Unternehmenslösung

Google sucht in der Deutschen Post

20.10.2006 von Lars Reppesgaard
Der Suchmaschinen-Anbieter will ins Geschäft mit Unternehmen einsteigen und bietet verstärkt Lösungen für sie an. Selbst Konzerne wie die Deutsche Post arbeiten mit der Technik.

Eines der größten Intranetze der Welt betreibt die Deutsche Post World Net. Es umfasst mehr als 50 000 Seiten mit rund 120 000 Dokumenten. Zeit- und nervenaufreibendes Suchen nach dem richtigen Formular für die Reisekostenabrechnung oder Informationen über ein exotisches Zielland einer Fracht wie Usbekistan scheint programmiert. „Ohne Hilfsmittel ist das Angebot nicht mehr zu überblicken“, sagt Dirk Zimmermann, der das Corporate Intranet verantwortet.

Damit Mitarbeiter die richtigen Inhalte auf ihren Bildschirmen sehen, setzt die Post auf eine kleine Kiste in einem Server-Rack: eine Search Appliance, die alle Inhalte des Unternehmensnetzes durchforstet und indexiert hat. Hergestellt hat sie das Unternehmen, dessen Name mittlerweile zum Synonym für Suchen im Internet geworden ist: Google.

Im Markt für Unternehmenssuchlösungen tummeln sich bisher vor allem Anbieter mit hoch komplexen Lösungen wie Autonomy, Endeca und Fast. Ihre Lösungen müssen allerdings meist aufwändig in die Firmennetzwerke integriert werden und erfordern viel Pflege. Die Google-Suche lässt sich dagegen im Plug&Play-Verfahren integrieren. Die 30 000 Euro teure Maschine nimmt selbstständig die Arbeit auf, bearbeitet bis zu 25 Abfragen pro Sekunde und durchforstet dabei bis zu drei Millionen Dokumente. Ergebnisse findet sie mit der so genannten „One-Box“-Technologie, einer Weiterentwicklung der Verfahren zum Suchen und Auswerten von Informationen aus der Internet-Suche.

Dass Google mittlerweile auch Transaktionen mit relationalen Datenbanken in Echtzeit erfassen kann, ist Folge von Kooperationen mit großen Softwareherstellern: Unter anderem ließen sich Oracle, CRM-Spezialist Salesforce.com, Cisco sowie die Business-Intelligence-Anbieter SAS und Cognos in die Karten schauen. Dabei stellen Verbindungsbausteine sicher, dass Google auch Daten aus deren Beständen auffindet, ohne sie vorher wie Webseiten durch Suchroboter zu indexieren. So können in der One-Box beispielsweise Kontaktinformationen aus dem Cisco-Call-Manager, Angaben über die Produktivität aus Cognos-Anwendungen und Verkaufszahlen aus dem Kunden-Management-System von Salesforce.com mit einem Klick ermittelt werden.

Ergebnisse überzeugten nicht

Weltweit setzen 3500 Unternehmen Googles Unternehmenssuchtechnologie ein, unter anderem die Carl Zeiss AG und die Deutsche Post. Zuvor hatte die Post die Suchtechnologie eines anderen Anbieters im Einsatz. Die teure Integration rechnete sich nicht, weil die Ergebnisse nicht überzeugten. „Wir haben unser neues Suchwerkzeug deshalb bewusst als Google-Search gekennzeichnet, denn mit unserer vorherigen Suchlösung hatten wir Akzeptanzprobleme“, sagt Zimmermann.

Die Suchfunktion soll dem kalifornischen Unternehmen die Tür in Unternehmen öffnen. Eine Vielzahl neuer unternehmenstauglicher Lösungen soll als Einnahmequelle helfen, um unabhängiger von Anzeigengeschäft zu werden. Über die Bündlung mit Profi-Hardware kommen schon heute immer mehr Google-Anwendungen in die Unternehmen. Nokia hat beispielsweise auf ersten Tablet-PCs mit Google Talk einen Telefon- und Messaging-Dienst vorinstalliert. IBM verkauft mit seinen Computern auch den Google Desktop, der als Suchlösung für Lotus Notes weiterentwickelt wurde.

Meist verfährt Google bei der Veröffentlichung seiner meist noch kostenlosen Produkte nach dem Prinzip des Ausprobierens. „Google ist sich selbst noch nicht im Klaren, welche und wie viele Enterprise-Produkte man bauen wird“, glaubt Gartner-Analyst Whit Andrews. Einige Anwendungen werden populär, andere still und heimlich eingestellt. Oft wird Google selbst davon überrascht, welche professionellen Nutzungsszenarien sich durch die Anwendungen ergeben.

Allerdings bemängeln die Analysten von Forrester fehlende Reporting-Werkzeuge, die detaillierten Aufschluss über die Abläufe in der Box geben. Zugleich weisen sie darauf hin, dass die Lösung weit weniger konfigurierbar ist als teurere Suchanwendungen. So können etwa Anwender Googles Voreinstellungen für die Indexierungsprozesse nicht beeinflussen und müssen sich zudem mit den sprachwissenschaftlichen Klassifizierungssystemen zufrieden geben, die am Werk in die Lösung integriert sind. Auch um eigene, fachspezifische Sprachsysteme lasse sich die Suchsoftware nicht erweitern.

Und nicht alles, was Google publiziert, können Unternehmen ohne Reue genießen. Einige Dienste etwa sind zum Start nicht voll ausgereift. Dazu kommen Fragen der Datensicherheit. So empfahlen die Analysten von Gartner noch im Februar 2006 Unternehmen, eine Funktion des Google Desktop mit dem Namen „Search Across Computers“ zu deaktivieren. Wie andere Google-Produkte versandte die Lösung eigenmächtig Daten an die Server des Mutterunternehmens. Inzwischen funken Anwendungen wie die neue Version des Google Desktop for Enterprises keine Daten mehr an Google. Bei den neuen Unternehmenslösungen haben die Administratoren bei Unternehmen wie der Post deswegen Soft- und Hardware vollständig unter ihrer Kontrolle.