3D-Suchmaschine bei Daimler-Chrysler

Google war gestern

02.05.2005
Teile doppelt zu entwickeln kostet Flugzeug-, Anlagen- und Automobilhersteller viel Geld. Daimler-Chryslers Lkw-Bauer durchforsten deshalb ihre virtuellen Teilbestände mit Hilfe einer in der Industrie bislang einzigartigen 3D-Suchmaschine.

Eine neuartige Suchfunktion, die dreidimensionale Formen miteinander vergleichen kann, verhindert das seit kurzem. Der "PartFinder" verwendet eine Suchmaschine namens "Geolus", die vom Softwarehersteller sd & m in München entwickelt wurde. "Die Suchmaschine erzeugt von jedem 3D-Modell einen geometrischen Fingerabdruck", erklärt Kai Grambow, Vorstand bei sd & m. So werden auch die unterschiedlichsten Formen miteinander vergleichbar. Die Suchmaschine extrahiert automatisch charakteristische Merkmale und vergleicht diese mit den Informationen in der Datenbank. Durch PartFinder erfahren die Entwickler schon während der ersten Konstruktionsschritte am Computer, ob das Teil, an dem sie gerade arbeiten, bereits im Konzernbestand verzeichnet ist.

Eine solche Anwendung ist nicht nur für Lkw-Hersteller interessant, sondern auch für Flugzeug- oder Anlagenbauer. Sie alle tun sich schwer, passende Teile in riesigen virtuellen und tatsächlichen Teilbeständen zu finden. Ein typischer Lastwagen setzt sich aus rund 10 000 Teilen zusammen, ein Passagierflugzeug sogar aus drei Millionen Bauteilen.

Eine Frage der Form

Zwei Jahre brauchten die Nutzfahrzeughersteller, um in drei Projektstufen zur derzeitigen PartFinder-Nutzung zu kommen. Die Suche nach Bauteilen anhand von Formen anstatt von Beschreibungen ist zwar in der Grundlagenforschung an den Universitäten seit einigen Jahren ein zentrales Thema. Marco Pötke, heute Leiter PLM Solutions der sd & m AG, erarbeitete bereits als Doktorand Konzepte für geometrische Datenbanken bei Boeing und bei Volkswagen, wo er half, eine Datenbank zum Bau virtueller Prototypen zu erstellen.

Doch wie praxistauglich diese Ansätze sind, mussten Sälzer und seine Kollegen ein halbes Jahr lang genau eruieren. Nachdem die grundsätzliche Machbarkeit einer 3D-Suche fest stand, begann die eigentliche Arbeit: Das Stuttgarter Team definierte 81 Parameter wie zum Beispiel den Massenschwerpunkt eines Teiles, um die Suchsoftware für die Anforderungen des Lkw-Baus zuzuschneiden. "Der Softwarehersteller hatte zwar eine gute Suchmaschine, der Knackpunkt war aber, sie entsprechend zu justieren und vorzugeben, nach welchen Parametern sie sucht, sowie die enormen Datenmengen einzupflegen", erinnert sich Sälzer.

Drei fast gleiche Teile fanden die Sucher bereits beim ersten Pilotprojekt unter 5000 deutschen Werkstücken.
Foto:

Während eines Pilotprojekts testeten die Schwaben die Such-Technologie anhand von 5000 Teilen. "Wir haben einfach in den Heuhaufen gegriffen. Schon nach einer Woche fanden wir in diesem kleinen Bestand drei nahezu exakt gleiche Teile." Nach diesem Erfolg befinden sich Sälzer und seine Kollegen nun in der dritten Projektphase. Mehr als 1000 Nutzer in Stuttgart, Wörth, Düsseldorf sowie in Japan und an anderen Standorten greifen mittlerweile auf die 3D-Suche zu.

Auch Controller unter den Nutzern

Neben Ingenieuren, die unnötige Neukonstruktionen vermeiden, finden sich auch Controller unter den Anwendern. Sie nutzen den PartFinder für Vorkalkulationen von Fahrzeugen, die in Zukunft entwickelt werden sollen. Die geometrischen Merkmale aller Teile, die tagsüber am Computer bearbeitet wurden, werden nachts in einem Cluster durchgerechnet. Der Cluster wird aus mehr als 250 vorhandenen CAD-Maschinen gebildet. Das freut Sälzer: "Für mich als Schwabe war es wichtig, unsere Maschinen auch nachts zu nutzen, statt nur die Räume damit zu heizen."