Kooperation mit Kairos Power

Google will Atomstrom für Rechenzentren einkaufen

15.10.2024
Die Tech-Riesen haben sich Klimaversprechen auferlegt - dann kam der KI-Boom, der die Rechenzentren noch stromhungriger macht. Nun sucht mit Google der nächste Konzern die Lösung in der Atomenergie.
Mit dem Bau eines ersten, mit geschmolzenen Flourid-Salzen gekühlten Testreaktors (Architektenentwurf im Foto) hat Kairos Power Ende Juli in Tennesse begonnen. Künftig will Google die Technologie für seine Rechenzentren nutzen.
Foto: Kairos Power

Nach Microsoft setzt auch Google auf Atomkraft, um Rechenzentren in Zeiten stromhungriger Künstlicher Intelligenz zu betreiben. Der Internet-Konzern will ab 2030 Energie aus neuartigen kleinen Reaktoren (Small Modular Reactor / SMR) des Entwicklers Kairos Power einkaufen. Der erste soll bereits 2023 in Betrieb genommen werden. Bis 2035 soll die jährliche Gesamtleistung aller bis dahin intallierten SMRs von Kairos Power 500 Megawatt erreichen.

Damit werden Pläne konkreter, die Google-Chef Sundar Pichai bereits Anfang Oktober angedeutet hatte. Es gehe um sechs oder sieben Kraftwerke, sagte Google-Manager Michael Terrell der "Financial Times". Es sei noch offen, ob Strom aus den Reaktoren ins Netz gehen solle oder ob sie direkt mit den Rechenzentren verbunden werden. Unklar blieben auch finanzielle Details des Deals - sowie ob Google den Bau der Kraftwerke mitfinanzieren oder nur Strom nach der Fertigstellung beziehen will.

Atomstrom deckt nur einen kleinen Teil des Gesamtbedarfs

In einem Video bei YouTube erklärt der Konzern, dass sein Investment den Bau des ersten, kommerziellen Reaktors von Kairos Power unterstütze und diesem Testbau eine "Flotte von Reaktoren" folgen werde, die Energie für das US-Stromnetz liefern werde. Im gesamten Jahr 2023 verbrauchten Google und Microsoft jeweils rund 24 TWh Strom. Bei Google waren es 2015 noch 5,7 TWh. Da die Zunahme in den kommenden Jahren eher noch schneller sein wird, sind die bis 2035 erwarteten 500 Megawatt aus den SMRs von Kairos Power nur ein kleiner Beitrag zum Gesamtbedarf.

Eine Besonderheit der kompakten modularen Reaktoren von Kairos ist, dass sie nicht mit Wasser, sondern mit geschmolzenen Flourid-Salzen gekühlt werden. Das Unternehmen betont, dass seine Konstruktion allein schon dadurch sicherer als herkömmliche Reaktoren sei, da die Kühlflüssigkeit nicht verkoche. Im vergangenen Jahr bekam Kairos die Genehmigung zum Bau eines ersten Testreaktors im US-Bundesstaat Tennessee. Mit dessen Bau wurde Ende Juli 2024 begonnen.

Klimaversprechen kollidieren mit stromhungriger KI

Die großen Tech-Konzerne verpflichteten sich zum klimaneutralen Wirtschaften und griffen in den vergangenen Jahren immer stärker auf erneuerbare Energien zurück. Doch dann kam der KI-Boom. Training und Betrieb von Software mit Künstlicher Intelligenz benötigen viel Aktivität in Rechenzentren - und das bringt auch einen hohen Stromverbrauch mit sich.

So will Google zum Jahr 2030 unterm Strich klimaneutral sein. Zum Erreichen solcher Ziele wird der CO2-Ausstoß durch Gegenmaßnahmen wie das Pflanzen von Bäumen ausgeglichen. Im vergangenen Jahr lag der Anteil CO2-freier Energie im Verbrauch von Googles Rechenzentren und Büros bei 64 Prozent. Um seine Ziele zu erreichen, unternimmt Google erhebliche Anstrengungen und hat vor rund einem Jahr den Prozess zur Beschaffung von Erneuerbaren Energie erheblich optimiert.

Unterdessen stiegen die CO2-Emissionen des Konzerns binnen eines Jahres um 13 Prozent. Der Energiekonsum der Rechenzentren spielte eine zentrale Rolle dabei. Google versucht, mit Rückenwind seiner Suchmaschinen-Dominanz eine Vorreiter-Rolle beim Einsatz von KI zu übernehmen.

Ein Reaktorblock nur für Microsoft

Für Microsoft soll in den kommenden Jahren ein Reaktor im stillgelegten US-Atomkraftwerk Three Mile Island wieder hochgefahren werden. Der Software-Riese sagte zu, die produzierte Energie 20 Jahre lang abzunehmen. Der Reaktor hat eine jährliche Leistung von gut 800 Megawatt.

Auch Microsoft setzte sich ehrgeizige Klimaziele. So kündigte der Konzern Anfang 2020 an, bis zum Jahr 2030 seine CO2-Emissionen mehr als auszugleichen. Bis 2050, so versprach es Microsoft, solle sogar der gesamte Kohlendioxid-Ausstoß des Unternehmens seit der Firmengründung bereinigt werden. Microsoft verbündete sich in den vergangenen Jahren mit dem ChatGPT-Erfinder OpenAI und integriert die Technologie hinter dem Chatbot in praktisch alle seine Produkte. (dpa/rs/pma)