Konzern nutzt Cloud Vision API beispielsweise, um ein eigenes Marketing-Tool zu entwickeln. Google hat das Potenzial des Produkts erkannt und adressiert damit verstärkt Business-Kunden. Für diese Klientel koste der Service künftig 80 Prozent weniger, erklärte Cloud-Manager Craft. Google gehe es darum, solche Dienste für unterschiedlichste Business-Anwendungen und Unternehmenskunden erschwinglicher und einfacher zu machen.
GPUs beschleunigen die Google Cloud
Geht es um die Infrastruktur für Machine Learning und Künstliche Intelligenz (KI), setzt nun auch Google verstärkt auf Grafikprozessoren statt auf klassische CPUs. Die Graphics Processing Units (GPUs) eignen sich besonders für leistungshungrige Workloads, wie sie etliche Machine-Learning-Anwendungen erzeugen. Ab dem kommenden Jahr offeriert Google deshalb für seine Cloud-Infrastruktur- sowie für seine Managed-Machine-Learning Services auch GPU-Ressourcen. Kunden sollen je nach Bedarf GPUs für ihre Infrastruktur-Instanzen hinzubuchen können. Googles "Cloud Machine Learning"-Services nähmen beispielsweise automatisch GPUs in Anspruch, wenn ein entsprechender Bedarf erkannt werde.
Ähnliche Optionen haben indes auchAmazon und Microsoft für ihre Cloud-Plattformen im Programm. Im Gegensatz zu diesen Anbietern, die beide Nvidia-GPUs nutzen, setzt Google auf AMDs Radeon-basierte GPUs vom Typ "FirePro S9300 x2". AMD ist kein Neueinsteiger, wenn es um Hardware für die Public Cloud geht. So kooperiert der US-Hersteller beispielsweise auch mit Alibaba, um die Cloud-Plattformen des chinesischen Konzerns mit GPUs auszustatten.